Ballaststoff
hab da noch gar nich richtig über nachgedacht. Letzte Woche ist sie auf einmal damit angekommen.«
Unfroh starrte Jansen auf sein Bierglas.
»Wir sind jetzt schon paar Monate zusammen. Und es ist ja auch ganz nett mit ihr. Aber muss man sich denn deshalb gleich verloben?«
»Na ja, da gehören natürlich immer zwei dazu. Was hast du ihr denn geantwortet?«
»Dat ich da erst mal über nachdenken müsste, natürlich. Da hat sie nur so schnippisch gesagt: Aber nich zu lange. Und seitdem ist sie irgendwie komisch.«
Der Arme, dachte Angermüller. Da ist er doch tatsächlich mal an eine geraten, die sich nicht so leicht hin- und herschieben lässt wie die Mädchen, die er sonst nach Lust und Laune gesammelt und abserviert hatte. Ist ja eigentlich nur gerecht.
»Tja, ich fürchte, da kann ich dir auch nicht helfen. Diese Entscheidung kann dir keiner abnehmen, Claus.«
»Wie war dat denn bei dir? Du und deine Frau, habt ihr euch auch bald verlobt und so?«, wollte Jansen wissen und lachte ein wenig albern. Das alles war ganz und gar nicht sein Thema.
»Wir?«, fragte Angermüller mehr sich selbst und sah auf einmal ganz gedankenschwer aus, »wir haben damals nach knapp einem Jahr geheiratet. Ohne Verlobung. Ein Jahr später kamen die Zwillinge.«
»Ich weiß jedenfalls nich, wie ich da wieder rauskomme«, meinte Jansen bekümmert.
»Willst du denn wieder rauskommen? Ich meine, das kommt doch ganz drauf an, ob dir an Vanessa was liegt.«
»Ich weiß es doch nicht, Kollege«, sagte Jansen. Es klang fast ein wenig verzweifelt, doch gleich darauf fügte er mit einem schiefen Grinsen hinzu: »Deshalb hab ich doch gedacht, ich frage am besten mal dich, als leuchtendes Beispiel eines glücklich verheirateten Mannes.«
Einen Moment überlegte Angermüller, ob er nicht besser seine eigene Situation für sich behalten solle. Aber warum eigentlich? In nicht allzu ferner Zeit würde ihn der Kollege eh von einer neuen Wohnadresse mit dem Dienstwagen zum Einsatz abholen kommen, und bevor irgendwelche Gerüchte die Runde im Kollegenkreis machten …
»Abgesehen davon, lieber Claus, dass natürlich niemand außer dir selbst wissen kann, was für dich richtig ist: Ich kann als Vorbild für die perfekte Beziehung auch nicht unbedingt herhalten. Meine Frau und ich haben gerade beschlossen, dass ich, zumindest für eine Zeit lang, zu Hause ausziehe.«
»Echt?«
Claus Jansen war erst einmal sprachlos und sah seinen Kollegen nur ungläubig an. Der nickte und sagte:
»Du siehst, in diesen Dingen gibt es für nix eine Garantie. So leid es mir tut, Claus, diese Entscheidung musst du wirklich allein treffen, und erst viel später wirst du merken, ob es die richtige war.«
Jansen nickte stumm.
»Tscha, dat is alns son komplizierten Kram mit die Weibers«, meinte er schließlich und schnitt eine komische Grimasse, »dann haben wir ja wohl beide ein Problem. Noch ’n Bier, Kollege?«
»Dominik, kannst du bitte ein paar Stangen Lauch aus dem Garten holen? Svenja will ihre Käse-Lauchpfanne für euch zum Abendbrot machen.«
»Ey super, Lauchpfanne! Wieviele Stangen denn?«
»Vier bis fünf dicke, würde ich sagen. Und bring sie dann in die Küche zu Svenja.«
»Okydoky, Chefin«, sagte Dominik, schnappte sich den Erntekorb aus Gesches Händen und rannte in Richtung Garten.
Gesche ging zum Haus. Sie wollte endlich einmal in ihrem Kleiderschrank nachschauen, was sie nachher zu Tildes Ausstellungseröffnung tragen könnte. Nero, der Gesche gefolgt war, drehte sich plötzlich um und ließ sein dumpfes Bellen ertönen. Ein fremder Wagen kam auf den Hof gefahren, und ein älterer Mann, ein großer, schwerer Typ, hievte sich aus dem nicht mehr ganz neuen Fahrzeug, begann zu winken und ging auf sie zu. Dominik hatte den Motor auch gehört, und statt zum Garten zu gehen, kam er neugierig näher.
»’n Abend! Hagebusch, Lübecker Zeitung, wohnen Sie hier?«
»Guten Abend. Ja, ich wohne hier, und was wollen Sie?«, fragte Gesche.
»Bei Ihnen ist doch vorgestern diese Hanfplantage ausgehoben worden. Darüber müsste ich ein bisschen mehr wissen. Da können Sie mir sicher was erzählen, oder?«
Er verzog sein griesgrämiges Gesicht zu einer Art schiefem Lächeln.
»Tut mir leid, außer dass die Polizei dieses Feld entdeckt und vernichtet hat und einer unserer Mieter deshalb verhaftet wurde, weiß ich nichts darüber«, antwortete Gesche höflich. »Und gerade jetzt habe ich leider gar keine Zeit. Also dann, auf
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