Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Band 1 - Blutspur

Band 1 - Blutspur

Titel: Band 1 - Blutspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
Vom Netzwerk:
letzter Gehaltsscheck war fast aufgebraucht. Wenn ich nicht vorsichtiger war, musste ich Ivy bald zur Bank schicken. Das Geld rann mir noch schnel er durch die Finger als sonst, ohne dass ich gewusst hätte, warum das so war. Es müssen die Taxis sein, dachte ich und schwor mir, öfter den Bus zu nehmen.
    Nick hatte im Glockenturm eine verwaschene Jeans ge-lunden, die ihm al erdings viel zu weit war, sodass ich ihm einen von meinen etwas konservativeren Gürteln hatte leihen müssen. Unser verschwundener Priester war wohl ein kräftiger Mann gewesen. Das graue Sweatshirt mit dem Logo der Universität von Cincinnati passte ebenso wenig, und auch die Arbeitsstiefel waren viel zu groß. Nick hatte sie trotzdem angezogen und stampfte nun darin herum wie ein Frankenstein für Arme. Aber irgendwie, viel eicht wegen seiner Größe und Schlaksigkeit, machte ihn der Gammel ook noch attraktiver. Und er passte gut zu meinem eigenen schlampigen Stil.
    Die Sonne war noch nicht untergegangen, aber da es neblig war, waren die Straßenlaternen schon in Betrieb. Da Nick noch ein paar Worte mit dem Fahrer wechselte, schlug ich den Kragen meines Wintermantels hoch und beobachtete die von den Scheinwerfern zusätzlich erleuchtete Straße. Es war eine dieser ziemlich kalten Frühlingsnächte, aber ich hätte den langen Mantel sowieso getragen, um mein braunes Ginghamkleid zu verbergen. Es war Teil meiner Verkleidung als alte Frau, und ich hatte es ansonsten nur ein einziges Mal getragen - auf einem Mutter-Tochter-Bankett, in das ich mich hatte verwickeln lassen.
    Endlich stieg Nick aus dem Auto, schlug die Tür zu und klopfte noch einmal aufs Wagendach. Der Fahrer winkte ihm kurz zu und fädelte sich in den starken Verkehr ein. In den Stunden der Dämmerung waren die Straßen immer überfül t, da zu dieser Zeit sowohl Menschen als auch Inderlander unterwegs waren.
    »Hey«, sagte Nick, als er mich in dem diffusen Licht musterte. »Was ist mit deinen Sommersprossen passiert?«
    »Ähh. .« Unwil kürlich spielte ich mit dem Ring an meinem kleinen Finger. »Ich habe gar keine Sommersprossen.«
    Nick wol te offenbar etwas erwidern, zögerte dann aber.
    »Wo ist Jenks?«, fragte er schließlich.
    Hastig deutete ich mit dem Kopf auf die andere Straßenseite, wo ein paar Stufen zum Eingang der Bibliothek hinaufführten. »Er ist schon mal vorgeflogen, um die Lage zu checken.« Ich beobachtete die wenigen Leute, die dort ein-und ausgingen. Solche Freitagabend-Lerner legten es doch nur darauf an, auch al en anderen den Spaß zu verderben.
    Nick nahm mich am El bogen, den ich ihm aber sofort wieder entzog. »Danke, aber ich kann schon al eine über die Straße gehen.«

    »Du siehst aus wie eine alte Dame«, murmelte er. »Also hör auf, mit den Armen zu schlenkern, und geh langsamer.«
    Seufzend mäßigte ich mein Tempo, während Nick über die Straße lief, wobei er die hupenden Autofahrer einfach ignorierte. Das hier war das Studentenviertel; wenn wir über den Zebrastreifen gegangen wären, hätte das bloß Aufmerksamkeit erregt. Trotzdem war ich versucht, einigen Typen den Mittelfinger zu zeigen, vergegenwärtigte mir aber gerade noch rechtzeitig, dass so etwas wohl kaum zu einer alten Dame passen würde. Oder viel eicht gerade doch.
    »Bist du sicher, dass dich keiner wiedererkennen wird?«, fragte ich, als wir die Marmorstufen zu den Glastüren hochgingen. Scheiße, kein Wunder, dass alte Leute starben.
    Sie brauchten für al es doppelt so lange.
    »Ganz sicher.« Er hielt mir die Tür auf, und ich schlurfte hinein. »Ich war seit fünf Jahren nicht mehr hier, außerdem trifft man hier freitagsabends sowieso nur auf Erstsemester.
    Und jetzt mach den Rücken krumm und versuch, niemanden anzugreifen.« Ich schenkte ihm ein fieses Lächeln, das er nur mit einem »schon besser« kommentierte.
    Wenn er bis vor fünf Jahren hier gearbeitet hatte, konnte Nick nicht viel älter sein als ich. Ich hatte also richtig gelegen mit meiner Schätzung, auch wenn diese bei den ganzen Narben von den Rattenkämpfen nicht ganz einfach gewesen war.
    Ich blieb im Eingangsbereich stehen, um mich erst mal zu orientieren. Ich mochte Bibliotheken. Sie rochen gut und waren immer so herrlich ruhig. Das fluoreszierende Licht hier vorne war jedoch ein bisschen zu dunkel, wahrscheinlich, da es normalerweise durch das Tageslicht von den großen Fenstern verstärkt wurde, die sich über die ganze Höhe des Gebäudes erstreckten.
    Plötzlich entdeckte ich einen

Weitere Kostenlose Bücher