Bambule am Boul Mich
hat?“
„Das werde ich niemals gelten
lassen.“
„Und wenn eben Ihre Liebe der
Grund für den Selbstmord war?“
„Wie?“
„Sie hatten doch sicher vor,
irgendwann zu heiraten, oder?“
„Natürlich.“
„Der Vater wollte das nicht,
und der Sohn hat den Kopf verloren. Der Vater sieht jedenfalls so aus, als
könnte er Einspruch erheben. Ein Kopf wie Molotow.“ Und der Sohn sieht aus, als
könnte er leicht den Kopf verlieren, fügte ich für mich hinzu.
„Nein“, erwiderte sie. „Ich
kenne Monsieur Leverrier erst seit... seit kurzem. Wir haben ihn nicht gefragt.
Aber wie er sich mir gegenüber verhalten hat... ich glaube nicht, daß er sich
unserer Heirat widersetzt hätte.“
„Hat Paul mit ihm darüber
gesprochen?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Ich weiß nicht. Na ja... wir
haben gelebt, haben uns geliebt... sicher, die Heirat wäre der Höhepunkt
gewesen
„Aber Sie hatten Zeit?“
”Ja.“
An der Aufrichtigkeit des
jungen Mannes zweifelte sie offensichtlich nicht.
„Und außerdem“, fuhr sie fort,
„war Paul alt genug, um sich der Bevormundung durch seinen Vater zu entziehen,
wenn nötig es gewesen wäre... Paul betete seinen Vater an. Für ihn war er der
Liebe Gott. Aber auch er hätte unsere Liebe nicht zerstören können, Gott oder
nicht Gott, das spürte ich, das weiß ich... Übrigens wäre Paul bald volljährig
geworden... und dann hätte der Vater sich sowieso nicht mehr einmischen
können...“
„Hm... da seh ich einen Widerspruch.
Sie sagten, Dr. Leverrier war für seinen Sohn der Liebe Gott. Und dann lassen
Sie durchblicken, daß es zwischen den beiden nicht klappte.“
„Das wollte ich nicht damit sagen.
Man muß das verstehen ... Jetzt, da ich soviel Schweres durchmache, jetzt
versteh ich das auch sehr gut... genauso wie Paul... er war seinem Vater nicht
böse... der verdiente eher Mitleid...“
Sie schnäuzte sich und fuhr dann
fort:
„Vor mehreren Jahren hat Monsieur
Leverrier seine Frau verloren... Pauls Mutter. Seitdem hat er sich sehr
verändert. Es war für beide ein Schock... für den Vater und für den Sohn.“
„Hat Paul Ihnen das erzählt oder kannten
Sie Dr. Leverrier schon vorher?“
„Ich hatte ihn noch nie gesehen.
Paul hat’s mir erzählt.“
„Und heute?“
„Na ja, wie ich Ihnen schon sagte,
ich habe ihn kennengelernt, als... als...“
„Der Kummer hat sie einander
nähergebracht.“
„Ja. Oh, wir sind nicht familiär
miteinander. Dr. Leverrier ist ziemlich reserviert, kühl, aber... na ja, wir
haben uns hinterher noch einmal gesehen.“
„Und Sie haben Sympathie füreinander
entdeckt?“
„Tja... Sympathie... jedenfalls
finden wir uns nicht unsympathisch. Und wo ich ihn jetzt kenne, bin ich um so fester davon überzeugt, daß er sich unserer Heirat
nicht widersetzt hätte.“
„Schön. Hatte Paul Feinde?“
„O nein, Monsieur!“
„Bestimmt nicht?“
„Ganz bestimmt nicht.“
„Hm...“
Zur Belebung des Gesprächs fragte
ich:
„Kein Eifersüchtiger oder so? Einer
Ihrer ehemaligen Verehrer, der...“
„O nein, Monsieur!“
„...der ihn getötet hat, um... tja,
warum?“
Aber... aber das weiß ich doch
nicht..."
In ihren Augen stand das blanke
Entsetzen.
„Deswegen bin ich doch zu Ihnen
gekommen.“
„Ja, ja, verstehe... hm...“
Drei Sekunden Bedenkzeit. Da waren
schon vier zuviel. Was sollte das Gerede? Das beste war, sie so lange hinzuhalten, bis sie die Dinge klarer sah. Ich klopfte auf
die Zeitungsausschnitte.
„Können Sie mir das hierlassen?“
„Natürlich... Mein Gott!“ rief sie
plötzlich. Glück leuchtete aus ihren tränenverschleierten Augen. „Mein Gott!...
Sie wollen sich wirklich damit beschäftigen... Pauls Mörder suchen und ihn der
Gerechtigkeit übergeben?“
„Ja. Aber... Ein Gott in dem Fall
reicht. Nennen Sie mich nicht auch noch so.“
Na ja, ich konnte mich immer noch
dazu verpflichten, den Mörder der Gerechtigkeit zu übergeben, wie sie sagte.
Ich bin kein Lieferant für den Henker, und dieser „Mörder“ würde mich schon
nicht verleiten, meinen Prinzipien untreu zu werden. Paul Leverrier hatte sich
aus noch ungeklärten Gründen selbst das Leben genommen. Er alleine war der
Täter.
„Oh! Danke... Sie...“
Sie stotterte vor Dankbarkeit.
„Sie halten mich nicht für
verrückt... wie die von der Polizei...?“
Ich setzte für sie mein
bezauberndstes Lächeln auf.
„Ich mach nie was so wie die von der
Polizei.“
Tja. Im allgemeinen mag das stimmen,
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