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Banalverkehr - Roman

Banalverkehr - Roman

Titel: Banalverkehr - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Gelegenheit einfach mal sagen, dass ich es lächerlich finde, wenn Frauen Mitte fünfzig Tangas tragen. Mit diesem Gedanken im Kopf schaffe ich es, ruhig zu bleiben und einfach nur ein »hm« zu brummen. Edo glaubt wohl, damit hätte ich zugestimmt, mich beim nächsten Mal angemessen zu benehmen, und nimmt mich zur Belohnung in den Arm. Frauen Mitte fünfzig im Tanga, das ist doch einfach nur erbärmlich, oder Sigrid?
    »Wird schon irgendwie«, sagt er und ich drücke meine Nase gegen seinen Hals. Er riecht immer noch so gut, nach Jil Sander und dem schönsten Sommer meines Lebens. Dann stehe ich auf. »Ich muss Muschi füttern. Sie hat Hunger.« Muschi springt wie auf Kommando von der Lehne und tapst hinter mir in die Küche. Ich fülle ihren Napf mit glitschigen Fleischbröckchen und sehe zu, wie sie anfängt zu fressen. Sie schmatzt, und ich muss lächeln. Es wird alles gut, ganz bestimmt.

Kapitel 11 – Zur Nacht
    Jetzt haben wir schon wieder Mai – kaum zu glauben, wie schnell die Zeit vergangen ist. Ich bin im siebten Monat. Vor genau einem Jahr war ich auch schwanger und hätte mir nicht vorstellen können, dass ich zwölf Monate später eben wieder schwanger bin, von einem anderen Mann, mit einem anderen Kind, mit dem ich noch keine weiteren Pläne geschmiedet habe. Ich freue mich auf das Baby, und trotzdem ist der einzige Bezug, den ich zu ihm habe, die Aussicht darauf, dass es mir eine Zukunft mit Edo sichert. Vielleicht will ich diesmal schlauer sein, es geht um ungelegte Eier im wahrsten Sinne des Wortes und darum, dass, nachdem ich Erbse verplant hatte, meine Pläne durchkreuzt wurden. Ich halte mich für annähernd stabil, was meine psychische Gesundheit angeht, und auch mit Edo läuft es ziemlich gut. Das Bett ist wieder warm, und er sagt mir »gute Nacht« und manchmal sogar »ich liebe dich«.
    Dick eingepackt sitze ich nun auf der Terrasse, trinke meinen Milchkaffee und halte das Gesicht in die verklemmte Frühlingssonne. Er tut sich schwer in diesem Jahr, der Frühling, dabei soll es ja bald schon wieder Sommer werden. Nur die blöden Vögel, denen ist es egal, ob es draußen nur lächerliche zwölf Grad hat, die sehen nur: »aha, kein Schnee mehr«, und legen los mit ihrem blöden Gezwitscher. Ich will jetzt nicht sagen, ich bin dafür, dass es zukünftig in jedem Discounter Schusswaffen zu kaufen gibt, aber heute hätte ich irgendwie gerne eine. Vögel: nerven. Fast muss man fast Angst haben, Erbse könnte aufwachen. Aber sie lässt sich Gott sei Dank nicht stören und schläft weiter unter dem Fliederstrauch. Sie tut ihm gut, dem Strauch, er blüht trotz des vielen Regens und der viel zu kalten Tage. Es ist später Nachmittag, und ich warte auf Edo, der versprochen hat, heute früher Feierabend zu machen, als mein Handy nach Aufmerksamkeit schreit. Ich drücke den grünen Hörer, um das penetrante Klingeln abzustellen.
    »Hallo?«
    Erst höre ich nur ein Atmen. Ein Perverser? Jemand, der mich gleich fragen wird, ob ich Horrorfilme mag? »Hallo?«, frage ich nochmal, etwas zögerlicher. Im Hintergrund beginnt ein Baby zu brüllen. »Lene?« Es ist ein Schuss ins Blaue, immerhin habe ich seit mittlerweile fast einem Dreivierteljahr nichts mehr von ihr gehört. Die Zeit hat’s echt drauf, und es stimmt auch, was man sagt, dass es irgendwann gar nicht mehr wehtut, sozusagen Schwammmm drüber, hahaha! Ich habe wirklich lange nicht mehr an sie gedacht, aber ich kenne sonst niemanden, der ein Baby hat. Entweder Lene – oder der Horrorfilm-Typ ist hauptberuflich Kindergarten-Onkel.
    »Hallo, Puppe.«
    Lene!
    »O, hey«, sage ich und bin fast noch überraschter, als ich es hätte beim Horrorfilm-Typ sein können. »Was machst du denn hier, also in der Leitung?«
    »Ach, ich wollte einfach mal hören, wie es so läuft.« Es läuft wie immer. Und meistens an mir vorbei, haha, aber das sage ich Lene nicht. Am Ende denkt sie noch, es hätte etwas mit ihr zu tun. »Ganz gut eigentlich.« Ohne dich. »Also, um genau zu sein: super! Ja, super!«
    »Schön, schön.«
    »Sagt mein Schwiegervater auch immer«, lache ich. »Und selbst?«
    Lene ist einen Moment lang still, dann stöhnt sie leise. »Na ja, geht so.«
    Geht so? Ich komme nicht umhin, ein bisschen zu grinsen . Machen die gemütlichen DVD -Abende keinen Spaß mehr, arme Lene? Schmeckt dir sein tolles Essen nicht mehr, arme Lene? Ist dein blödes Kind ein Schreibaby, arme Lene? Ha! Hahaha! Es fühlt sich so gut an, dieses Gefühl, der absolute

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