Band 5 - Blutlied
untergegangen war?
»Die Sonne?« AI schaute nach oben, nahm seine Sonnenbril e ab und ließ sich genussvol die Sonne ins Gesicht scheinen. »Sie ist wirklich überaus schön ohne den roten Schein. Ich mag sie.« Sein Blick fiel auf mich, und ich erschauderte. »Denk drüber nach.«
Zu einhundert Prozent Lee, aber nicht Lee? Das ließ nur noch eine Möglichkeit. Und auch wenn ich am Montag noch behauptet hätte, es wäre unmöglich, fand ich es jetzt, nachdem ich vor gerade mal drei Tagen einen Dämon aus meinen Gedanken gestoßen hatte, sehr leicht zu glauben.
»Du hast Besitz von ihm ergriffen«, sagte ich und fühlte, wie sich mein Magen verkrampfte.
Lee klatschte in die Hände. Er trug weiße Handschuhe, und es sah falsch aus, oh so falsch.
»Das kannst du nicht tun«, sagte Trent hinter mir. »Es ist ein. .«
»Märchen?« AI schnippte eine imaginäre Staubflocke von seinem Ärmel. »Nein, nur sehr teuer und normalerweise unmöglich. Es sol te normalerweise auch nicht über den Sonnenaufgang hinaus halten. Aber dein Vater?« AI schaute von Trent zu mir und wieder zu Trent. »Er hat Lee zu etwas Besonderem gemacht.«
Sein Tonfal war gleichzeitig spöttisch und aufrichtig, und mir wurde kalt. Lees Blut konnte Dämonenmagie entzünden.
Wie meines. Oh super. Einfach supertol genial. Aber Lee war klüger. Er wusste, dass AI mich nicht verletzen und damit durchkommen konnte. Da war noch mehr. Wir hatten noch nicht al es gehört.
Ich konnte den sauberen Geruch von zerdrückten grünen Blättern riechen, und mir ging auf, dass Trent schwitzte. »Du hast ihn überlistet«, sagte Trent, und die Sorge in seiner Stimme war deutlich zu hören. Ich nahm nicht an, dass es Angst um sich selbst war. Ich glaube, dass er wirklich besorgt war, dass sein Freund aus Kindertagen am Leben war und von einem Dämon in seinem eigenen Kopf gefangen gehalten wurde.
AI setzte seine Sonnenbril e wieder auf. »Ja, ich habe das bessere Geschäft gemacht bei diesem Handel. Aber ich befolge die Abmachung buchstabengetreu. Er wol te raus.
Ich habe ihm seine Freiheit gegeben. Sozusagen.«
»Lee«, sagte Trent und trat ein wenig vor. »Kämpf dagegen an!«
AI lachte, und ich zog Trent wieder zurück. »Lee ist weg«, sagte ich. Mir war übel. »Vergiss ihn.«
»Ja, hör auf die Hexe.« AI tupfte sich mit einem eleganten Tuch, das er aus der Tasche zog, den Augenwinkel. Er benutzte nicht das Jenseits. Die Sonnenbril e war auch in einer Tasche gewesen. Seine Fähigkeiten waren auf Lees Fähigkeiten begrenzt. Das passte zu dem, was Ceri darüber gesagt hatte, dass Dämonen nicht mächtiger waren als Hexen, wenn man von mehreren Jahrtausenden in sich gespeicherter Zauber und Flüche absah. Wenn er wirklich in Lees Körper war, dann war er auf das beschränkt, was Lee tun konnte, bis er sich wieder zurück in die Al macht kochte.
Sehr teuer. Normalerweise unmöglich. Al das deutete auf eine Person hin. Eine irre Person. »Newt hat das gemacht, oder nicht?«
Jenks fluchte leise, und AI wirbelte herum. Seine Wut sah auf Lees Gesicht völ ig falsch aus. »Du wirst enervierend scharfsichtig«, sagte er. »Ich hätte es auch selbst herausfinden können.«
»Warum hast du das dann nicht getan?«, fragte ich, und Angst ließ mich al e Muskeln anspannen. »Du kannst keinen Fluch winden, der komplex genug ist, um gegen die Sonne anzukommen. Du bist ein Stümper«, stichelte ich. Jenks'
Flügel summten.
»Rachel, halt die Klappe«, flehte er, als AI rot anlief. Aber ich drängte weiter, weil ich wissen wol te, warum er hier war.
Mein Leben konnte davon abhängen.
»Du musstest einen Fluch von ihr kaufen«, stichelte ich.
»Wie viel hat er gekostet, AI? Was wil st du, wozu du zu dumm bist, um es auch al ein zu kriegen?«
Er starrte mich durch die wabernden Schichten meines Schutzkreises hindurch an, und ich unterdrückte ein Zittern.
»Dich«, sagte der Dämon, und mir wurde eiskalt. »Wenn er mir eine Chance auf dich verschafft, dann ist er meine unsterbliche Seele wert«, intonierte er. Seine Stimme durchschnitt mich und ließ einen schlechten Geschmack in meinem Mund zurück.
Ich weigerte mich zurückzuweichen, sondern war wie betäubt. Ich atmete ein paarmal ein und aus, und Quens Anwesenheit war plötzlich deutlicher zu spüren. »Das kannst du nicht«, sagte ich mit zittriger Stimme. »Du hast einen Vertrag geschlossen. Du oder deine Vertreter können mich auf dieser Seite der Linien nicht verletzen. Lee weiß das. Er würde
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