Band 4 - Blutpakt
damit er mit den Kälteeinbrüchen hier oben klarkommen kann, während wir seinen Sohn gerettet haben.« Okay, eigentlich war es Ceri gewesen, die den Fluch gemacht hatte, aber das musste ich diesem Kerl ja nicht sagen.
Marshai schien beeindruckt, aber dann fragte er: »Und sein Sohn ist Ihr Freund?«
Ich fühlte, wie meine Hände anfingen zu zittern, während ich gegen das verzweifelte Bedürfnis ankämpfte, laut zu schreien. »Nein. Aber Jenks' Sohn war bei ihm. Und er ist nicht mein Freund, sondern mein ehemaliger Freund.«
Marshai musterte erst Jenks, dann mich. Ich wartete mit angehaltenem Atem.
»Bob!«, rief er dann zum Bug des Bootes, und ich versteifte mich. »Komm hier hinter und hilf mir, meine Ausrüstung anzuziehen. Ich nehme Mr. und Ms. Morgan mit auf eine ausgedehnte Tour.« Er schaute mich an und bemerkte meine offensichtliche Erleichterung. »Auch wenn ich nicht weiß, warum«, fügte er leise hinzu.
12
Ich mochte die Kälte nicht. Ich mochte das Gefühl des Wassers nicht, das sich gegen mich presste. Mir gefiel nicht, dass ich so irgendwie mit dem Meer verbunden war, mit nichts als Wasser zwischen dem Ozean und mir. Mir gefiel wirklich nicht, dass ich letzten Monat auf dem Klassikerkanal
»Der weiße Hai« gesehen hatte. Zweimal.
Wir waren schon eine Weile unterwegs gefangen zwischen dem Grau der Wasseroberfläche und dem Grau des unsichtbaren Seegrundes, tief genug, dass uns ein vorbeifahrendes Boot nicht verletzen konnte, aber nicht so tief, dass das Licht ausgefiltert wurde. Marshai war offensichtlich nervös, weil er die Sicherheit der Tauchboot-Flagge verlassen hatte, aber er war noch jung genug, um die Regeln zu brechen, wenn ihm danach war. Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum er mir half. Das Leben hier war wohl sonst nicht so aufregend.
Das klaustrophobische Gefühl des Unter-Wasser-Atmens hatte ein wenig nachgelassen, aber es gefiel mir trotzdem nicht. Marshai hatte auf dem Boot einen Kurs festgelegt und al es, was wir tun mussten, war, ihm anhand des Kompasses in unserer Luftdruckmessanzeige zu folgen. Jenks schwamm voraus, ich folgte als zweite und Marshai bildete die Nachhut. Trotz der Amulette war es kalt, und ich wurde immer dankbarer für die Zauber, je weiter wir kamen.
Marshai hatte von der ganzen Sache nichts, außer einer schönen Geschichte, die er noch nicht einmal jemandem erzählen konnte. Er hatte sich nur eine Sache ausbedungen, und ich hatte sofort zugestimmt.
Er würde uns unentdeckt zur Insel bringen, aber er würde seine Ausrüstung wieder mit zurücknehmen. Es war nicht so sehr, dass er sich Sorgen darum machte, in Form der Ausrüstung Geld zu verlieren, sondern vielmehr, dass Jenks und ich versuchen könnten, durch die Fahrrinne zurückzuschwimmen, um dort von einem Tanker zu Fischfutter zerstückelt zu werden. Der Grund war gut genug, aber ich hatte nicht wegen meiner, sondern wegen Marshals Sicherheit zugestimmt.
Ich wol te, dass er in Sicherheit war. Er lebte hier. Wenn ich gefangen genommen werden sol te und die Werwölfe vermuteten, dass er uns geholfen hatte, hätten sie es viel eicht auch auf ihn abgesehen.
Ich hatte ihm im Gegenzug das Versprechen abgenommen, zu seinem Schiff zurückzutauchen, den Tauchgang zu beenden und in den Hafen zurückzukehren, als wäre nichts passiert.
Ich hatte ihn außerdem gebeten, mich zu vergessen, aber selbstsüchtigerweise hoffte ich, dass ihm das nicht gelingen würde. Es hatte Spaß gemacht, mit jemandem über Zauber zu reden, der sie für seinen Lebensunterhalt anfertigte. Das passierte mir nicht besonders oft.
Langsam verstärkte sich das Licht, das vom sich hebenden Boden reflektiert wurde, und erhel te das Wasser um mich herum. Adrenalin schoss in meine Adern, als mir klar wurde, dass wir die Insel erreicht hatten. Die Strömungen sorgten dafür, dass die Bruchkante abrupt war. Ungefähr zehn Meter vor der Küste hielten wir an und stel ten unsere Flossen auf die glatten, faustgroßen Steine, aus denen der Grund bestand.
Erster Schritt - erledigt, dachte ich, als ich die Oberfläche durchbrach. Mein Puls raste vom Stress des Tauchgangs.
Marshai hatte uns vorgewarnt, aber es hatte mich trotzdem überrascht. Mit der gemächlichen Geschwindigkeit eines Fisches vorwärts zu schwimmen klang einfacher, als es war.
Meine Beine fühlten sich an wie Gummi, der Rest meines Körpers wie Blei.
Die Rückkehr zu Wind und Geräuschen war ein Schock. Ich spähte durch meine angelaufene Tauchermaske zur leeren
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