Baltrumer Bitter (German Edition)
bestimmt schon auf heißen Kohlen – und
das macht keine gute Laune«, setzte Röder hinterher.
Arndt Kleemann streckte der jungen Frau, die die Tür geöffnet
hatte, seine Hand entgegen, doch sie ergriff sie nicht. Sie blickte ihn ernst
an, und er verspürte den spontanen Wunsch, sie lächeln zu sehen. Gerne hätte er
sie noch ein wenig länger angeschaut, doch Michael Röder holte ihn unsanft in
die Wirklichkeit zurück.
»Darf ich bekannt machen?
Hilda, Margot und Arnold Steenken, und das sind meine Kollegen Kleemann
und …«
»… Annalena Siepkenewert, Spurensicherung.«
Arndt Kleemann richtete seine Aufmerksamkeit auf das Ehepaar
Steenken. »Warum wir hier sind, werden Sie durch meinen Kollegen von der Insel
sicher schon mitbekommen haben. Es wäre nett, wenn Sie uns bei unseren Nachforschungen
so gut wie möglich unterstützen würden.« Beide Steenkens nickten, und er fuhr
fort: »Herr Röder und ich werden erst einmal mit Frau Ufken sprechen. Frau
Siepkenewert wird sich die Wohnung ansehen.«
»Möchten Sie einen Kaffee?« Frau Steenken hielt eine Filtertüte
in der Hand und füllte den Tank der Kaffeemaschine.
»Später«, sagte er lächelnd, obwohl er nichts gegen eine kurze
Pause im Beisein dieses wunderhübschen Mädchens gehabt hätte. Aber sie waren
nicht zur Erholung hier.
Er folgte Arnold Steenken, der ihm den Weg zum Ruheraum zeigte.
Tatsächlich, als er die Tür öffnete, sahen sie eine junge Frau mit
gelangweiltem Gesicht in ein Buch starren. Neben ihr auf dem Tisch lagen
mehrere Zeitschriften. Eine leere Tasse stand daneben. Den Blick, mit dem die
Frau sie begrüßte, konnte Kleemann nicht deuten. War es Langeweile?
Erleichterung, dass die Zeit des Wartens vorbei war? Anspannung? Angst? Oder
einfach nur Gleichgültigkeit? Er hatte das Gefühl, dass sie ihm nicht zeigen
wollte, was sie wirklich bewegte.
»Frau Ufken? Ich bin Arndt Kleemann, ein Kollege von Herrn
Röder. Aus Aurich. Bitte erzählen Sie mir, warum Sie die Polizei gerufen
haben.«
»Das habe ich bereits alles Ihrem Kollegen …«
»Ist mir bekannt«, nickte Kleemann. »Aber Sie wissen doch, wie
das ist. Aus zweiter Hand erfährt man manche Dinge einfach nicht, und ich
möchte mir ein möglichst genaues Bild von der Sachlage machen. Meine Kollegin
Siepkenewert von der Spurensicherung möchte sich übrigens in Ihrer Wohnung
umsehen. Ich hoffe, dass das okay ist.« Plötzlich sah er Angst in den Augen von
Frau Ufken. Nichts als nackte Angst. Er hätte viel darum gegeben, zu wissen, ob
es nun Angst um jemanden oder Angst vor etwas war, was sich da widerspiegelte.
Würde sie Einspruch einlegen?
Sie zögerte. Dann stand sie auf. »Mir bleibt wohl nichts
anderes übrig, als mich zu beugen«, sagte sie steif. »Allerdings wüsste ich
nicht, wie Ihnen das weiterhelfen sollte. Wollen Sie ihn nicht endlich suchen
gehen? Telefonieren und so?«
»Bitte setzen Sie sich wieder. Wir müssen eine Grundlage
schaffen. Und das ist Ihre Aussage. Da kommen Sie nun mal nicht dran vorbei,
wenn Sie helfen wollen. Also, was ist vorgefallen?«
Langsam, beinahe stockend begann Klara Ufken zu erzählen, wie
sich der Streit entwickelt hatte. »Wir lagen da so am Strand. Plötzlich war
auch meine Freundin da. Sie hat schon immer was gegen Frank gehabt, wissen Sie?
Dann ging es los.«
Sie berichtete, wie der Streit eskaliert und Frank abgehauen war.
»Er ist dann vom Tornado überrascht worden. Daher auch die
verschmierten Klamotten«, erklärte sie nachdrücklich, doch sie wurde immer
fahriger, je weiter sie mit ihrer Geschichte kam.
»Und?«, sagte Kleemann ruhig.
»Was und? Nichts und. Er hat sich geduscht und war weg. Das ist
alles. Was soll ich denn noch sagen, verdammt noch mal?«
»Warum Sie morgens behauptet haben, Ihr Freund sei zum Joggen«,
erklärte Michael Röder mit Nachdruck. »Warum Sie mir erzählt haben, dass Ihr
Freund Nasenbluten hatte. Dass deswegen seine Sachen voller Blut waren. Warum
Sie mir nicht erzählt haben, dass Sie sich für Steenkens Häuschen im Ostdorf
interessieren. Das hat mir Herr Steenken nämlich soeben mitgeteilt. Und zu
guter Letzt: Was Ihre Freundin für eine Rolle in dieser Geschichte spielt.«
Sie sprang erneut auf. »Das mit dem Joggen habe ich Ihnen doch
vorhin schon erklärt. Und die Sache mit dem Nasenbluten? Das hat er sich eben
bei dem Sturm geholt! Ist doch ganz einfach! Hören Sie denn nicht zu? Und ja,
Frank und ich dachten darüber nach, uns hier niederzulassen.«
»Wieso
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