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Banalverkehr - Roman

Banalverkehr - Roman

Titel: Banalverkehr - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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hätte ich tun sollen. Das wäre es wert gewesen. Amen.
    »Für immer« lese ich über Itsys Namen und ihrem Geburts- und Sterbetag in den grauen Stein gemeißelt. Die Frage stellt sich aber noch, böse Puppe!, ob Itsy da wirklich für immer liegen wird. Aus! Wer weiß, wie lange sich ihre Mutter den Sargparkplatz leisten kann. Pfui! Oder ob da in ein paar Jahren nicht doch noch eine andere Kiste draufgesetzt wird. Puppe! Wenigstens würde der Nächste weich liegen. Sag mal!? Auf Itsys unkaputtbaren Brustimplantaten. Jetzt aber! Ach, so ist das gemeint. Schluss! Klar! Schlu-huss! » Für immer« ruhen hier Itsys falsche Brüste. »Keine Friedhof-Witze!«, rufe ich, ehrlich schockiert über mich selbst. Ich stehe vor ihrem Grab. Itsy, meine Itsy. Itsy, die meine beste Freundin hätte werden können. Itsy, an deren Tod ich mit schuld bin.
    »Itsy«, höre ich mich leise sagen. »Ach, Itsy.«
    Hier. Liegt. Sie.
    Unter der kalten, schwarzen Erde. Einfach tot. Einfach nicht mehr da. Bis jetzt hatte ich sie noch nicht einmal vermisst, viel zu sehr war ich mit mir und Edo beschäftigt. Aber Itsy hat auf mich gewartet. Sie wird für immer warten, denn sie kann ja nicht weg. Sie kann gar nichts mehr. Außer darauf warten, dass ich komme, um endlich zu verstehen, was es bedeutet, dass es hier einen grauen Stein mit ihrem Namen gibt. Es ist nicht wie bei Lene. Wir könnten Kontakt haben, wir könnten befreundet sein, alles, was dem im Weg steht, sind zwei lächerliche Ego-Möpse oder die Gemütlichkeit, das Niveau, was auch immer. Bei Itsy ist das anders, das wird mir klar, jetzt, wo ich ihr Grab sehe. Itsy ist tot und kommt nie wieder. Ich frage mich, wieso der menschliche Geist überhaupt mit Dingen konfrontiert wird, die er sowieso nicht begreifen kann. Endgültiges Nie-Wieder, so eine Scheiße. Genau wie dieser hässliche, graue Grabstein. Sie hätte einen schöneren verdient gehabt. Und ich stehe davor mit meinem Nelkenstrauß, der mir plötzlich auch nicht mehr passend vorkommt, und denke, dass ich ihr schönere Blumen hätte kaufen sollen.
    »Tut mir leid, dass ich dich bisher noch nicht besucht habe«, sage ich. Wie ich hier stehe! Ich spreche mit einem hässlichen, grauen Stein! Und dieser Nelkenstrauß! Das ist alles so sinnlos. Das Leben ist scheiße und immer zu kurz. Oder zu lang, wenn ich daran denke, dass meine Oma mit ihren beinahe achtzig schon seit ungefähr fünf Jahren jedem erzählt, sie würde sich wünschen, dass endlich Schluss wäre. Mit kaputten Knien, Rheuma und Thrombose im linken Bein macht es wohl einfach keinen Spaß mehr. Ich hab sie mal gefragt, wie sie am liebsten sterben würde, aber es war ihr egal. Hauptsache tot. Und wenn sie beim Kacken mit einem Infarkt von der Schüssel fallen würde. Jedenfalls kann das Leben scheinbar kein Maß halten. Zu kurz, zu lang, aber nie zum richtigen Zeitpunkt. Willkommen in der Anstalt, Frau Stockmann, das könnte nun glatt der nächste Nervenzusammenbruch werden, wenn jetzt nichts Unvorhergesehenes passiert. Nehmen Sie doch schon mal Platz, der Doktor kommt gleich.
    »Puppe?«, ruft es hinter mir, und ich erschrecke ein bisschen. Immerhin ist es mein erstes Mal auf dem Friedhof, und ich hätte nicht erwartet, dass man mich hier schon kennt. Ich kann nur hoffen, es ist nicht der Sensenmann, der sich denkt: »Wo se schon mal hier ist.« Womit dann allerdings meine Theorie vom immer unpassenden Zeitpunkt bestätigt wäre, denn später muss ich mir noch eine Wohnung mit Edo anschauen, da wäre es ziemlich blöd, wenn ich nicht käme. Vor allem ohne vorher abzusagen. Ja, das wäre mehr als unhöflich.
    »Puppe!« Ach ja … Ich drehe mich langsam um. Bitte nicht der Sens…
    »Lutz!« Es ist Lutz! Gott sei Dank. »Lutz! Was machst du denn hier?«
    Lutz kommt näher und stellt sich direkt neben mich mit Blick auf Itsys Plattenbau. »Kanntest du sie?«
    Ich nicke. »Das ist Itsy. Sie hatte mal ein Bewerbungsgespräch bei uns. Und dann war sie so was wie meine Freundin. Und jetzt ist sie hier.«
    »Wie ist sie gestorben?«
    »Überdosis.«
    »Scheiße.«
    Ja, das ist es. Eine riesengroße sogar, denke ich, während ich feststelle, dass Lutz aussieht, als würde es ihm richtig gutgehen. Der Topf ist weg, die Haare sind kurz und wild, sein Gesicht hat Farbe bekommen, und irgendwie wirkt er gar nicht mehr so schmächtig. Kann es sein, dass er gewachsen ist? Nein, eigentlich nicht, in unserem Alter wächst man doch nicht mehr, oder? Trotzdem sieht er irgendwie größer

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