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Baltrumer Bitter (German Edition)

Baltrumer Bitter (German Edition)

Titel: Baltrumer Bitter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Barow
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machte seinen Mund auf. Bei dem ging es eben nur mit
Drohungen.
    »Die beiden waren bei mir, weil sie ihren Chef, den Herrn
Bauunternehmer Wybrands, ankündigen wollten. Mehr weiß ich leider nicht.«
Lohmann setzte sich, strich fast zärtlich über eine silberne Schachtel auf dem
Schreibtisch und zuckte dann bedauernd mit seinen massigen Schultern, was Kleemann
beinahe zu einem erneuten Wutausbruch provozierte.
    Ihm war klar, dass das nichts brachte. Normalerweise konnte ihn
nichts so leicht erschüttern. Doch in diesem speziellen Fall mochte Kleemann absolut
nicht für sich garantieren, so sehr brachte ihn das Gehabe des Mannes auf die
Palme. Er atmete tief durch. »Herr Lohmann … ich glaube, ich habe Ihnen bis
jetzt nicht richtig klarmachen können, warum ich hier bin. Nämlich nicht zum
Urlaubmachen. Ich bin hier, weil sich ein tragischer Unglücksfall oder, wenn
wir Pech haben, ein Mord ereignet hat. Sie als Bürgermeister möchten doch sicher
nichts sehnlicher, als die Sache schnell aufgeklärt sehen, oder irre ich mich
da?«
    Lohmann nickte und schwieg. Kleemann wartete. Dann faltete der
Mann seine fleischigen Finger über dem Bauch und sagte: »Herr Kommissar. Ich
schätze mich glücklich, in schweren Zeiten einen solch kompetenten Mann wie Sie
auf der Insel zu haben. Ich bin sicher, dass diese unglückselige Geschichte
schnell aus der Welt sein wird. Allerdings fällt mir eine Sache ein …« Er
zögerte. »Vielleicht haben sich Gerüchte – ich betone: Gerüchte! – über
ein Neubauprojekt von Wybrands auf der Insel verbreitet. Und dass die beiden
jungen Leute, also der Visser und seine äußerst hübsche junge …«
    »Weiter, Herr Lohmann …«
    »… ja, also Kollegin darin involviert sind. Sie sollten sich
mal meinen Noch-Mitarbeiter Herrn Steenken und seine Gefolgsleute vornehmen.
Die würden alles tun, damit die Insel so verschlafen bleibt, wie sie ist. Ich
will natürlich nichts gesagt haben, aber …«
    »Herrn Steenken und wer?«, fragte Kleemann.
    »Genau weiß ich es nicht, aber die wollen morgen so was wie
eine Inselpartei gründen. Gehen Sie da mal hin. Da haben Sie alle zusammen, die
hier den Fortschritt boykottieren, für den vielleicht auch ihr bedauernswertes
Opfer Herr Visser stand. Aber Genaueres – wie gesagt …«
    Arndt Kleemann hatte den Türgriff bereits in der Hand. »Das
soll’s für heute gewesen sein. Falls Ihnen noch etwas einfällt – wovon ich
stark ausgehe – melden Sie sich umgehend auf der Wache.«
    Der Bürgermeister schob sich aus dem Sessel und drängte seine
breite Figur mit erstaunlicher Geschwindigkeit an Kleemann vorbei in den Flur.
Anstatt sich zu verabschieden, hielt er ihn am Arm fest. »Wenn ich schon einen
Fachmann hier habe, können Sie mir eventuell helfen.« Ehe Kleemann richtig
schalten konnte, hatte der Mann eine Bürotür weit aufgestoßen und begann
ungeduldig, den Raum abzusuchen. Drei Ordner fielen krachend aus einem Regal,
als er sie zur Seite schob. »Wo ist denn dieses verdammte Ding?«, schnaufte er
wütend. »Er muss es hier versteckt haben.« Auf Lohmanns Hemd wurden die
Schweißspuren immer breiter und sein Gesicht war von einem kräftigen Rot
überzogen. »Warten Sie. Gleich habe ich es.« Er riss die Rollschublade des
Schreibtisches auf. »Da, da! Ich habe es genau gewusst!«
    Er hielt Kleemann triumphierend eine Flasche mit einem goldenen
Deckel unter die Nase, die halb mit einer rötlich-braunen Flüssigkeit gefüllt
war. »Hier. Riechen Sie.« Lohmann hatte den Deckel der Flasche abgedreht. »Sanddornkräuterschnaps
aus der Destille meines Noch-Mitarbeiters Steenken. Saufen im Dienst. Das ist
doch ein astreiner Kündigungsgrund, oder nicht? Was sagen Sie dazu? Schenkt
hier sein selbst gemachtes Zeug aus und denkt, ich merke es nicht. Genau der
Mann, der morgen seine konspirative Sitzung auf Kosten der Insulaner halten wird.
So ’n Mann ist doch nicht zu halten, oder? Na, was sagen Sie?«
    Der Kommissar schaute den ersten Mann der Insel entgeistert an.
»Wissen Sie was? Damit kann sich der Betriebsrat beschäftigen, falls Sie hier
so was haben. Aber nicht die Polizei. Bis morgen.« Fast fluchtartig verließ er
das Gebäude. Er hätte sonst nicht dafür garantieren können, dass dem ersten
nicht ein zweiter Todesfall auf dem Fuße folgte. Nur seine Rolle, die wäre dann
eine andere gewesen.
    *
    Enno Lohmann ließ sich ermattet in seinen Bürostuhl fallen.
Die Suchaktion hatte ihn ganz schön mitgenommen. Diesem vorlauten

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