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Baltrumer Bitter (German Edition)

Baltrumer Bitter (German Edition)

Titel: Baltrumer Bitter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Barow
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sie natürlich nicht wieder
weggeschickt. Wie gesagt, sie ist erwachsen. Man muss ja nicht immer reden.«
    »Schluss jetzt. Ich will es nicht wissen!«, schrie Arnold. Er
konnte die Vorstellung von dem, was er auf dem Bild gesehen hatte, nicht mehr
aushalten. Er musste einen Weg finden, sich aus seiner verzweifelten Lage zu
befreien. »Komm mit zu mir nach Hause. Wir sprechen mit Hilda. Dann werden wir
sehen!«
    Georg Hanefeld brach in schallendes Gelächter aus. »Du hast sie
nicht mehr alle. Das Erste, was du machst, ist doch die Polizei holen.
Schließlich habe ich dich eingesperrt. Nein, nein. Du wirst jetzt bei dir zu
Hause anrufen. Hilda soll herkommen. Sie wird das gerne tun, ich weiß das. Wir
lieben uns. Dann bleibt sie bei mir, und du kannst gehen. Nahtloser Wechsel,
sozusagen. So weiß jeder, dass dem anderen nichts passiert. Ich passe auf Hilda
auf. Du sorgst dafür, dass mir nichts passiert, und jeder ist zufrieden.«
    Arnold war verzweifelt. Wie sollte das bloß weitergehen? Dieser
blödsinnige Plan konnte nicht klappen. Das musste Georg klar sein. Aber der
Mann war völlig von der Rolle. Dem war mit vernünftigen Argumenten überhaupt
nicht beizukommen. Ihm musste doch bewusst sein, dass Margot ebenfalls nicht
zögern und auf der Stelle die Polizei alarmieren würde, wenn er um diese
Uhrzeit Hilda zu Hanefeld bestellte. Aber vielleicht war das ja seine Chance.
    »Du machst Margot klar, dass wir die Sache unter uns regeln«,
forderte Hanefeld. »Ich will auf keinen Fall irgendjemand Fremdes auf meinem
Grundstück sehen. Keinen. Schon gar keinen von diesen Polizisten, die hier überall
herumlungern. Ich will nur Hilda hier sehen. Verstanden?« Hanefeld reichte ihm
sein Handy. »Los jetzt. Ruf an.«
    Was wäre, wenn er es nicht täte? Würde Hanefeld ihn um die Ecke
bringen, um dann seine Tochter zu trösten? Was hatte er da gerade gedacht?
Umbringen? Sollte der Mann auch etwas mit dem Tod von Visser zu tun haben?
Zutrauen würde er ihm inzwischen alles.
    Er spürte einen scharfen Schmerz an der Wange. Georg Hanefeld
stand vor ihm, in der Hand hielt er einen kleinen roten Spielzeugeimer. »Hier,
siehst du, was da drin ist? Wenn du nicht sofort telefonierst, dann …« Steenken
sah eine Masse aus vielen kleinen weißen Kristallen.
    »Eisessig. Hunderprozentige Essigessenz. Auf zehn Grad
runtergefahren.« Hanefeld deutete auf den kleinen Kühlschrank, der unter dem
Fenster stand. »Das Zeug brauche ich in flüssiger und verdünnter Form für die
Entwicklung meiner Fotos. Ich zeige dir gerne mal, wie das funktioniert, wenn
du erst mein Schwiegervater bist.« Er lachte hämisch. »Ich fotografiere nämlich
noch nicht digital, sondern arbeite wie früher, mit Fixierbad, Stoppbad und so
weiter. Schwör ich drauf.« Er griff kurz in den Eimer und rieb dann ein paar
Kristalle zwischen seinen Fingern. »Was meinst du, wie es dir geht, wenn ich
das in den Kratzer auf deiner rechten Wange reibe? Oder noch besser, in deine
Augen? Aber das will ich gar nicht. Nur, dass du telefonierst. Ich wähle und du
sprichst. Klar?«
    Er nickte. Der Mann war verrückt.
    »Los. Rede mit deiner Frau!« Hanefelds Stimme war schärfer
geworden.
    Was sollte er machen? Er konnte Hilda nicht ins offene Messer
laufen lassen. Lieber würde er … Ein grausamer, wilder Schmerz an der Wange
durchzuckte ihn, dann wurde es wieder Nacht.
    Donnerstag
    Er spürte eine feuchte Schnauze auf der Brust und verstand.
Seine Nacht, die erst spät angefangen hatte, war zu Ende. »Ich komme«,
flüsterte er Amir zu, zog sich leise an und schlich aus dem Schlafzimmer.
    Sandra hatte nichts mitbekommen. Sie schlief selig weiter, ihr
Kopfkissen fest in die Armbeuge geklemmt. Es sah jedes Mal aus, als hätte sie
ein kleines Kind im Arm, und es erweckte in ihm den Wunsch, sie ganz fest zu
knuddeln. Doch er verkniff sich die Gelüste. Er war sicher, dass sie seinem
Ansinnen nur mit großem Erstaunen begegnet wäre. Zumindest um diese Uhrzeit.
Sie wurde schon oft genug mitten in der Nacht geweckt, wenn er zu einem Einsatz
gerufen wurde. Im Sommer kam das durchaus häufiger mal vor. Meistens ging es
dann um nächtliche Ruhestörung oder Nichteinhaltung der Sperrstunde. Was einige
Gäste aus vollem Herzen genossen – mal mehr als ein Bier zu trinken und dann
lauthals singend aus den Kneipen der Insel zu fallen –, das fanden die
anderen, die schlafen wollten, gar nicht lustig. Da war es gut, dass er einen
Kollegen vor Ort hatte, der sich mit der Nachtschicht mit

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