Banalverkehr - Roman
vier Monate.«
»Wow«, staune ich. »Darf ich mal anfassen?«
»Klar.« Sie steht auf und lässt mich ihren Bauch befühlen. Er ist hart, und plötzlich kommt auf der rechten Seite eine kleine Beule heraus, die im Schneckentempo nach links wandert und dann wieder unter der Melonenschale verschwindet.
»Wow«, sage ich nochmal. »Irgendwie alienmäßig.«
»Hm.« Lene nickt. »Und sonst? Wie geht’s dir denn so?«
Ich erzähle kurz von den Butterstückchen, die ich so gerne auf die Autos werfe, und dass das Blut immer weniger wird und nicht mehr hellrot ist. »Wenn ich pinkeln gehe, sieht es aus, als hätte man alten Kakao in die Schüssel geschüttet, wo die Milch ausflockt. Mein Arzt meint, dass das altes Blut ist. Ich schätze, wenn das mal alles raus ist, geht’s bergauf.« Dann erst fällt mir auf, dass ihre Stimme, als sie mich fragte, irgendwie gar nicht so richtig interessiert klang.
»Und habt ihr schon alles besorgt, was man so braucht? Babybett und Kinderwagen und so?«, frage ich verlegen.
»Hm«, nickt sie wieder und schaut auf die Uhr. »Du, ich muss langsam los. Mein Freund wartet unten im Auto.«
»Oh«, sage ich. »Schade.«
»Ach ja.« Sie kramt in ihrer Handtasche und holt eine Packung Schokokekse raus. »Die hab ich dir mitgebracht.« Sie gibt mir die Kekse und umarmt mich. »Wir sehen uns.«
»Das tun wir«, lächle ich. Dann geht sie, und ich schaue auf die Armbanduhr, die neben meinem Bett auf dem Beistelltisch liegt. Zehn Minuten hat ihr Besuch gedauert. Ich stehe auf, rolle mitsamt meines Flaschenhalters zum Fenster und sehe ihren kleinen roten Corsa, der da unten auf dem Parkplatz steht. Ich warte, und dann beobachte ich Lene, wie sie rübergeht und auf der Fahrerseite einsteigt. Niemand außer ihr sitzt im Auto.
Die Nacht.
Ein Stück von Puppe Stockmann.
Regie: Puppe Stockmann
1. Akt
Im Krankenzimmer.
Puppe: »Krämpfe … Schmerzen … Ich sterbe …« Wälzt sich im Bett hin und her, stöhnt, ruft die Schwester . Schwester kommt.
Schwester: »Ja?« Kurze Improvisation . »Dann sag ich mal Dr. Engels Bescheid.«
Dr. Engels kommt.
Dr. Engels: »Ja?« Kurze Improvisation. »Dann machen wir mal einen Ultraschall.«
Puppe und Dr. Engels im Untersuchungszimmer, Ultraschall wird gemacht.
Dr. Engels: »Mir scheint, da ist nichts Adäquates übrig.«
Kurze Improvisation.
Dr. Engels: »Dann schaben wir morgen Mittag mal aus.«
Puppe zurück im Krankenzimmer, liegt auf dem Bett, starrt an die Decke. Lutz kommt.
Puppe: »Ist tot.«
Lutz ( beginnt zu weinen ): »Oh nein.«
Kurze Improvisation.
Puppe: »Bitte geh jetzt.«
Lutz ( weint ): »Aber …«
Kurze Improvisation. Lutz geht.
2. Akt
Im Krankenzimmer.
Schwester spritzt Puppe Beruhigungsmittel, geht. Anästhesist kommt, klärt über Nebenwirkungen der Vollnarkose auf.
Anästhesist ( sachlich ): »Wir könnten Ihre Zähne verletzen. Und es kann natürlich auch zu einem Herzstillstand kommen.«
Puppe ( verwirrt ): »Bei wem?«
Kurze Improvisation.
Anästhesist: »Machen Sie sich keine Sorgen. Die Narkose kann schiefgehen, aber der Eingriff an sich ist ganz banal.«
Puppe ( erleichtert ): »Na dann ist ja gut.«
3. Akt
Vor dem OP.
Puppe liegt unten ohne auf einer OP-Liege. Die Beruhigungsspritze hat gewirkt.
Puppe ( fröhlich ): »Ich bin ein Schlumpf!«
Schwester tätschelt ihren Kopf. Er ist in eine grüne Haube eingepackt.
Schwester ( mitleidig ): »Haben Sie keine Angst.«
Puppe ( fröhlich ): »Haben Sie hier eigentlich schon mal jemanden umgebracht im OP?«
Puppe wird in den OP geschoben.
Anästhesist: »Zählen Sie von Zehn rückwärts.«
Puppe: »Zehn.«
Das Licht geht aus. Applaus. Alle verbeugen sich. Dank ans Publikum: »Fuck you very much. Kommen Sie gut nach Hause und Gute Nacht.«
»Wie geht es Ihnen?«, fragt Dr. Engels am nächsten Morgen bei der Visite.
»Ich hatte weder einen Herzstillstand, noch ist meinen Zähnen was passiert, also schätze ich: gut.«
»Dann können wir Sie heute schon entlassen. Es sei denn, es ist Ihnen lieber, wenn Sie noch einen Tag hierbleiben.«
Ist es nicht. Ich will nach Hause. Und was von dem Beruhigungszeug mitnehmen. Ich war so geil drauf. Dr. Engels reagiert nicht. Er strebt keine zweite Karriere als Dealer an. Er lacht nicht mal über meine Bitte. »Bei vielen Frauen kommt das Bewusstsein um die Situation erst nach zwei, drei Tagen. Wenn es Ihnen nicht gutgeht, rufen Sie in der Praxis an, und wir überweisen Sie an einen Psychologen.«
»Wegen
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