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Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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mögen. Könnte nicht auch einer von euch diese Skulpturen hergestellt haben?«
    »Ausgeschlossen. Schauen Sie mal.« Sie zeigte auf ein Foto vom Boden des Eiszapfens. »Sehen Sie die Kratzer da?«
    Baltasar nickte.
    »Das sind die Initialen LM, Louis Manrique. Jemand hat drübergekratzt, deshalb sind sie kaum noch lesbar. Aber für den, der sich auskennt, ist es eindeutig.«
    »Wer wollte die Signatur zerstören?«
    »Was weiß ich. Ist mir auch egal.«
    »Und was passierte dann mit den Stücken?«
    »Wir haben unsere mit nach Hause genommen. Manrique hat sich seine Eiszapfen sonst wohin … Wahrscheinlich landeten sie in unserer Sammelstelle, intern Gruft genannt. Der Meister konnte sich nie von seinen Kreationen trennen. Ich zeig sie Ihnen, wenn Sie wollen.«
    Die »Gruft« war ein Stahlschrank in einer Ecke der Glasbläserhalle. Marlies öffnete die Schranktür. In den Fächern lagerten Glasobjekte verschiedener Formen und Farben.
    »Der Schrank ist ja gar nicht abgeschlossen. Da kann also jeder ran, der sich auskennt«, sagte Baltasar.
    »Wer sollte hier was klauen? Wenn es in einer Glasfachschule etwas im Überfluss gibt, dann ist das Glas!«
    Baltasar nahm eine Schale und einen Aschenbecher heraus. »Die sehen eigentlich ganz schön aus.«
    »Sie sind nicht kaputt oder so schlecht, dass man sie wegwerfen muss. Aber sie sind auch nicht gut genug für den Verkauf. Feuerlein will nicht, dass minderwertige Ware die Schule verlässt. Wegen dem Image. Alles, was nicht verschenkt, weggeworfen oder mitgenommen wird, landet hier in der Gruft.«
    32
    E r meldete sich bei der Sekretärin an. Nach wenigen Minuten Wartezeit bat sie ihn herein. Das Büro des Schulleiters war schlicht möbliert. Auffällig war nur ein riesiges Regal, in dem Dutzende Glasobjekte in allen Varianten standen. An den Wänden hingen gerahmte Urkunden, die von Siegen und Platzierungen bei Glaskunstwettbewerben kündeten.
    »Sie waren doch schon einmal hier, suchten Sie nicht eine bestimmte Schülerin? Ja, ich erinnere mich wieder, Marlies Angerer hieß sie«, begrüßte Feuerlein seinen Besucher. »Herr Senner, ich wusste nicht, dass Sie Priester sind. Was führt Sie wieder zu uns?«
    Baltasar sagte, woher er kam und dass Anton Graf sein Freund und Nachbar gewesen war.
    Feuerlein pfiff durch die Zähne. »Daher weht also der Wind. Ihnen geht der Tod dieser Mannes nicht aus dem Kopf. Oder sind Sie im Auftrag seiner Verwandten unterwegs?«
    »Hatte er denn welche?«
    »Sagen Sie’s mir.«
    »Herr Feuerlein, was mir nicht aus dem Kopf geht, ist der Besuch von Ihnen und Ihren beiden Kollegen bei der Beerdigung meines Nachbarn. Daraus werde ich nicht schlau.«
    Der Schulleiter bot ihm einen Stuhl an.
    »Beim Sitzen plaudert es sich leichter. Sie wollen also wissen, warum wir bei der Beisetzung waren. Die Antwort ist ganz einfach: Wir haben Herrn Graf gekannt.«
    »Normalerweise kommen Trauergäste, um dem Toten das letzte Geleit zu geben und Respekt zu erweisen. Bei Ihnen hatte ich den Eindruck, Ihre Anwesenheit war mehr als Beleidigung gedacht, wenn ich das so frei heraus sagen darf.«
    »Als Pfarrer hat man mehr Freiheiten als ein normaler Mensch. Wie sind Sie zu dem Eindruck gelangt?«
    »Sie riefen, wenn ich mich recht erinnere, Hadalump. Herr Kehrmann kickte mit seinem Fuß Erde in das Grab, und Herr Manrique warf etwas hinein, das wie Glasabfall aussah.«
    Feuerlein lachte. Es klang wie ein Lachen von jemandem, der Zeit gewinnen wollte. »Sie sind mir einer, Hochwürden, nein, nein, was für Ideen Sie haben. Amüsant. Aber im Ernst: Sie müssen sich verhört haben. So etwas habe ich nicht gesagt. Sie standen weiter weg, da kann man sich schon mal verhören. Warum sollte ich extra aus Zwiesel zur Beerdigung fahren, wenn ich Anton Graf nicht meine Reverenz erweisen wollte? Herr Kehrmann hat vielleicht mit dem Fuß gescharrt, und es ist versehentlich etwas Erde ins Grab gefallen. Louis Manrique wollte dem Verstorbenen sicher einen letzten Gruß mit auf die Reise geben, das ist doch eine schöne Geste. Ich kann daran nichts Beleidigendes finden, ganz und gar nicht.«
    »Wann haben Sie Anton Graf das letzte Mal gesehen?«
    »Das ist Ewigkeiten her, ich weiß nicht mehr, wann es war. Erst vor Kurzem habe ich erfahren, dass er in Ihrer Gemeinde wohnte.«
    »Umso ungewöhnlicher ist es, dass Sie dann ausgerechnet zu seiner Beerdigung gekommen sind.«
    »Kurz vor seinem Tod rief Graf mich an. Er wollte etwas mit mir besprechen, hat am Telefon jedoch nicht

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