Ballsaison: Palinskis siebter Fall
möglich mit Inspektorin Wallner vom Koat Josefstadt in Verbindung zu setzen.
Die trauernde Witwe von Typ ›am Boden zerstört und dennoch perfekt gestylt‹ war dann auch prompt erschienen. Genau zehn Minuten nach 11.00 Uhr und damit etwas mehr als 18 Stunden, nachdem sie die erschütternde Mitteilung vom Hinscheiden ihres Gatten erhalten hatte.
Die rein routinemäßige Frage, was sie in der vorletzten Nacht in der Zeit von Mitternacht bis 5.00 Uhr morgens getan hatte, konnte Daniela Mellnig derart offen und zufriedenstellend beantworten, dass auch nicht der geringste Zweifel an ihrer Unschuld aufkommen konnte. Nach einer nach ihren Schilderungen sehr angeregten Party im Schloss sei sie gegen 2.00 Uhr morgens mit ihrem Direktor aufs Zimmer gegangen, um dort noch weiter an ihrer Karriere zu arbeiten. Natürlich würde Theo ihr Alibi bestätigen können, hatte er doch bis zum Morgengrauen kein Auge zugetan. Die Frau Inspektor möge das bitte bloß nicht falsch verstehen. Sie hatte ihren Mann sehr geliebt, aber sie hätten eben eine sehr offene Ehe geführt. Auch Arthur hatte sein eigenes Leben neben dem gemeinsamen gehabt. Und vor allem, das mit Theo war ja nur rein geschäftlich gewesen.
Zwischendurch brach die arme Frau immer wieder in Tränen aus, tat das aber so geschickt, dass sich die zerstörerische Kraft des Wassers auf ihr Make-up nicht bemerkbar machte. Schließlich telefonierte sie in Gegenwart Francas mit einer gewissen Helga, mit der sie sich für 12.30 Uhr im ›Schwarzen Kamel‹ verabredete und ihr interessante Neuigkeiten in Aussicht stellte.
Franca Wallner war schon oft Frauen und auch Männern begegnet, die die Meldung vom gewaltsamen Tod ihres Partners oder ihrer Partnerin mit einer gewissen Nonchalance aufgenommen hatten. Aber so was von Kaltschnäuzigkeit gepaart mit kleinen Einschüben von Schmierentheater hatte sie noch nie erlebt. Es war schlicht und einfach zum Kotzen. Der Suche nach dem Täter hatte sie das auch um keinen Schritt weitergebracht.
Mit der Frage: »Haben Sie vielleicht einen Verdacht, wer Ihren Mann umgebracht haben könnte ?« , leitete die Kriminalistin jetzt den letzten Teil der Befragung ein. »Oder ist Ihnen in den letzten Tagen oder Wochen etwas Ungewöhnliches aufgefallen ?«
Daniela Mellnig zögerte. »Vielleicht eines seiner Weiber, das sich von ihm schlecht behandelt gefühlt hat«, mutmaßte sie dann. »Oder einer der Männer, denen er Hörner aufgesetzt hat. Der alte Bock, der Scheißkerl, der verdammte.« Plötzlich hatte sie tatsächlich Tränen in den Augen.
Da war ja doch ein Mensch unter diesen Schichten von Mascara, Hautcremen und Haute Couture, ging es Franca durch den Kopf. Und eigenartigerweise freute sie sich irgendwie darüber.
»Hat sich Ihr Mann in den letzten Tagen vielleicht irgendwie anders verhalten als sonst? Angst gehabt oder Streit mit jemandem ?« Immerhin stand Mellnigs Reisezweck ja höchst wahrscheinlich in unmittelbarem Bezug zu dem Mord, soweit die Inspektorin informiert war.
Wieder zögerte die Mellnig, diesmal aber irgendwie anders als gerade zuvor. Eher berechnend, schien es Franca.
»Na ja, da war etwas mit seiner Schiedsrichterei«, räumte Daniela Mellnig ein. »Er hat zwar nicht direkt darüber gesprochen, aber ich habe mitbekommen, dass ihn irgendetwas ziemlich beunruhigt hat. Vor vier«, sie überlegte kurz, ehe sie korrigierte, »nein, vor fünf Tagen hat er eine Nachricht bekommen. Seitdem hat er sich irgendwie Sorgen gemacht. Hat immer etwas von ›Das macht den ganzen Sport kaputt‹ gefaselt .« Sie hatte ihren Lippenstift und einen Spiegel aus ihrer Tasche geholt und begann, sich die Lippen nachzuziehen. »Dann hat er keine Ruhe mehr gegeben, bis er im Zug nach Zürich gesessen ist .«
Mehr war aus der Frau im Augenblick nicht herauszubekommen. Franca forderte sie noch auf, sich zur Verfügung der Polizei zu halten und am nächsten Morgen aufs Kommissariat zu kommen, um das Protokoll zu unterschreiben.
* * *
Die Kollegen von der Hohen Warte, die mit dem Mord am Hermannskogel, ganz in der Nähe des Hotels der deutschen Elf, befasst waren, waren dank eines Fehlers des Mörders relativ rasch zu einem ersten Ergebnis gelangt. Der Täter hatte zwar sämtliche Ausweise und sonstige Hinweise auf die Identität des Toten beseitigt, aber übersehen, dass der rund 45-Jährige wegen einer angeborenen Deformation des linken Fußes gezwungen gewesen war, orthopädische Spezialschuhe zu tragen. Also Schuhe, die von
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