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Banalverkehr - Roman

Banalverkehr - Roman

Titel: Banalverkehr - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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alten Leben, und ich glaube, vorübergehend werde ich sehr oft betrunken sein. Ich fange gleich mal damit an, nachdem ich zu Hause mein Handy angesteckt und festgestellt habe, dass ich kein Dutzend Anrufe und SMS en bekommen habe.
    Am Montag markiere ich kein grünes Kästchen in meinem Kalender. Schließlich ist es vorbei. Ende. Aus. Finito. Ich habe mir etwas vorgemacht, aber gerade noch rechtzeitig die Notbremse gezogen. Nein, die Reißleine. Es ging ja immerhin um den Schwebezustand. Haha. Ich bin stark und toll und fast abartig motiviert, alleine stark und toll zu sein. Ich habe es nicht nötig, eine Affäre zu sein.
    Gut, dass ich das alles niemandem mitteile, denn die Tatsache, dass ich am Dienstag dafür gleich zwei Kästchen markiere, inklusive des roten Abends, den ich gestern mit Edo verbracht habe, würde mich nun in Erklärungsnot bringen. Sagen wir: Wir schweben irgendwie doch wieder, nachdem er einfach vor meiner Tür stand und fragte, ob ich Lust hätte, was zu machen.
    Ein paar Stunden zuvor, in der Agentur, waren wir wie immer Kollegen, und er hatte nicht mal bemerkt, dass ich mich inzwischen entliebt haben musste. Na ja, und später sitzt er auf meiner Couch, dreht sich eine Tüte und erzählt von der Hochzeit, als wäre nichts gewesen. Er hat kein schlechtes Gewissen und auch nicht das Bedürfnis klarzustellen, dass er das mit der Affäre vielleicht gar nicht so gemeint hat. Meine Schnute, die hochgezogenen Augenbrauen und die wenigen Worte, die ich herausschnippe, ignoriert er, als gäbe es keinen Grund dafür. Und als er mich schließlich küsst, ist er irgendwie weg. Also der Grund. Natürlich müsste ich mich ihm eigentlich entziehen, ihm vielleicht eine scheuern, dass er vorübergehenden Tinnitus bekommt, ihn aus meiner Wohnung schmeißen. Aber es gibt keinen Grund mehr, das zu tun. Ich liebe ihn. Schwebezustand. Ja. Wolke sieben. Ich bin dann mal weg. Nein, um genau zu sein, bleibe ich hier. Und gehe nicht mit Itsy in den neuen Club. Im Grunde mache ich gar nichts und stelle mich tot. Ich spreche Edo auch nicht darauf an, auf die Affäre, seine Absichten. Einfach nicht nachfragen, sonst erfährt man Dinge, die man vielleicht lieber nicht wissen will. Vielleicht, dass Itsy ein Opfer ist oder dass Edo mich nicht liebt. Dinge, die es nicht geben muss, solange man einfach nur hier sitzen und so wunderbar zeitlupig küssen kann. Und Edo ist eben einfach nicht so der Typ, der groß über Gefühle redet. Aber das wird schon. Ganz bestimmt. Haha. Hahaha.
    »Und was hast du so gemacht am Wochenende?«, fragt er später, nachdem wir miteinander geschlafen haben.
    »Ach, nichts Besonderes.« Ich war nur in Manchester. Manchester in England. UK . Great Britain. Hail to the Queen, wir verstehen uns, und habe versucht, über dich hinwegzukommen.
    »Du, übernächstes Wochenende fliege ich nochmal hoch. Mein Opa feiert seinen Achtzigsten«, sagt er, und ich nicke nur, weil ich weiß, dass ich wieder nicht mit an der gedeckten Tafel sitzen und mir Rotwein über cremefarbenen Satin gießen lassen werde.

Kapitel 8 – The Lost Girls
    Der Sommer, der alte Loser, kämpft sich schwermütig durch den September. An den meisten Tagen ist es immer noch warm genug, um sich sexy auszuziehen, an anderen bekomme ich den bis vor kurzem so sehr herbeigesehnten Regen, den ich aber schon gar nicht mehr will. Ich bin nun seit mehr als zwei Monaten mit Edo zusammen, seit vierundsechzig Tagen, um genau zu sein, und ich weiß nicht, ob mein Status immer noch der einer Affäre ist, aber ich vermeide es auch, ihn danach zu fragen. Es ist, als würde ich auf etwas warten, etwas, das ihn irgendwie davon überzeugt, dass wir offiziell zusammengehören. Natürlich wäre es viel einfacher endlich aufzugeben, aber ich kann nicht. Ich liebe ihn und … Immerhin kommt er aus dem Norden, was will man da machen?
    Also sitze ich abends weiterhin auf der Bettkante in der Hoffnung auf Edo oder eine Gute-Nacht- SMS. Itsy meldet sich ein paarmal und will mir endlich den neuen Club zeigen, aber ich bleibe zu Hause. Für den Fall, dass er doch noch vorbeikommt. Er ist ja gerne spontan. Manchmal rufe ich ihn an und frage, ob er mich besuchen will, aber nicht zu oft, denn ich möchte keine Klette sein, und außerdem antwortet er meistens, dass er Zeit für sich braucht. Dann ist es mir peinlich, dass ich überhaupt angerufen habe, aber er nimmt es mir nicht übel, Gott sei Dank. Und wenn er dann doch mal kommt, ist alles wieder Zeitlupe und …

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