Baltrumer Bitter (German Edition)
haben. Haben Sie eigentlich
eine Zelle hier auf der Insel?«, fragte sie neugierig.
»Ich versichere Ihnen, die haben wir«, bestätigte Kleemann.
»Und ich versichere Ihnen außerdem, dass es tatsächlich keinen Spaß macht, dort
seine Zeit zu verbringen. Trotzdem bleibt bei mir ein Gefühl der Skepsis, wenn
ich so Stück für Stück nur das aus Ihnen herausbekomme, was sowieso schon
erwiesen ist. Zumal Sie ziemlich kaltblütig den Verdacht des Mordes auf Ihre
Freundin gelenkt haben. Das ist der schwerste Vorwurf, den man einem Menschen
machen kann. Ist Ihnen das denn gar nicht klar? Eifersucht hin oder her.«
Der Frau stiegen Tränen in die Augen. Sollte doch so etwas wie
ein Gewissen in ihr stecken?
»Gibt es weitere Dinge, die Sie uns mitteilen müssen?«, setzte
er eindringlich nach.
Sonja Bartels schüttelte den Kopf. »Bis auf – ich war gar nicht
im Hotel heute Nacht. Ich habe im Strandkorb geschlafen. Ich hatte es einfach
verpeilt, mir eine Bleibe zu suchen. Es war ganz schön lausig kalt da drin. Das
können Sie mir glauben. Kann Ihnen leider kein Alibi bieten. Am Morgen bin ich
dann in dieses Hotel, das direkt an der Strandmauer ist, und habe gefragt, ob
ich da frühstücken kann. Das hat geklappt. Später bin ich in die Dünen und habe
stundenlang überlegt, was ich machen soll. Bis ich zu Ihnen gekommen bin. So,
das war’s.«
»Sind Sie denn bei Ihren stundenlangen Überlegungen nicht
einmal auf den Gedanken gekommen, Kontakt mit Ihrer Freundin aufzunehmen?«, fragte
Berend Luiken. »Sie wenigstens mal zu fragen, ob nicht doch alles ein Missverständnis
gewesen sein könnte? Stattdessen schwärzen Sie sie bei uns an.«
Sonja Bartels schwieg.
»Nun gut. Dann wollen wir mal sehen, ob hier im Hotel noch ein
Zimmerchen für Sie frei ist, wenn Sie mögen. Das nächste Schiff geht erst
morgen früh. Und wegen der Anzeige – da wird tatsächlich noch einiges auf Sie
zukommen. Die hätten Sie lieber unterlassen sollen.«
Berend Luiken strich sich müde mit der Hand über die Augen.
Was war das doch für eine vertrackte Sache!
Inzwischen war es spät geworden. Eigentlich wäre er gern ins
Bett gegangen. Doch sein Kollege Röder war noch unterwegs, um Wybrands zu
finden, und Arndt Kleemann war noch einmal losgefahren, um mit Arnold Steenken
zu reden. Die drei anderen versuchten nach wie vor, Vissers letzte Stunden
aufzuarbeiten. Da konnte Luiken sich nicht so einfach in seine Dienstwohnung
zurückziehen und so tun, als wäre alles in Ordnung auf der Insel.
Als das Telefon klingelte, ahnte er bereits, dass wieder einmal
etwas Unangenehmes auf sie zukam.
»Was sagen Sie? Tot?« Luiken schluckte. Nahm das denn gar kein
Ende? »Woran?« In Ruhe hörte er sich an, was die Kollegen aus Aurich ihm mitzuteilen
hatten, dann gab er seine Erkenntnisse sofort an Kleemann weiter.
»Arndt? Neue Nachrichten. Bürgermeister Lohmann ist tot. Die
Kollegen wissen noch nichts Genaues. Der Arzt hat wohl gesagt, dass er einige Hämatome
hat, was auf eine Gewalttat schließen lässt. Aber er wollte auch eine Vergiftung
nicht ausschließen. So was in der Art hatte Dr. Neubert ja auch schon
angedeutet. Dazu werden wir allerdings erst morgen mehr erfahren. Letztendlich
ist er an Herzversagen gestorben. Warten wir es also ab.«
Gerade als er das Gespräch beendet hatte, stand Röder laut
gähnend in der Tür. »Habe Wybrands nicht gefunden. Wer weiß, wo der steckt. Den
würden wir selbst mit einer Hundertschaft nicht aufspüren, wenn er uns nicht
per Zufall über den Weg läuft.«
»Auch ich habe keine besonders guten Neuigkeiten. Lohmann ist
tot.« Luiken unterrichtete seinen Kollegen über das, was ihm die Auricher
soeben gemeldet hatten.
Der Inselpolizist schüttelte nachdenklich den Kopf. » Wenn es kommt, dann richtig. Erst der Visser, und jetzt auch noch der Bürgermeister.
Ich bin gespannt auf die genaue Todesursache. Bis wir Genaues wissen, kreisen
noch eine ganze Menge offener Fragen im Raum. Wir sollten einen Plan über die
noch anstehenden Aufgaben machen, solange Arndt noch nicht wieder bei uns ist«,
schlug Röder vor. »Meinst du, dass es schaden könnte, wenn wir uns zum besseren
Nachdenken ein Fläschchen Bier genehmigen?«
Luikens Augen leuchteten auf. »Ich habe es nicht zu sagen
gewagt. Aber eines dürfen wir bestimmt. Da wird auch Arndt nichts gegen haben.
Soll ich sie holen?«
»Nee, lass man. Ich gehe schon.«
Arndt Kleemann war zurückgekehrt und zuckte ratlos mit den
Schultern. »Margot
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