Band 5 - Blutlied
überrascht hatte. Schlecht gelaunt rückte er sein Hemd wieder zurecht. »Die Sonne steht am Himmel, Morgan. Ich kenne ein paar Regeln über Dämonen, und das ist eine, die nicht zu brechen ist. Lee ist entkommen.
Was hast du erwartet? Er ist ein Experte in Kraftlinienmagie.
Krieg deine Eifersucht unter Kontrol e.«
»Eifersucht?«, bel te ich und konnte es einfach nicht glauben. »Wil st du dein Leben darauf verwetten?« Lee kam immer noch auf uns zu. Ich streckte eine Hand aus und schrie: »Bleib genau da stehen! Ich befehle dir, stehen zu bleiben!«
Lee blieb gehorsam drei Meter vor uns stehen, und sein schwarzes Haar glänzte in der Sonne. Er zog eine runde Sonnenbril e aus der Hosentasche und schob sie sich auf die kleine Nase, sodass seine braunen Augen verborgen waren.
Mit weit ausgebreiteten Armen, die einen Hauch von zu Unrecht beschuldigter Unschuld signalisierten, verbeugte er sich leicht. »Schönen Nachmittag, Rachel Mariana Morgan.
Du siehst mit der Sonne auf deinen Haaren einfach zum Auffressen aus, Liebes.«
Jegliches Blut verließ mein Gesicht, und ich trat vorsichtig einen Schritt nach hinten. Es war nicht Lee. Es war AI. Die Stimme war Lees, aber der Tonfal und die Aussprache waren Algaliarepts. Wie?
»Heilige Scheiße! Es ist AI!«, quietschte Jenks und klammerte sich fester an mein Ohr.
»Schaff ihn in die Kirche«, zischte ich Quen zu. Ich fühlte mich verraten und bekam fast die Panik. Die Sonne stand am Himmel! Das war nicht fair. Hinter mir hörte ich eine Auseinandersetzung und Trents entrüsteten Widerspruch.
Verdammt, dachte ich. Das hier ist kein demokratischer Ab-stimmungsprozess. »Schaff ihn hier weg!«, brül te ich.
Als Lächeln wurde breiter, und er trat einen Schritt auf uns zu.
Die Zeit wurde knapp. Ich warf mich nach vorne, sodass meine Unterarme auf das Pflaster schlugen und meine Zehen den Rest meines Körpergewichts trugen. »Rhombus!«, schrie ich. Mir traten Tränen in die Augen, als der Kies auf dem Parkplatz sich in den weichen Teil meines Arms bohrte, aber gleichzeitig fühlte ich den Abfal der Macht in mir.
Bernsteinfarbenes Jenseits erhob sich aus der Erde und schloss sich über unseren Köpfen.
Schmerzgeplagt senkte ich meine Knie auf den Asphalt und stand langsam auf, wobei ich mir den Kies von Armen und Knien wischte. Verdammt noch mal, ich hatte Ceris Geschenk kaputt gemacht. Ich schaute erst zu AI - der leicht beleidigt dreinschaute - und dann zu Trent und Quen, die sicher mit mir im Schutzkreis standen.
Der ältere Elf hielt sich steif. Es war offensichtlich, dass es ihm nicht gefiel, in meiner Blase zu sein - auch wenn sie groß war. Mit angespanntem Gesicht ließ er seine Augen über den Dämonenschmutz auf meiner bernsteinfarbenen Kapsel gleiten. In der Sonne sah es besonders scheußlich aus, und nachdem Quen selbst Kraftlinienmagie praktizierte, wusste er, dass das Schwarz ein Spiegel dessen war, was ich meiner Seele angetan hatte - und dass der einzige Weg, wie ich so schnel so viel davon erwerben konnte, darin bestand, mit Dämonenmagie zu spielen.
Wütend wich ich zurück. »Ich habe es bekommen, weil ich einen Dämonenfluch gewunden habe, um das Leben meines Freundes zu retten«, erklärte ich. »Ich habe nichts getötet.
Ich habe niemandem wehgetan.«
Quens Gesicht war völ ig ausdruckslos. »Du hast dich selbst verletzt«, meinte er.
»Yeah, wahrscheinlich schon.«
Trent scharrte mit den Füßen. »Das ist nicht Lee«, flüsterte er mit bleichem Gesicht.
Jenks landete wieder auf meiner Schulter - er hatte abgehoben, als ich mich nach vorne geworfen hatte. »Guter Gott, der Mann ist dämlicher als Tinks Dildo. Habe ich nicht gesagt, dass er es nicht ist? Haben sich meine Lippen nicht bewegt und mitgeteilt, dass er es nicht ist? Ich bin klein, aber nicht blind!«
AI gewann ein wenig von seiner Souveränität zurück und lächelte. Trent wich hinter Quen zurück, was ihn gleichzeitig weiter von AI und mir entfernte. AI hatte Trent in derselben Nacht schwer verletzt, in der er auch mich angegriffen hatte; Trent hatte jedes Recht, Angst zu haben. Aber die Sonne stand am Himmel. Das konnte einfach nicht passieren.
Wir al e zuckten zusammen, als AI mit einem Finger in meine Blase stach. Das Schwarz schien sich dort zu sammeln.
»Nein, nicht Lee«, sagte der Dämon. »Und doch ist er es.
Einhundert Prozent er.«
»Wie?«, stammelte ich. Waren wir verzaubert worden zu glauben, dass es Tag war, obwohl in Wirklichkeit die Sonne schon
Weitere Kostenlose Bücher