Ballaststoff
wieder für alle Kakao machen!«
»Ach, daher weht der Wind! Der Herr möchte heute Kakao trinken, soso«, zog Gesche ihn auf. »Mal sehen, was sich machen lässt.«
Sie war ganz froh über die Ablenkung, denn dauernd musste sie an das denken, was Henning und ihr noch bevorstand. Eigentlich hatten sie heute Nachmittag bei der Polizei anrufen und anschließend nach Lübeck fahren wollen. Gesche hatte schon die Karte von diesem Angermüller bereitgelegt. Doch angesichts des Wetters gingen die Pflichten auf dem Hof erst einmal vor. Aber morgen würden sie es ganz bestimmt hinter sich bringen!
Ein heftiger Windstoß griff nach einer Plastiktüte, die jemand draußen hatte liegen lassen, und trieb sie auf die Hühner zu, die gackernd in alle Richtungen stoben. Als gleich darauf aus der Ferne ein dumpfes Kollern ertönte, flog eine Amsel mit lautem Zetern aus der Hecke auf. Die Vorboten des nahenden Unwetters versetzten auch Gesche in einen Zustand vibrierender Unruhe. Jetzt sah sie am Horizont erste Blitze zur Erde niederschießen.
»Und, habt ihr alles weggepackt? Gut, dann lasst uns reingehen. Geht bestimmt gleich los mit dem Regen. Svenja, hilfst du mir bitte, den Wäschekorb nach drinnen zu tragen?«
Der Wind hatte aufgefrischt und zerrte an Bäumen und Büschen, Staub und Blätter flogen durch die Luft. Gesche fröstelte. Die Temperatur war in kurzer Zeit um einige Grad gesunken. Umso angenehmer fühlte sich die aufgestaute Wärme unter der niedrigen Decke in der Küche an.
»Sollen wir vielleicht Kerzen anzünden, Mama?«, fragte Thea erwartungsvoll. »Es ist ja schon so dunkel, und da könnten wir doch Strom sparen!«
»Ja, macht das man ruhig«, meinte Gesche. »Ich mach mir nur das Licht über dem Herd an zum Kakaokochen.«
»Kakao, yeah!«, rief Dominik begeistert und reckte die rechte Faust in die Luft. Thea und Lisamarie schleppten alle Kerzen, die sie finden konnten, zum Küchentisch und zündeten sie an, stolz, ganz allein mit den Streichhölzern hantieren zu dürfen.
»Ihr könnt dann auch den Tisch für alle decken. Henning und die Jungs sind bestimmt bald zurück. Und Svenja, holst du bitte den Pflaumenkuchen, den du heute fast ganz allein gebacken hast?«
Ein stolzes Lächeln glitt über Svenjas Gesicht. Sie nickte und stürmte los.
»Sollen wir auch Sahne dazu essen?«, überlegte Gesche. »Eigentlich ist ja heute nicht Sonntag.«
Dominik, der neben ihr stand, nickte heftig.
»Na gut, irgendwie bringt dieses komische Wetter den ganzen Tag durcheinander. Du musst die Sahne dann aber auch schlagen, Dominik!«
»Klar, mach ich, Gesche!«
Es schien wieder zu blitzen. Gesche sah aus dem Fenster. Hinter dem Gebüsch an der Hofeinfahrt näherte sich zuckendes Blaulicht.
»Guten Tag, Frau Langhusen«, begrüßte Angermüller die Biobäuerin. »Wir müssten einen Blick in Ihre Vorratskammer nebenan werfen oder besser gesagt, dort ein paar Untersuchungen vornehmen. Wäre das wohl möglich?«
Die Frau schien ziemlich überrascht von seinem Ansinnen. Sie war zwar nicht gerade unfreundlich, aber er merkte ihr deutlich einen gewissen Widerwillen an.
»Es geht um den Mordfall Kurt Staroske«, erklärte er überflüssigerweise, in der Annahme, sie dadurch gewogener zu stimmen.
»Wenn’s nicht anders geht, bitte«, sagte Gesche Langhusen distanziert und deutete mit der Hand nach links. Dort befand sich zwischen Wohnhaus und Stall an der Ecke ein kleiner Vorbau.
»Sie meinen unsere Lagerkammer, nehme ich an. Die Tür ist offen.«
»Okay, danke.«
Komisch, so abweisend wie eben war ihm die Frau bei ihren früheren Begegnungen nicht vorgekommen. Auch hatte er stets den Eindruck gehabt, dass sie ein gewisses Interesse an der Aufklärung der Todesumstände eines ihrer Mitbewohner hätte. Aber da war sie schon die zweite Person heute, deren Einstellung dazu sich geändert zu haben schien.
Der Kriminalhauptkommissar winkte seinen Kollegen und ging schnellen Schrittes voraus, da die ersten dicken Tropfen vom Himmel zu fallen begannen. Der ebenerdige Raum war vielleicht 20 Quadratmeter groß. Die Außenmauern waren ziemlich dick, und da es nur weit oben ein kleines Fenster gab, herrschten recht obskure Lichtverhältnisse. Angermüller schaltete die beiden Energiesparleuchten an, die von der Decke hingen. Der Fußboden war mit gebrannten Ziegeln gepflastert und etwas uneben. Gegenüber der Tür, durch die er eingetreten war, gab es in der anderen Außenwand einen zweiten Ausgang nach draußen.
Alles
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