Ballsaison: Palinskis siebter Fall
Ordnung, Mama, wir sehen uns später am Abend und tschüss .«
Wilma fühlte sich wie nach einer …, ihr fiel kein auch nur annähernd passender Vergleich ein. Ja vielleicht wie nach einer Frischzellenkur mit Optimismus, Lebensfreude und Glück. Es war herrlich und das Leben selten so schön gewesen wie heute.
Nachdem sie einige Telefonate erledigt hatte, stürzte sie sich voll Ambition und Energie in die Organisation des tollsten Ausfluges ins Waldviertel, den die Welt und vor allem die Frau des slowenischen Ministerpräsidenten je erlebt haben sollte.
* * *
Die akute Sorge um Harry hatte Palinski vorübergehend auch seinen Schnitzelstreit mit Hektor Wiener vergessen lassen. Nachdem ihm Wilma die freudige Botschaft von Harrys Befreiung übermittelt hatte, hatte er sofort den von Dr. Herburger bereits zweimal urgierten Rückruf getätigt.
»Ich wollte eigentlich mit Herrn Wiener persönlich sprechen«, hatte der Anwalt berichtet, »aber es scheint unmöglich zu sein, an diesem Zerberus Rambader vorbeizukommen, dem Geschäftsführer Wieners. Das ist ein ganz mieser Hund, knallhart und völlig uneinsichtig. Er hat sich geweigert, mich Einsicht in die von Ihnen unterfertigte Erklärung nehmen zu lassen, mit der Sie angeblich auf alle Rechte an dem Schnitzel verzichtet haben. Andererseits hat er, als ›Zeichen des guten Willens‹, wie er ausdrücklich betont hat«, Palinski sah förmlich vor sich, wie Herburger dabei den Kopf schüttelte, »Gutscheine im Wert von 500 Euro angeboten. Einzulösen in allen Beisl-Bars während der EM .«
»Das ist ein Witz«, Palinski war fassungslos gewesen, »und ein schlechter auch noch dazu. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein ?«
»Leider ist das kein Witz«, widersprach der Anwalt, »sondern eine bodenlose Frechheit. Ich habe natürlich abgelehnt .«
»Also, wenn die Herren Krieg wollen, dann sollen sie ihn auch bekommen«, hatte Palinski für ihn untypisch martialisch geknurrt. »Beantragen Sie bitte sofort die einstweilige Verfügung«, hatte er Herburger angewiesen, »ich will ab morgen kein ›Schnitzel à la Polska – feurig-scharf‹ mehr in einem dieser Schuppen angeboten sehen. Und der Fernsehspot muss auch weg. Ich lasse mich doch von diesen, diesen … Blödianen nicht weiter provozieren .«
»Ab morgen wird sich das wohl nicht ausgehen«, gab Herburger zu bedenken, »alleine schon aus Zeitgründen. Aber bis Montag müsste das schon klappen .«
Nachdem das geklärt worden war, hatte sich Palinski wieder auf die Suche nach Juri Malatschew gemacht und ihn schließlich im Café ›Weimar‹ in der Währingerstraße entdeckt. Der alte Russe saß in einer der ersten Fensternischen gleich rechts nach dem Eingang und studierte andächtig eine vor ihm stehende Portion Kastanienreis mit Schlag. Der sonst so Wortgewaltige starrte verzückt auf die zarten hellbraunen Maroniflocken, die sich auf einem gewaltigen Berg leicht gesüßten Schlagobers tummelten wie die Skihaserln am Anfängerhang des Hahnenkamms in Kitzbühl. Am Silvestertag oder in den Semesterferien.
»Ich bin schon ein chalbes Leben lang in dieser Stadt«, Juri stammelte fast, so hatte Palinski ihn noch nie erlebt. »Und ich chabe schon oft von Kastanienreis gehört oder gelesen. Aber noch nie einen gesehen. Bisher chabe ich gedacht, Kastanien und Reis, das passt doch nicht zusammen. So wie Datteln und … Nudeln. Aber wenn ich mir das chier so anseche. Dattelnudeln, warum nicht ?« Jetzt grinste er wieder verschlagen und war der Alte, wie immer. »Cheute wollte ich es endlich einmal genau wissen«, erklärte er, schlug mit dem Dessertlöffel eine gewaltige Schneise in den Hausberg und schob sie sich mit einem guten Viertel der Skihaserln in den gierigen Rachen.
»Zauberhaft«, meinte er dann anerkennend. »Dass ich so lange freiwillig auf so etwas Köstliches verzichtet chabe. Mario, mein Freund, was führt dich schon wieder zu mir ?«
»Ich soll ein Attentat verhindern, und ich weiß nicht, wie. Und auch nicht, wem ich vertrauen kann.« Palinski hatte seine Stimme gesenkt und sich zu Juri gesetzt. »Dann habe ich mich endlich überwunden und wollte Fuscheé einweihen, aber der Minister hat mir nicht zugehört .«
»Du musst das positiv sehen«, entgegnete Malatschew, »wer sagt dir denn, dass Fuscheé der richtige Ansprechpartner gewesen wäre? Wahrscheinlich wird er ohnehin Bescheid wissen und mit seinen bzw. den Möglichkeiten des Staates alles tun, um das Geschehen in seinem Sinne zu beeinflussen
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