Bamberger Verrat
verschreckt um und ging auf Zehenspitzen, als würde man sie so weniger wahrnehmen, zu ihrem Platz. Damit waren die zehn Mitglieder der Bamberger Dienststelle, die Hanfstängl der Soko zugeteilt hatte, versammelt. Später würden noch weitere Kommissare aus Bayreuth, Coburg und Hof die Truppe verstärken.
»Liebe Kolleginnen und Kollegen«, begann Hanfstängl nach einem vorwurfsvollen Blick auf die kleine Kasinski und einem erneuten Räuspern, »Sie alle wissen inzwischen, dass heute Nacht in unserem Zuständigkeitsbereich ein Tötungsdelikt verübt wurde, weshalb ich diese Sonderkommission einberufen habe. Die Leitung des Einsatzes und der Kommission habe ich Herrn Ersten Kriminalhauptkommissar Werner Sinz übertragen, der mein volles Vertrauen genieÃt und dem ich hiermit zur Schilderung des bisherigen Sachverhaltes das Wort übergebe.«
Werner überlegte, ob sein Chef mit dieser geschwollenen Redeweise wohl Ãberlegenheit demonstrieren wollte. Jeder kannte hier doch jeden und wusste, worum es ging! Laut sagte er: »Hans, würdest du bitte den Beamer einstellen, damit wir alle die ersten Bilder vom Tatort ⦠Danke! Also, Kollegen, der Sachstand sieht folgendermaÃen aus: Heute Morgen, sieben Uhr fünfzehn, meldete eine Joggerin, Anita Schütz, den Fund einer Leiche, die sie bei ihrem morgendlichen Training im Hain entdeckt hatte.« Auf der Leinwand erschien das Bild der jungen Frau, der das Wasser aus den Haaren übers Gesicht lief.
Flüsternde Bemerkung im Hintergrund: »Hat die im Hollergraben trainiert?«
Werner schaute mit spöttisch hochgezogenen Brauen zu Meyer zwo und fuhr fort: »Die Zeugin wurde vor Ort kurz befragt und, da sie glaubwürdig wirkte und a conto unseres wunderbaren Frühlingsregens völlig durchnässt und durchgefroren war, zu ihrer heiÃen Dusche entlassen. Sie kommt um zehn Uhr zur Dienststelle, um ihre ausführliche Aussage zu Protokoll zu geben. Meyer, du übernimmst das, okay? Da kannst du sie ja nach ihrer Trainingsstrecke fragen.«
Er klickte das nächste Bild an. »Nun also zur Leiche. Der Tote ist der vierundzwanzigjährige Martin Kostner aus Bamberg, wohnhaft WattstraÃe 26. Das ergab sich aus seinem Personalausweis, den er in seinem Geldbeutel bei sich trug.« Die Fotos zeigten den Toten von oben, von links, von rechts, in der Totale und als Porträt. »In diesem Geldbeutel befanden sich auÃerdem viertausend Euro.«
Ein Raunen ging durch den Raum.
»Ja, genau«, bemerkte Werner, »das sagt uns natürlich schon einiges, zumindest, dass der Mann nicht beraubt wurde. Und es stellt sich auch die Frage: Warum läuft jemand mit so viel Geld in der Tasche nachts im Hain rum? â Ja, Uwe?«
»Wo hatte er denn den Geldbeutel, ich meine, in der Jacke oder in der Hose, und viertausend Euro, ich meine, das ist doch ⦠das muss doch ein ganz schön dickes Bündel Scheine sein.«
»Er hatte den Geldbeutel in der hinteren Hosentasche â mit Taschendieben muss er in unserem wohlgeordneten Zuständigkeitsbereich â¦Â«, ein kurzer Blick zu Hanfstängl, »ja auch nicht rechnen. Und so dick war das Bündel nicht. Acht Fünfhunderter. So was sehen wir Polizisten bei unseren Gehältern zwar eher selten, dennoch wurden die Scheine auf Anhieb identifiziert.« Allgemeines Schmunzeln. »Sie wurden zur Prüfung auf Echtheit ans K3 übergeben. Also, weiter im Text: Dem Opfer wurde dem ersten Augenschein nach aus kurzer Entfernung ins Gesicht geschossen. Genaueres wird die Obduktion ergeben. Heute Nachmittag wird er damit fertig sein, hat Dr.  Last gesagt, wenn die Spusi nicht allzu lang braucht, um die Leiche abzukleben.«
Die kleine Kasinski schaute fragend zu ihrem Nachbarn, der ihr zuflüsterte: »Tesafilm ⦠Fasern oder so.« Kasinski hatte heute keinen guten Tag, der Chef schaute schon wieder stirnrunzelnd zu ihr hinüber.
Den grässlichen Fotos von dem zerstörten Gesicht Martin Kostners folgten die Aufnahmen des Tatorts. »Der Täter hat das Opfer laut der Blutspuren unten am Fuà der Treppe erschossen, es dann die Stufen hinaufgezogen und zu FüÃen der Statue gewissermaÃen aufgebahrt. Er hat es gerade ausgerichtet und ihm die Hände über der Brust gefaltet, wie ihr seht.«
»Das heiÃt doch, dass der Täter wohl nicht im Affekt gehandelt hat, sondern die Tat
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