Band 3 - Blutjagd
auf ihre Mutter treffen.
»Komm rein«, sagte Ivy und polterte die sauber gekehrten Treppen hinauf. Ich folgte ihr auf die überdachte Veranda. Sie öffnete die Tür und rief: »Hü Ich bin zu Hause!«
Ich lächelte, als ich vor der Tür anhielt, um mir den Schnee von den Füßen zu stampfen. Mir gefiel es, wenn ihre Stimme so entspannt klang. Ich ging hinein, schloss die Tür und atmete tief ein. Nelken und Zimt - jemand hatte gebacken.
Der große Eingangsbereich war in altem Holz und dezenten Schattierungen von Weiß und Creme gehalten. Er war so nüchtern und elegant wie unser Wohnzimmer warm und zwanglos war. Ein Handlauf aus Zedernholz wand sich stilvol das Geländer der nahen Treppe empor. Es war warm, also knöpfte ich meinen Mantel auf und stopfte meine Handschuhe in die Taschen.
»Das ist Ericas Auto draußen. Sie ist wahrscheinlich in der Küche«, erklärte Ivy und ließ ihre Tasche auf einen kleinen Tisch neben der Tür fal en, der so stark poliert war, dass er aussah wie schwarzes Plastik.
Sie nahm ihren Mantel ab, warf ihn sich über den Arm und steuerte auf einen großen Durchgang auf der linken Seite zu, nur um anzuhalten, als auf der Treppe das Geräusch von Schritten erklang. Ivy sah hoch, und ihre ruhige Miene veränderte sich. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass sie glücklich war. Mein Blick folgte dem ihren zu einer jungen Frau, die gerade die Treppe-herunterkam.
Sie sah aus, als wäre sie um die siebzehn und trug ein dünnes Gothicoberteil, das ihren Bauch freiließ, schwarze Fingernägel und schwarzen Lippenstift. Silberne Ketten und Armreife schwangen überal an ihrem Körper, während sie von Stufe zu Stufe hüpfte, und ließen mich an die eingemerkte Seite in dem Buch denken. Ihr schwarzes Haar war kurz geschnitten und stand in wilden, sorgfältig gestylten Stacheln von ihrem Kopf ab. Sie war noch nicht ganz entwickelt und noch nicht an den richtigen Stel en ausgefül t, aber ich konnte bereits sehen, dass sie einmal genauso aussehen würde wie ihre Schwester: schlank, elegant, raubtierartig und mit gerade genug orientalischem Einschlag, um sie exotisch aussehen zu lassen. Schön zu wissen, dass es in der Familie lag. Natürlich sah sie im Moment einfach nur aus wie ein Vamp-Teenager außer Kontrol e.
»Hi, Erica«, sagte Ivy, drehte um und wartete am Fuß der Treppe auf sie.
»Mein Gott, Ivy«, rief Erica, und ihre hel e Stimme war überladen mit einem aufgesetzten kalifornischen Akzent.
»Du musst mit Daddy reden. Er ist so absolut Big Brother!
Also ob ich nicht den Unterschied zwischen gutem und schlechtem Brimstone kennen würde! Wenn man ihm zuhört, könnte man denken, ich wäre erst zwei und würde noch in Windeln rumkriechen und versuchen, den Hund zu beißen.
Gott! Er ist in der Küche«, fuhr sie nahtlos fort und musterte mich von oben bis unten, ohne ihren Redeschwal zu unterbrechen, »und macht Mum ihre organisch gewachsene, umweltfreundliche, politisch korrekte Dreckstasse Tee, während ich nicht mit meinen Freunden ausgehen darf. Das ist so unfair! Bleibst du? Sie wird bald durchs Haus toben.«
»Nein.« Ivy zog sich zurück. »Ich bin hier, um mit Dad zu reden. Er ist also in der Küche?«
»Jetzt Kel er«, korrigierte Erica. Endlich stand ihr Mund einmal stil . Sie ließ ihren Blick noch einmal prüfend über mich wandern, während ich noch dastand und mich darüber wunderte, wie schnel sie reden konnte. »Wer ist deine Freundin?«, fragte sie schließlich.
Ein leises Lächeln zog Ivys Mundwinkeln nach oben. »Erica, das ist Rachel.«
»Oh!« Ericas braune Augen, die fast völ ig hinter einer Schicht Mascara verborgen waren, öffneten sich weit. Sie trat vor und schnappte sich meine Hand, um sie mit klimpernden Armreifen enthusiastisch zu schütteln. »Ich hätt's wissen müssen! Hey, ich habe dich bei Piscarys gesehen«, sagte sie begeistert und schlug mir so fest auf die Schulter, dass ich einen Schritt nach vorne katapultiert wurde. »Hey, du warst aber richtig trunken. Hast den kurzen Bus genommen, bist mit dem Geist gewandert. Ich habe dich nicht erkannt.« Ihre Augen wanderten über meine Jeans und den Wintermantel.
»Du hattest ein Date mit Kisten? Hat er dich gebissen?«
Ich blinzelte, und Ivy lachte nervös. »Kaum. Rachel lässt sich von niemandem beißen.« Sie ging einen Schritt auf ihre Schwester zu und umarmte sie. Ich fühlte mich gut, als die jüngere Frau die Umarmung sorglos erwiderte, weil sie offenbar nicht wusste, wie selten
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