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Baltrumer Bitter (German Edition)

Baltrumer Bitter (German Edition)

Titel: Baltrumer Bitter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Barow
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passiert was.«
    Lohmann lachte. Doch er merkte selbst, dass sein Lachen nicht
sehr überzeugend klang. Was hatte dieser Schnösel vor? Meinte der es wirklich
ernst? »Hör auf mit dem Scheiß. Ich weiß gar nicht, wovon du redest. Lass mich
in Ruhe meine Angel auswerfen. Alles andere morgen im Büro!«
    »Was habt ihr im Ostdorf vor? Was hat der Wybrands, dieses
Arschloch, mit dir ausgekungelt? Wie viel ist dabei für dich rausgesprungen?
Was heißt ›großes Ding‹ im Prospekt?«
    Steenken hob den Arm, als wollte er zum Schlag ausholen. Wollte
ihn dieser wild gewordene Heimatbewahrer umbringen? »Ach, Mensch …! Es kommen
täglich Anfragen von diversen Leuten, die auf der Insel das große Ding hochziehen
wollen. Völlig harmlos, das Ganze.« Lohmann versuchte ein zaghaftes Lächeln,
doch Steenken machte einen erneuten Schritt auf ihn zu. Das ausgefranste Ende
des Astes kam Lohmanns Gesicht bedrohlich nahe. Schon meinte er die knorrige
Rinde an seiner Haut zu spüren. Warum kam denn niemand? Sollte er um Hilfe
rufen? Alle Welt auf seine Situation aufmerksam machen? Angst kroch hoch und
schnürte ihm die Kehle zu. Er brachte nichts als ein heiseres Krächzen hervor.
    »Erzähl mir jetzt genau, was ihr plant. Ich gebe dir drei
Minuten.«
    Enno Lohmann war ganz plötzlich klar, dass der Mann es ernst
meinte. So ernst, wie nur irgendwas sein konnte. Wieder öffnete er den Mund.
Wieder nur Krächzen.
    »Noch zwei Minuten. Du hast noch genau zwei Minuten.«
    Enno Lohmann wurde schlecht. Bis jetzt hatte er gehofft,
irgendwie aus der Nummer herauszukommen. Aber dann hatte er die Härte in
Steenkens Augen gesehen. Schritt für Schritt wich er zurück, bis er mit dem
Rücken am von der Sonne aufgewärmten Beton klebte. Fast wäre er über einen der
vielen Steine am Fuße der Mauer gestolpert. Er konnte sein Gewicht gerade noch
auffangen.
    »Noch eine Minute.« Steenken hob den Knüppel noch höher.
    Lohmann schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen. »Ja, wir
planten da etwas. Ein Hotelprojekt. Was ist denn so schlimm daran?«, wagte er
trotz seiner Lage einen kleinen Versuch des Protestes. »Der Wybrands wollte
alles finanzieren und dann weiterverkaufen. Das haben mir seine Mitarbeiter
berichtet. Ja, wir haben über Elektrokarren gesprochen. Aber ich habe natürlich
gesagt, das muss alles seinen gewohnten Gang gehen. Gemeinderat und so.«
Lohmann drückte die Angst auf die Blase. Nur nicht …
    »Wie viel? Ich frage: wie viel?«
    »Was, wie viel?« Er musste Zeit gewinnen. Musste den Mann davon
abbringen, ihn zu erschlagen.
    »Das weißt du genau, du Arschloch. Was ist dein Anteil? Was hat
Wybrands dir versprochen? Was hast du in all den Jahren schon kassiert? Auf Kosten
der Insulaner.« Steenkens Stimme peitschte ihm um die Ohren. »Ich will es
hören!«
    Seine Beine wollten ihn nicht mehr tragen. Langsam schlingerte
Lohmann über die feuchten Granitquader hinunter in den feuchten Sand. Er würde
reden. Reden und leben. Nicht mit dem Knüppel erschlagen werden wie die Fische,
die er fast täglich aus dem Wasser holte. Er schnappte nach Luft. Scheiß drauf,
ob alles ans Licht kam. Er wollte nicht sterben.
    »Es war … es war nicht so viel. Wirklich nicht.« Er zitterte.
    Etwas raschelte, dann hielt Steenken ihm einen Zettel und einen
Schreiber unter die Nase. Ungläubig starrte Lohmann auf das schmuddelige Blatt
Papier.
    »Los! Schreib auf, was ihr vorhattet. Ein Geständnis, wenn du
so willst. Damit alle Welt sieht, was für ein Schwein du bist.«
    Ungläubig schaute er Steenken an. Der hatte sich gebückt, den
Ast im Sand abgelegt und nach einer der Angeln gegriffen. Nein. Das würde der
niemals tun. Das würde der nicht wagen. Nicht seine blaue, die Lohmann schon an
so viele Seen und Bäche begleitet hatte. Er hörte ein trockenes Knacken, als
Steenken seine Lieblingsangel über einem der spitzen Basaltsteine zerbrach.
    »Nein! Nein!«, brach es aus ihm heraus. »Nicht. Bitte nicht.
Gib her. Ich schreibe alles auf, was du willst. Aber nicht die auch noch kaputt
machen …!« Steenken hatte sich nach seiner zweiten Angel gebückt.
    »Also los.«
    Mit zitternden Fingern griff er nach dem Kugelschreiber. Elektro
Meiners stand drauf. Fast hätte er aufgelacht. Das war der mit dem Whisky.
Musste er das nun auch aufschreiben?
    »Los, schreib!«
    Es half nichts. Steenken hielt die zweite Angel in der Hand.
    »Fang endlich an. Ich, Enno Lohmann …«
    Er konnte den Stift kaum halten. Nur unleserliche Fetzen
irgendwelcher

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