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Ballnacht in Colston Hall

Ballnacht in Colston Hall

Titel: Ballnacht in Colston Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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Unterricht, stritten sich auch manchmal, wie es Halbwüchsige immer taten, wetteiferten miteinander bei Sport und Spiel, beim Reiten und Jagen und tauschten dann später ihre ersten Erfahrungen mit Frauen aus.
    Und es war dann auch eine Frau, die sie auseinander brachte – oder um genauer zu sein, eine junge Dame, die sie bei einem Picknick kennenlernten, einen Tag nachdem Freddie ihm nach Cambridge gefolgt war. Das Picknick war von einer Mrs Henrietta Gordon arrangiert worden, einer etwas vierschrötigen Matrone, die ein Institut unterhielt, das man augenzwinkernd als Akademie für junge Damen bezeichnete, also angeblich eine Art Bildungseinrichtung für Töchter des Mittelstandes war. Jedermann, außer den völlig Ahnungslosen, zu denen offensichtlich auch Freddie gehörte, wusste jedoch, dass die Mädchen keine Damen welchen Standes auch immer waren und eine ganz andere Bestimmung im Leben hatten.
    Ralph hatte Gefallen an einer von ihnen gefunden und flirtete nach Herzenslust mit ihr, ohne zu bemerken, dass sich Freddie Hals über Kopf in sie verliebt hatte. Als die beiden jungen Männer dann etwas später gemeinsam in die Sommerferien fuhren, hatte Ralph dem Freund lachend berichtet, dass eine gewisse junge Dame seinen Annäherungen sehr aufgeschlossen gegenüber gestanden und er ihr deshalb in Malden ein Zimmer gemietet hatte, damit er auch während der Ferien sein Vergnügen hätte. In ein paar Jahren würde er sich vermählen und eine Familie gründen. Bis dahin aber wolle er sich in den Künsten der Liebe weiterbilden, wie es jeder junge Mann aus seinem Bekanntenkreis tat. Er hoffe deshalb, Freddie werde Verständnis dafür haben, dass er auf die geplante Segeltour nach Worthing verzichten wolle.
    Freddie war jedoch außerordentlich überrascht gewesen und hatte ihn dann im Ton einer Gouvernante darauf aufmerksam gemacht, dass er doch wohl mit Juliette, der Tochter des Duke of Colchester, so gut wie verlobt sei.
    “Ach, so weit ist es noch nicht”, hatte er erwidert. “Die Eltern verhandeln noch über die Mitgift und den Ehevertrag, und bis sie damit zu einem Ergebnis kommen, will ich meinen Spaß haben.”
    “Und wer ist die junge Dame, die dir dieses Vergnügen bieten will? Wo hast du sie kennengelernt?”
    Freddie war zwei Jahre jünger als Ralph und stand im gesellschaftlichen Rang unter ihm. Aber obwohl das ihrer Freundschaft nie Abbruch getan hatte, konnte Freddie manchmal überaus empfindlich sein, insbesondere wenn Frauen im Spiel waren. Ralph war ein Charmeur, und seine Art, sie zu hofieren, war immer sehr erfolgreich. Außerdem hatte er genügend Geld, um ihnen ansehnliche Geschenke machen zu können.
    “Ich habe sie auf dem Picknick von Mrs Gordon kennengelernt. Sie heißt Fanny.”
    “Fanny?”, rief Freddie entsetzt. “Sprichst du etwa von Miss Fanny Glissop?” Sein wilder Blick und die drohend erhobene Faust hätten Ralph warnen müssen. Doch er war zu sehr damit beschäftigt gewesen, die Angel in das schlammige Wasser des kleinen Flusses zu werfen, und achtete nicht darauf, sondern erwiderte nur gleichgültig: “Möglich. Ich habe sie nie nach ihrem Familiennamen gefragt.”
    “Wie kannst du die junge Dame derartig beleidigen?”
    “Beleidigen? Ich habe sie nicht beleidigt, sondern ihr vielmehr jede Menge Komplimente gemacht, denn ich bin sehr eigen bei der Wahl der Lager, auf die ich meinen Körper bette.” Er lachte mit der Unbekümmertheit der Jugend. “Und ich versichere dir, dass ich in der nächsten Zeit noch viel mehr von ihr entdecken werde als nur ihren Nachnamen …”
    Freddies Schlag kam so unerwartet, dass Ralph um ein Haar in den Fluss gestürzt wäre. “Was zum Teufel ist los mit dir?” fuhr er ärgerlich auf. “Du kannst ja gerne deinen Spaß haben, aber ich weiß um nichts in der Welt, was dich dermaßen aufgebracht hat.”
    “So, du weißt es nicht? Wirklich nicht? Du beleidigst eine Dame, eine junge, unschuldige Dame, eine reine Blume, die nichts anderes kennt als die Liebe zu ihren Eltern, und sprichst davon, sie zu entehren!” Freddies Stimme überschlug sich vor Wut. “Du bist ein Scheusal …”
    Bedächtig hatte sich Ralph daraufhin seine Kniehosen abgeklopft, um etwas Ruhe eintreten zu lassen, und dem Freund dann die Hand auf die Schulter gelegt. “Freddie, mein Freund, du weißt doch genau, dass sie keine unschuldige Blume ist. Anderenfalls wäre sie gewiss nicht in Mrs Gordons Etablissement …”
    Doch Freddie konnte oder wollte nicht verstehen.

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