Band 2 - Blutspiel
wahr?«
Meine Anspannung kehrte zurück. Piscary saß vol kommen entspannt auf einem der beiden Chromstühle. Er trug einen leichten, nachtblauen Hausmantel, die Morgenausgabe der Zeitung lag griffbereit vor ihm auf dem Tisch. Die kräftige Farbe des Gewands passte perfekt zu seiner bernsteinfarbenen Haut. Unter dem Tisch waren seine nackten, schmalen Füße zu sehen, die genauso honigbraun waren wie sein Schädel. Seine ungezwungen-intime Aufmachung machte mich noch nervöser. Na großartig. Das ist genau das, was ich jetzt brauche.
»Nettes Fenster«, sagte ich mit dem Hintergedanken, dass es viel schöner war als das von Trent, dieser Mistkröte. Der hätte das al es hier erledigen können, wenn er gehandelt hätte, als ich ihm sagte, dass Piscary der Hexenjäger war.
Typisch Mann: Nimm, was du kriegen kannst, scheiß auf die Bezahlung und ansonsten lüg, dass sich die Balken biegen.
Piscary verlagerte sein Gewicht, und der Hausmantel öffnete sich ein wenig, sodass ein Knie sichtbar wurde. Ich schaute schnel weg. »Vielen Dank. Als ich noch lebte, habe ich Sonnenaufgänge gehasst, jetzt sind sie die schönste Zeit des Tages für mich.« Ich grinste spöttisch, und er bot mir einen Stuhl an. »Möchten Sie eine Tasse Kaffee?«
»Kaffee? Ich dachte immer, das widerspricht dem Gangsterkodex, mit jemandem Kaffee zu trinken, bevor man ihn umbringt.«
Er sah mich fragend an, und plötzlich wurde mir klar, dass er irgendetwas von mir wol te. Sonst hätte er einfach Algaliarept geschickt und mich schon im Bus töten lassen.
»Schwarz. Kein Zucker.«
Piscary nickte Kisten auffordernd zu und dieser verschwand lautlos. Ich zog mir den zweiten Stuhl heran und setzte mich Piscary gegenüber, meine Tasche behielt ich auf dem Schoß. Dann schaute ich wieder aus dem Fenster und meinte sarkastisch: »Ihr Schlupfwinkel gefäl t mir.«
Der Vampir zog eine Augenbraue hoch. Unwil kürlich wünschte ich mir, ich könnte das auch. Wahrscheinlich war es jetzt zu spät, es noch zu lernen. »Ursprünglich waren diese Räumlichkeiten Teil des U-Bahnnetzes, ein feuchtes Loch unter den Docks. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, finden Sie nicht auch?« Ich antwortete ihm nicht, also fuhr er fort: »Für viele war es das Tor zur freien Welt, und manchmal ist es das immer noch. Nichts befreit einen so umfassend wie der Tod.«
Ich konnte mir einen Seufzer nicht verkneifen. Wie viel von diesem neunmalklugen Scheiß musste ich mir noch anhören, bevor er mich tötete? Piscary räusperte sich, und ich sah ihn an. Plötzlich wurde ich mir der feinen dunklen Haare bewusst, die im Ausschnitt seines Haumantels zu sehen waren, und der muskulösen Beine unter dem Tisch. Die Erinnerung an die überwältigende Lust, die mich mit Kisten im Fahrstuhl ergriffen hatte, stieg in mir auf, zusammen mit dem Wissen, dass sie hauptsächlich durch die Vamp-Pheromone verursacht worden war. Lügner. Mir drehte sich der Magen um, wenn ich daran dachte, dass Piscary mich mit nicht mehr als einem kleinen Geräusch in eine noch schlimmere Verfassung bringen konnte.
Unfähig zu widerstehen, strich ich mir mit der Hand über den Hals, versuchte aber es so aussehen zu lassen, als würde ich mein Haar ordnen. Am liebsten hätte ich die Narbe irgendwie versteckt, aber Piscary nahm das Mal sicherlich bewusster wahr als die Nase in meinem Gesicht. »Sie hätten sie nicht vergewaltigen müssen, nur damit ich hierherkomme«, sagte ich entschlossen. Wut war besser als Angst. »Sie hätten mir auch einfach einen Pferdekopf ins Bett legen können!«
»Ich wol te es tun«, erwiderte er. Seine tiefe Stimme hatte die Macht eines Orkans. »Auch wenn du es viel eicht anders sehen wil st, Rachel, hierbei geht es nicht nur um dich. Auch, aber nicht nur.«
»Für Sie immer noch Ms. Morgan.«
Er nahm meinen Einwand mit einer kurzen, spöttischen Pause zur Kenntnis. »Ich habe Ivy verwöhnt. Die Leute fingen bereits an zu reden, also wurde es Zeit, sie wieder in den Schoß der Familie zurückzuholen. Und es war ein Genuss -
für uns beide.« Bei der Erinnerung daran lächelte er, ließ seine Zähne aufblitzen und seufzte kaum hörbar. »Sie ging viel weiter, als ich beabsichtigt hatte, das war eine angenehme Überraschung. Seit über dreihundert Jahren habe ich nicht mehr so die Kontrol e verloren.«
Ich spürte ein Ziehen im Magen, als er ein kurzes, heftiges Verlangen durch meine Adern schickte. Die Intensität des Gefühls raubte mir den Atem, und ich stel te entsetzt
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