Baltrumer Bitter (German Edition)
aufgetaucht wäre
und die beiden hätten dort händchenhaltend rumgesessen.« Sonja Bartels’ Gesicht
hatte sich zu einer wütenden Grimasse verzogen. Immer wieder strich sie ihre
Haare nach hinten.
»Da habe ich es einfach nicht mehr ausgehalten. Ich habe den
Aschenbecher genommen und ihm den Kram über sein Baguette gekippt. Und wissen
Sie, was das war? Geil war das. Es tat so gut, das glauben Sie nicht. Hinterher
ging es mir wesentlich besser.« Jetzt gesellte sich zu ihrer Wut ein verzerrtes
Grinsen.
Ich glaube, der möchte ich nicht im Dunkeln begegnen, dachte
Luiken, als er langsam aufstand.
»Aha, es ging Ihnen danach also offensichtlich so gut, dass Sie
nichts Besseres zu tun hatten, als uns zu veralbern mit Ihrer Aussage über Ihre
Ex-Freundin, oder wie?«, zischte Kockwitz mit durchdringender Stimme in die
kurze Stille hinein. Berend Luiken zuckte zusammen, und Sonja Bartels ebenso.
»Damit kommen Sie nicht durch, das wird richtig teuer, das können Sie mir
glauben.«
»Ich sage gar nichts mehr. Ich habe nichts getan. Das ist
alles.«
Da hatten sie den Salat. Der Kontakt zur Bartels war abgebrochen.
Luiken schäumte. Er drehte sich zu Kockwitz. »Würdest du bitte einen Moment mit
mir vor die Tür gehen?«, sagte er, mühsam um Ruhe ringend. Er merkte, wie
Kleemann und Röder ihnen aufmerksam nachschauten.
Fast schob er seinen Kollegen durch den Hinterausgang des
Hotels. Hier war es ruhig. Wenn überhaupt, würde nur das Küchenpersonal und die
Spatzen hinter Henning Ahlers’ Fahrradschuppen etwas von dem Streit
mitbekommen. Und das war Luiken in diesem Moment ziemlich egal.
Er holte tief Luft, dann sagte er mit vor Erregung kaum zu
haltender Stimme: »Wenn du dich noch einmal in meine Befragung einmischst, dann
schmeiße ich dich achtkantig raus. Scheißegal, was Kleemann dann hinterher mit
mir macht. Ich war mit der Frau auf einem verdammt guten Weg. Natürlich hat die
Mist gebaut. Natürlich ist sie noch verdächtig. Trotzdem brauchen wir ihre
Hilfe. Und nur wegen deiner blöden Anmache sitzt sie jetzt da drinnen und
verweigert sich. Herzlichen Dank. Es wird verdammt noch mal Zeit, dass du mal
deine Klappe hältst. Da kannst du wenigstens kein Unheil mehr anrichten.«
»Nun mach mal halblang, mein Bester. Es hat noch keiner
Befragung geschadet, wenn man etwas härter zur Sache geht. Aber vielleicht sind
die Erfahrungen, die man in einer Stadt sammelt, doch etwas intensiver als bei
euch in Upgant-Schott.« Klaus Kockwitz hatte seine Hände in die Hosentaschen
gesteckt und schlenderte fast lässig vor ihm auf und ab.
Luiken erstarrte. Wenn er sich jetzt nicht ganz fest zusammennahm,
würde er seinem Kollegen aus Aurich eine scheuern. »Du arroganter Mistkerl …«
»Es reicht.« Arndt Kleemann war hinter ihnen aufgetaucht. »Ich
glaube, ich habe heute bereits einmal angedeutet, dass wir keinen Schritt weiterkommen,
wenn wir uns gegenseitig zerfleischen. Berend, du machst mit der Vernehmung
weiter, und du, Klaus, gehst deinen Kollegen zur Hand. Wir haben noch bei
einigen anderen Sachverhalten Klärungsbedarf. Schließlich kennst du dich hier
bereits ein wenig aus. Wir wissen immer noch nicht, ob sich der Visser hier für
die Nacht eine Unterkunft gesucht und dort eventuell für uns wichtiges Material
deponiert hat. Macht euch also auf den Weg. Wenn ihr Verstärkung braucht,
meldet euch. Dann schicke ich noch ein paar Feuerwehrleute mit Fotos über die
Insel.«
Luiken nickte zufrieden. Eine gute Lösung. Er konnte ganz in
Ruhe erneut versuchen, aus der Bartels noch etwas herauszuholen.
Das Gesicht seines Kollegen schien plötzlich zu einer starren
Maske eingefroren. Von der provokativen Lässigkeit, die er kurz davor gezeigt
hatte, war nichts mehr übrig. Mit durchgedrückt starrem Kreuz drehte Kockwitz
sich um und verschwand im Hotel. Der laute Knall, mit dem die Tür ins Schloss fiel,
ließ die beiden Kommissare zusammenzucken.
Kleemann und Luiken folgten ihrem Kollegen wortlos.
»Frau Bartels«, versuchte
Luiken es erneut, »nun sagen Sie uns bitte, warum Sie uns von dem Angriff auf
Visser nicht bei unserer ersten Begegnung berichtet haben. Sie können sich
denken, dass das bei uns einige Fragen offen lässt.«
Sonja Bartels blickte den Polizisten fassungslos an. »Sagen Sie
mal, hätten Sie das gemacht? Wie hätte ich denn dagestanden? Ich wäre doch die
erste Verdächtige bei Ihnen gewesen. Und den Tag für nichts und wieder nichts
in der Zelle zu verbringen, das musste ich echt nicht
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