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Balthazar: Roman (German Edition)

Balthazar: Roman (German Edition)

Titel: Balthazar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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den Boden starrte. Glaubte er etwa, er hätte es erreicht, dass Skye mit niemandem sonst mehr Sex haben würde? Und spielte irgendetwas davon eine Rolle, während dieser Mann, mitten hier im Klassenzimmer, gerade starb?
    Skye presste ihre Augen fest zusammen, dann öffnete sie sie wieder. Der Hausmeister war verschwunden. Sein Todeskampf hatte nicht sehr lange gedauert.
    Aber sie würde ihn jedes Mal, wenn sie in diesen Raum käme, wiedersehen müssen, und das bedeutete: jeden Morgen.
    Fünfeinhalb Monate erschienen ihr mit einem Mal viel länger als je zuvor.
    Miss Loos fuhr mit dem Unterricht fort; Skye ließ ihren Gedanken freien Lauf, und sie trugen sie fort von der Schule, den ganzen Weg zurück bis zu Ebs Stall. Sie dachte wieder daran, wie Balthazar im Licht der Laterne ausgesehen hatte und wie er da gewesen war, um sie zu beschützen, als sie ihn am meisten gebraucht hatte. Dann wanderten ihre Gedanken noch weiter zurück, nach Evernight, zu den Tagen, als sie noch dachte, es wäre alles mehr oder weniger normal, und als sie sich jedes Mal gefreut hatte, wenn Balthazar ihr auf dem Flur begegnet war. Sie dachte an jene Tage, als sie ein anderes, besseres Leben geführt hatte und in denen sie noch ein ganz normales Teenager-Mädchen gewesen war. Diese Tage waren unwiederbringlich vorbei.
    Als der Unterricht endlich zu Ende war, entschloss sich Skye, auf den Bus nach Hause zu verzichten und stattdessen zu Fuß zu gehen. Es war zwar höllisch kalt, sodass ihre Kehle jedes Mal schmerzte, wenn sie durch den Mund atmete, aber das war ihr egal. Mit dem Bus nach Hause zu fahren würde nur bedeuten, dass ihr der Schultag noch länger als ohnehin schon vorkäme. Sie wollte jetzt nur noch alleine sein.
    Allerdings ahnte sie, dass alleine sein vermutlich das Gegenteil von sich vorsehen war, jedenfalls wenn man sich in einer Stadt befand, die von Vampiren heimgesucht sein konnte. Anstatt also den schnellen Heimweg zu nehmen, der sie eine gewundene Landstraße entlangführen würde, entschloss sie sich, lieber den langen Weg über den Garrett Boulevard zu nehmen. Dort würde dichter Verkehr herrschen, und hin und wieder würde sie auch auf Jogger und Radfahrer treffen. Sie wäre also nur in Gedanken alleine, aber das würde ihr erst mal reichen. Wenn sie zu Hause angekommen wäre, würde ihr noch genügend Zeit bleiben, einen langen Abend damit zu verbringen, ihren Kopf unter die Decke zu stecken und ihren ganzen Frust und ihre Angst hinauszuschreien, die sich in den letzten vierundzwanzig Stunden, die zu den schlimmsten ihres ganzen Lebens zählten, in ihr aufgestaut hatten.
    Aber die Strecke den Garrett Boulevard hinunter zog sich länger hin, als sie erwartet hatte, und sie spürte ihre Wangen und ihre Nase schon längst nicht mehr, als endlich ihr Elternhaus in Sicht kam.
    Warum nur habe ich letztes Jahr kein Auto gekauft?, dachte Skye, während sie am Straßenrand entlangmarschierte, die Hände tief in den Taschen ihres langen Mantels vergraben. Sie hätte sich nur eine alte Klapperkiste leisten können, die sie nicht einmal mit nach Evernight hätte nehmen können, und ihre Eltern hatten angedeutet, dass sie ihr zum Schulabschluss einen besseren Wagen schenken würden. In diesem Moment jedoch, bei Temperaturen um die minus zwölf Grad, hätte Skye eine Menge für einen Gebrauchtwagen gegeben, solange er nur eine funktionierende Heizung hätte.
    Vielleicht hätte ich Balthazar fragen sollen, ob er mich nicht nach Hause fahren kann . Aber konnten Vampire überhaupt ihren Führerschein machen?
    Skye war gerade dabei, sich in albernen, aber wunderbaren Tagträumen zu verlieren, in denen Balthazar sie auf Ebs Rücken von der Schule abholen kam und einen schwarzen Mantel oder irgendetwas anderes anhatte, das ihn wie einen romantischen Dandy aussehen ließ. Er streckte ihr vor den Augen Craigs und Britnees und vor allen anderen die Hand entgegen – und in diesem Augenblich entdeckte Skye den ersten Jogger, der ein wirklich harter Kerl sein musste, wenn er bei dieser Eiseskälte unterwegs war. Sie hob die Hand, um zu winken, ließ sie aber sofort wieder sinken.
    Das war kein Jogger.
    Schon aus der Ferne erkannte sie Lorenzo.

4
    Einen Vampir aufzuspüren war eine komplizierte Angelegenheit.
    Gewöhnlich war Balthazar mit dieser Tatsache sehr zufrieden, denn sie hatte zur Folge, dass es im Gegenzug auch jedem anderen schwerfiel, ihn, Balthazar, ausfindig zu machen. Ob er nun versuchte, dem Schwarzen Kreuz aus dem Weg zu

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