Bambule am Boul Mich
einen
Privatdetektiv einschalten. Also...“
„Ja. Ich untersuche Leverriers
Tod. Mademoiselle Carrier glaubt nicht an Selbstmord.“
„Sie ist auf dem Holzweg. Es
wurde einwandfrei nachgewiesen. Aber schließlich kann man ihr nicht verbieten
zu denken, was sie will.“
„Kannten Sie Leverrier?“
„Ja. Und ich weiß nicht, wer
ihn hätte ermorden sollen und warum. Falls Sie das meinen.“
„Jacqueline kam zurück.
„Das ist André“, stellte sie
vor.
Ein dritter Brillenträger
betrat die Bühne. Blond, hohe Stirn, ernste Miene, Chirurgenfinger, aber nicht
mit Blut, sondern mit Tinte beschmiert. Von den ausgetretenen Pantoffeln
abgesehen, war er angezogen, als wollte er ausgehen; allerdings fehlte auch
noch der Mantel. Jacqueline hatte ihn wohl von seinem geliebten Studium
weggeholt.
Er beugte sich fachmännisch
über Mauguio und untersuchte ihn. Der kam nach und nach wieder zu sich.
Vielleicht hatte er Angst vor Zauberlehrlingen.
„Der ist besoffen wie tausend
Affen“, konstatierte der Medizinstudent.
„Wundert dich das?“ rief
Jacqueline.
„Zum Teufel, nein!“
„Kommt das oft vor?“ erkundigte
ich mich.
„Oft genug... Ah! Hier, die
Verletzung.“
Wir kamen um fünf wertvolle
Minuten Fachchinesisch nicht herum. Er redete, als würde er gerade geprüft oder
als hielte er selbst eine Vorlesung. Dann sprach er wieder wie ein normaler
Mensch.
„Wer hat ihn niedergeschlagen?“
„Der Nachttisch“, antwortete
ich.
„Wie?“
„Der Nachttisch. Sehen Sie
her...“
„Jacqueline hatte aus dem
Badezimmer nebenan für eventuelle Kompressen eine Schüssel mit Wasser geholt
und sie auf das Tischchen gestellt. Ich hob die Schüssel von der Marmorplatte.
„Der Fleck... Blut, oder?“
„Ja.“
„Er war blau. Stand nicht sehr
sicher in den Socken. Ist auf dem Bettvorleger ausgerutscht und auf die
Marmorplatte geknallt.“
„Ja natürlich. Dieser Blödmann!
Hätte sich umbringen können.“
„Besoffene haben einen
Schutzengel. Da liegt der Beweis...“
Albert Mauguio kam endgültig
wieder zu sich. Er rollte einmal rum, klammerte sich an die Bettdecke und
setzte sich auf den Teppich, so gut es ging, also mehr schlecht als recht. Er
fluchte, wollte sich mit der Hand an den Nacken fassen, gab es aber auf. Er
öffnete seine glasigen Augen und sah uns der Reihe nach mit einem ebensolchen
Blick an. Er lallte:
„Schw...wweinerei... Ihr hab...pp
mich gesch...schlagen.“
„Red keinen Quatsch“, sagte der
Medizinstudent. „Du warst blau. Bist es ja jetzt noch. Und da bist du
ausgerutscht.“
„Gesch... schlagen.“
„Wer, hm?“
„Weiß nich. Ah! Scheiße.“
Er mobilisierte alle Kräfte und
zog sich auf das Bett.
„Sollte vielleicht schlafen“,
sagte er etwas deutlicher.
Er wollte sich hinlegen.
Ich packte ihn am Arm.
„Sie sind hier nicht zu Hause,
junger Mann.“
„Ah? Und wo bin ich?“
„Bei Mademoiselle Carrier. Sie
haben sich hier eingeschlichen, mit einem Passepartout. Den hab ich bei Ihnen
gefunden, in der Tasche Ihres Bademantels. Und jetzt hauen Sie ab, Mann. Und
kommen nicht wieder!“
„Ah? Wer sind Sie denn? Haben
Sie mich gesch...lagen?“
„Nein. Niemand hat Sie
geschlagen. Aber wenn Sie so weitermachen, hau ich Ihnen tatsächlich was in die
Fresse. Vielleicht kommen Sie dann wieder zu sich. Ich bin kein Arzt. Ich hab
nur so alte Hausmittelchen. Was haben Sie hier in der Bude überhaupt zu
suchen?“
Keine Antwort.
„Hm... Mademoiselle Carrier!
War der Kerl vielleicht etwas hinter Ihnen her?“
„Etwas? Viel, wollten Sie wohl
sagen“, präzisierte Jacqueline. „Hab ihn schon vor einiger Zeit abblitzen
lassen.“
„Alles klar. Hartnäckiger
Bursche. Der Wein hat ihm Mut gemacht. Er wollte Sie überraschen. Ist ihm aber
nicht so ganz geglückt. Na schön. Bringen wir ihn rüber, Doktorchen?“
„Tja... ist bestimmt das beste . Einfach in sein Zimmer.“
„Und dieses hier desinfizieren.
Dann mal los.“
Jeder schnappte sich einen Arm
des Besoffenen. So beförderten wir ihn in seine Bude. Der Mediziner blieb bei
ihm, um ihn nötigenfalls zu verarzten. Immerhin hatte Mauguio einen kräftigen
Schlag hinter die Löffel gekriegt, und besoffen war er auch noch. Ich ging in
Jacquelines Zimmer zurück. Gérard trug eine Leidensmiene zur Schau. Yolande ging
wutschnaubend auf und ab.
„Du hast es verkauft“, keifte
sie. „Der Band ist ‘ne Stange Geld wert. Du hast es verkauft.“
„Nein, hab ich nicht“,
widersprach Jacqueline und suchte
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