Ballsaison: Palinskis siebter Fall
genau, dass das nicht alles ist«, konterte Matreier, »und Sie haben sicher überlegt, was da wirklich abläuft. Und als intelligenter Mensch haben Sie gewiss auch eine Antwort darauf gefunden .«
»Na ja«, dieser direkten Herausforderung konnte Harry schlecht ausweichen, wenngleich Schweigen wahrscheinlich die bessere Wahl gewesen wäre. »Ich nehme an, dass damit irgendwelche verbotenen Substanzen in die Gebäude eingeschleppt worden sind. Entweder Drogen oder …«
»Keine Drogen«, rief Michael empört aus, »für so etwas hätte ich mich nie hergegeben. Und die anderen sicher auch nicht. Nein, es handelt sich um simplen Teig. Diesen speziellen Brotteig, mit dem man auch basteln kann. Salzteig, ja, so heißt er, Salzteig. Der soll Sprengstoff darstellen. Und so soll bewiesen werden, wie leicht es wäre, zum Beispiel Semtex einzuschleusen und den Dom und das Rathaus damit in die Luft zu sprengen .«
»Eine bestechende Idee«, der ironische Unterton in Harrys Stimme war unüberhörbar. »Sie hat bloß eine riesige Schwachstelle. Es gibt Hunde, die speziell auf das Erschnüffeln von Sprengstoff abgerichtet sind. Wenn Salzteig eingeschmuggelt wird, reagieren die Hunde natürlich nicht. Diese Versuchsanordnung beweist also überhaupt nichts .«
Michael blickte etwas hilflos zu Dr. Matreier. »Aber das stimmt doch nicht«, meinte er dann, »durch die spezielle Imprägnierung der Stiefel können die Hunde nichts riechen. Ist doch so, Herr Doktor ?«
»Das mag schon sein«, räumte Harry ein, »aber genau wissen kann man das nur, wenn man den Versuch mit echtem Sprengstoff durchführt .« Er blickte Dr. Matreier spöttisch an. »Ist doch so, Herr Doktor ?«
»Sie sind ganz schön vorlaut«, anerkannte Matreier zynisch, »vor allem aber sind Sie ein recht aufgewecktes Bürschchen. Gilbert, Franz, kommt einmal her .«
Zwei riesige Kerle mit einfältig verschlagenen Gesichtern bauten sich neben ihrem Chef auf. »Los, Franz, sammle die mobilen Telefone von allen Anwesenden ein. Aber dalli. Und du, Gilbert, bleibst bei mir, falls es Ärger gibt .«
Blitzschnell riss Harry der wie versteinert dastehenden Doris sein Mobiltelefon, das mit dem leeren Akku, aus der Hand und hielt es Franz entgegen. »Hier, das ist meines. Ich möchte keinen Ärger mit Ihnen .«
Der nahm das Ding entgegen und zeigte es seinem Chef wie eine Trophäe.
»Schön, dass Sie doch noch vernünftig zu werden scheinen«, freute sich Matreier. »Sie dürften doch um einiges intelligenter sein als diese nützlichen Idioten hier. Jemanden wie Sie könnte ich gut gebrauchen .«
Michael und Doris protestierten halbherzig gegen die »nützlichen Idioten«, aber auch gegen das Ansinnen, ihre Handys abgeben zu müssen.
»Ihrer Reaktion entnehme ich, dass die armen Kinder tatsächlich dazu missbraucht worden sind, echten Sprengstoff einzuschmuggeln«, stellte Harry fest. »Da stellt sich doch wirklich die Frage nach dem Warum. Wollen Sie Wien in Schutt und Asche legen ?«
»Aber nein, das kann nicht sein !« , heulte Michael auf. »Da hätten wir doch nie mitgemacht. Das steht auch nicht in der Projektbeschreibung, die Dr. Matreier bei einem Notar hinterlegt hat, für alle Fälle .«
»Du glaubst sicher auch noch an den Weihnachtsmann, gelt ?« , fragte Harry Michael zynisch. Langsam begann er, so was wie Gefallen an seiner neuen Rolle zu finden. »Wo haben Sie denn diesen naiven Kerl aufgetrieben, Doktor ?«
Matreier lachte zynisch. »Du bist ganz schön keck für dein Alter, das gefällt mir«, anerkannte er Harrys Auftreten. »Gut erkannt. Natürlich haben die lieben Kleinen nur Brotteig als Auflage auf den Sohlen ihrer Gummistiefel hineingetragen .« Er kicherte. »Warum? Weil ihre Eltern das so erzählt haben. Und Kinder glauben ihren Eltern, auch denen, die nur so tun, als ob sie ihre Eltern wären. Aber die ›Eltern‹ haben ihnen Blödsinn erzählt. Sie haben ihnen gesagt, was sie selbst glauben wollten, und nicht, was wirklich Sache war. Und was jeder hätte erkennen können, wenn er sich nur wirklich dafür interessiert hätte. Aber unsere Studiosi«, wie Matreier das Wort betonte, klang es wie ein Schimpfwort, »haben aus lauter Geldgier nur das an sich herangelassen, was ihnen ins Zeug und in ihr naives Weltbild gepasst hat. Mit einem Wort: nützliche Idioten.«
»Damit ist jetzt aber Schluss«, stellte Doris mit zitternder Stimme fest. »Wir machen keinen einzigen Handgriff mehr für Sie, Sie Schwein. Und wir werden Sie anzeigen
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