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Baltrumer Bitter (German Edition)

Baltrumer Bitter (German Edition)

Titel: Baltrumer Bitter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Barow
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Alkohol, das
wusste sie genau. Es war der schreckliche Gedanke daran, wie schnell sie dem
Zweifel einen Platz in ihren Überlegungen eingeräumt hatte.
    »Es stimmt übrigens«, fuhr Klara Ufken fort. »Ohne Vertrauen
geht wirklich nichts. Dabei weiß Sonja genau, wie schwer ich es zu Anfang
hatte, meiner Familie die große Liebe zu einer Frau zu erklären. Meine Mutter
wollte es einfach nicht einsehen, und mein Vater hat sich rausgehalten. Zu Anfang
ging es noch einigermaßen, aber als Sonja und ich beschlossen haben,
zusammenzuziehen und unsere Liebe öffentlich zu machen, war es mit der
Freundlichkeit zwischen Mama und Sonja vorbei. Wenn die beiden aufeinandertrafen
– oh Mann, oh Mann. Funkstille! Aber eisern! Von beiden Seiten. Sonja wurde
dann nämlich auch richtig stinkig. Das Schlimmste passierte letztes Jahr zu
Weihnachten. Sonja hatte sich noch einmal bereit erklärt, mitzukommen. Es gab
Rouladen bei uns. Wie immer. Rouladen mit Rotkohl und Kartoffeln. In eisiger
Stille. Nur mein Bruder hat ab und zu ein paar lockere Sprüche versucht. Hat
aber nix geholfen. Dann hat meine Mutter – das müssen Sie sich mal vorstellen –
den Schokoladenpudding mit den Worten: ›Vielleicht solltest du mal mit einem
Arzt darüber sprechen‹ auf den Tisch gestellt.«
    Die junge Frau schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass
die Gläser anfingen zu tanzen. »Wissen Sie, was ich gemacht habe? Ich habe
wutentbrannt die randvolle Schüssel auf den festlich geschmückten Mittagstisch
gekippt. Dann habe ich Sonja geschnappt, und wir sind ohne ein Wort zu sagen
rausgerannt. Monatelang habe ich nichts mehr von meinen Eltern gehört. War echt
die Hölle. Weil – eigentlich habe ich die doch lieb. Was meinen Sie? Haben die
recht gehabt? Ist Sonja es gar nicht wert gewesen?«
    Margot zuckte mit den Schultern. »Das kann ich nicht
beurteilen. Das müssten Sie sie schon selber fragen.«
    »Aber wie denn, wenn sie nicht ans Telefon geht? Vielleicht ist
sie ja schon wieder abgefahren.«
    »Dann fragen Sie sie, wenn Sie wieder zu Hause sind. Man muss
doch miteinander reden!«
    Genau das hatte sich Margot in diesem Moment ebenfalls
vorgenommen. Sobald Arnold wieder zu Hause war, würde sie ihm alles erzählen,
was sie bedrückte. Worüber sie nachgedacht hatte. Also, fast alles. Und er
würde zuhören müssen, ob er wollte oder nicht.
    »Kommen Sie. Einen trinken wir noch. Dann muss es gut sein«,
sagte sie aufmunternd zu ihrem Gast. »Gehen Sie Ihren Weg. Ihre Eltern werden bestimmt
irgendwann begreifen, dass Sie Ihr eigenes Leben leben müssen. Ich weiß, wie
schwer es vielen Eltern fällt, das zu begreifen, aber das ist nun mal der Lauf
der Welt. Prost!«
    *
    »Nun mal los. Erzählen Sie mir, wie Sie den gestrigen Abend
verbracht haben. Wen Sie getroffen haben, wo Sie essen waren. Eben alles.«
Berend Luiken saß halb auf dem Tisch und beugte sich zu Sonja Bartels hinunter,
die mit eingezogenen Schultern zu ihm heraufschaute. Von der selbstbewussten
Frau war nicht viel übrig geblieben.
    Lag es daran, dass sie fast eine Stunde auf die anderen
Polizisten hatte warten müssen? Das heißt, sie hatte nicht müssen. Luiken hätte
sie auch sofort befragen können, aber er hatte es für einen guten
psychologischen Schachzug gehalten, sie mit Hinweis auf die Kollegen warten zu
lassen. Hatte sie die Zeit zum Nachdenken genutzt und festgestellt, dass ihre
Aussage vom Nachmittag nun auf ziemlich wackeligen Füßen stand?
    »Okay. Nachdem ich von Klara abgehauen bin, bin ich ziellos auf
der Insel herumgelaufen. Ich war so wütend, das können Sie sich nicht
vorstellen. Zwischendurch habe ich bei dieser Fischbude mit dem Strohdach etwas
gegessen.«
    »Fürs Hungrigsein hat es trotz Ihrer Wut also noch gereicht?«,
hakte Kockwitz spöttisch nach.
    »Wieso? Schließt das eine das andere aus? Bei Ihnen vielleicht.
Bei mir jedenfalls nicht.«
    Berend Luiken merkte, dass Bartels’ Stimme fester geworden war.
Sie schien einen Teil ihres Selbstbewusstseins zurückzugewinnen. Das konnte er
jetzt gar nicht gebrauchen. Missmutig schaute er Klaus Kockwitz an. Sollte der
doch mit seinen ewigen Provokationen aufhören. »Und dann? Was haben Sie dann
gemacht?«, ging er mit ruhiger Stimme dazwischen.
    »Also, wie gesagt, ich bin
rumgelaufen und dann kam ich später am Strandcafé vorbei und sah da doch
tatsächlich diesen Arsch von Visser sitzen. Ich bin fast ausgerastet. Hätte nur
noch gefehlt, dass meine sogenannte Lebensgefährtin ebenfalls

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