Baltrumer Bitter (German Edition)
Vry
nachdenklich.
»Deswegen treffen wir uns morgen. Um Pläne zu machen«,
antwortete er. »Jetzt muss ich mich um meinen Garten kümmern.« Er hatte keine
Lust auf eine Diskussion. Die Motorsäge wartete. Sein Körper verlangte nach Einsatz.
»Alles klar. Bis dann. Viel Erfolg.«
Er winkte Anne Vry kurz zu, als sie auf ihr Fahrrad stieg, dann
teilte er den dicksten Ast der Pappel Scheibe für Scheibe in ofengerechte
Stücke.
Als er eine kurze Pause einlegte, entdeckte er Jan Wybrands.
Arnold kannte den Mann nicht näher, hatte ihn aber schon ein paarmal zu seinem
Chef hineingehen sehen. Was man so über den Bauunternehmer hörte, war grenzwertig.
Er schien es immer irgendwie zu schaffen, Immobilien auf der Insel günstig zu
kaufen. Wybrands musste bei Verhandlungen ein besonderes Gespür für sein
Gegenüber haben, so wurde zumindest überall erzählt. Was der Mann dann
renovierte, konnte sich tatsächlich sehen lassen. Aus altem Bestand schuf er
schöne neuwertige Unterkünfte mit ansprechenden Fassaden. Natürlich wurden die
dann als Eigentumswohnungen verkauft. Was bei Arnold wieder Unmut hervorrief.
Allein der Gedanke, dass all diese Wohnungen oft monatelang leer standen, die
Besitzer sich selten in das Inselleben einbrachten und so die soziale Infrastruktur
von den wenigen Einheimischen aufrechterhalten werden musste, erfüllte ihn mit
Sorge. Natürlich war ihm klar, dass die Welt sich auch auf Baltrum veränderte.
Doch es war keine gute Wendung. Allerdings – eine andere, sinnvollere Lösung
wollte ihm spontan nicht einfallen. Vielleicht hatten seine Freunde von der
Wählergemeinschaft eine Idee.
Er schichtete das Holz an den Jägerzaun, dem er für das nächste
Frühjahr eine Frischzellenkur versprochen hatte, und nahm sein Handy aus der Tasche.
»Ulfert? Ich wollte nur hören, ob du morgen kommst. Um acht bei
Hermanda. Hast du dir schon was wegen deiner Häuser überlegt?« Arnold horchte,
dann merkte er, wie ihm das Lächeln aus dem Gesicht fiel. »Was sagst du? Ein
großes Projekt? Ist das schon in trockenen Tüchern? Nein?« Er atmete auf. »Hast
du Zeit?«
Er verabredete sich mit Ulfert Pallmann für den frühen Abend.
»Ich komme nach dem Dienst eben bei dir vorbei.«
Ulfert hatte vage Andeutungen gemacht, dass Wybrands ihn wegen
seiner Häuser angesprochen hatte. Genau der Mann, der gerade wie ein liebeskranker
Köter um sein Grundstück strich. Was wollte Wybrands hier? Sollte er ihn fragen?
Er entschied sich dagegen. Wenn Wybrands Gesprächsbedarf hatte, sollte er sich
melden.
*
»Junge, nee, ich sitze echt lieber in einem größeren Flieger.
Der schaukelt wenigstens nicht so beim Landen.« Arndt Kleemann kletterte aus
dem Flugzeug, und hinter ihm tauchte eine Frau im schwarzen Hosenanzug auf. Um
den Hals trug sie einen bunt gemusterten Schal.
Mit energischen Schritten ging sie auf Röder zu und stellte
sich vor. »Annalena Siepkenewert. Spurensicherung. Ich vertrete Herrn
Brinkmann. Schön, Sie kennenzulernen. Ist das erste Mal, dass ich auf einer
Insel bin.«
»Michael Röder. Ich bin hier der Inselpolizist. Schön, Sie
kennenzulernen, Frau Siepchek…« Röder brach verwirrt ab.
»Siepkenewert. Aber lassen Sie man. Meinen westfälischen Namen
kann sich kaum jemand merken. Ich heiße Annalena.«
Röder lächelte. »Okay. Annalena. Das ist wirklich einfacher.
Ich bin Michael.« Und an den Kollegen gewandt, den er seit vielen Jahren
kannte, sagte er: »Was ist mit Brinkmann? Wollte er nicht mit auf die Insel?«
»Tja, da staunst du. Ich dachte, ich bringe dir mal eine nette
Dame mit. Annalena ist neu bei uns in Aurich«, erklärte der Kommissar. »Hoffen
wir mal, dass wir ihre Arbeit hier gar nicht benötigen. Aber die Gelegenheit
war günstig und ein Platz im Flieger frei. So hat mein Chef grünes Licht gegeben.
Brinkmann ist auf einem Seminar. Wie erkenne ich anhand der Madenfarbe den
Todeszeitpunkt oder so ähnlich. Schön, mal wieder hier zu sein. Auch wenn
es meist nicht so nette Anlässe sind. Erzähl, was Sache ist.«
Michael Röder lud das Gepäck seiner beiden Kollegen auf die
Wippe und berichtete ihnen auf dem Weg zum Haus der Familie Steenken, was ihn
beunruhigte.
Arndt Kleemann hörte ihm schweigend zu, dann sagte er: »Wir
beide nehmen uns die junge Frau und die Hausbesitzer vor. Annalena kann sich in
der Wohnung umsehen. Ich hoffe, da gibt es keine Probleme.«
»Von Steenkens Seite aus sicher nicht. Ich hoffe nur, dass Frau
Ufken noch da ist. Wenn ja, sitzt die
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