Ballsaison: Palinskis siebter Fall
erstklassigen Mitarbeiter, der ihm zumindest den Alltagskram vom Leib hielt.
Und Harry, spätestens seit seiner Befreiung heute gehörte auch er dazu, gelegentlich zumindest, stand noch immer Rede und Antwort in der Polizeidirektion.
Wilma, die nach der Nachricht von Harrys Freilassung in eine manische Phase gefallen und ein Super-Deluxe-Damenprogramm für Dr. Renata Brionigg organisiert hatte, war die Einzige, bei der der Stress ein Strahlen ausgelöst hatte. Sie war glücklich und zeigte es jedem. Vor allem Irmi Weinbrugger, der Freundin Harrys, die sie abgeholt und zum Heurigen mitgebracht hatte. »Harry wird sich sehr darüber freuen«, hatte sie gemeint und auch Irmis Eltern davon überzeugt.
Marianne Kogler, Wiegeles Freundin, war die Einzige, die einigermaßen ausgeruht war. Wenn auch ein wenig enttäuscht, denn sie hatte gehofft, ihren Anselm in Wien etwas öfter zu Gesicht zu bekommen.
Nach dem zweiten Vierterl löste sich langsam der Stress und machte einer angenehm entspannten Stimmung Platz. Als dann wenig später Harry in Begleitung von Miki Schneckenburger erschien, erreichte die Stimmung ihren Höhepunkt. Übermütige Bravorufe und Hurras sowie spontaner Applaus gestalteten seinen Auftritt zu einem Triumphzug. An einigen Tischen dachte man wohl, ein bekannter Fußballer wäre erschienen, und schloss sich dem freundlichen Willkommen an. Und während Irmi und Wilma den Helden des Tages umarmten und herzten, stimmte eine bereits leicht angesäuselte Runde Vorarlberger Fußballfans den Schlachtgesang: »Immer wieder, immer wieder, immer wieder Austria« an. Es war einfach toll, fand nicht nur Harry.
Dann aber schlug das System unbarmherzig zu. Angeführt von der warmherzigen, aber unnachgiebigen Großinquisitorin Wilma musste ihr Herzibinki Rede und Antwort stehen. Dagegen war die Befragung durch die Spezialisten der Direktion I das reinste Kinderspiel gewesen.
»In genau«, Schneckenburger blickte auf seine Armbanduhr, zwölf Minuten beginnt die Suche nach dem Sprengstoff sowohl im Rathaus als auch im Stephansdom .« Der Ministerialrat gähnte, ehe er lakonisch meinte: »Das bedeutet, dass ich spätestens in einer Stunde wieder im Büro sein muss .«
»Dr. Matreier hat aber auch …«, wollte Harry einwerfen, doch seine nach wie vor überglückliche Mutter ließ ihn nicht ausreden.
»Was für ein lustiger Name«, zwitscherte sie, »wie der hübsche Ort in Osttirol, erinnerst du dich noch, Mario ?« Und sie lachte vielsagend.
Mit einem Schlag war Wiegele, an dem das ganze Gespräch bisher mehr oder weniger vorbeigegangen war, hellwach. »Wie ist der Name von dem Doktor nochmal ?« , wollte er wissen.
»Matreier«, Harry wiederholte den Namen nochmals, »Dr. Matreier .«
»Und es gibt eine Stadt in Österreich, die ebenso heißt ?« , setzte Anselm nach.
»Ja, Matrei in Osttirol«, bestätigte der junge Mann. »Ob das allerdings eine Stadt ist oder nur eine Ortschaft, weiß ich nicht. Wieso, ist das wichtig ?«
»Klingt ganz nach Konsul Emden«, Wiegele war ganz aufgeregt. »Mann, das wäre was! Wenn der Kerl, der für diese Gummistiefelgeschichte verantwortlich ist, identisch mit Konsul Emden wäre, dann könnte das noch ganz schön unangenehm werden .«
Jetzt war auch Schneckenburger aufmerksam geworden.
»Konsul Emden? Sie meinen d e n Konsul Emden ?« , der Ministerialrat blickte Anselm entgeistert an. »Wie kommen Sie darauf ?«
»Kann uns jetzt jemand freundlicherweise erklären, wer dieser Konsul Emden eigentlich ist ?« , mischte sich Palinski ein. »Damit wir die Pointe auch verstehen .«
Wiegele blickte sich um, beugte sich dann vor und begann, mit gedämpfter Stimme zu erklären: »Konsul Emden ist ein europaweit gesuchter Verbrecher, ja, eigentlich eine Art Terrorist, der immer unter einem anderen Namen auftritt. Er hat zwar noch keine wirklich großen Sachen durchgezogen, sondern bisher immer nur mit mehr oder weniger Erfolg erpresst. Unternehmen, Institutionen und auch Städte. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, dass es einmal auch zu einem großen ›Wumm‹ kommt, mit vielen Toten .«
»Warum hast du jetzt diesen Ausdruck verwendet ?« , Harry war bei der Verwendung von ›Wumm‹ aufgeschreckt. Genau dieser Comicsprache hatte sich auch Matreier bedient.
»Angeblich benützt Konsul Emden diesen Ausdruck für seine Inszenierungen«, erklärte Wiegele. »Seinen jeweiligen Decknamen sucht er unter den Städtenamen des Landes aus, in dem er gerade aktiv wird. Wie zum
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