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Band 6 - Blutnacht

Band 6 - Blutnacht

Titel: Band 6 - Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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sagte ich, als ich mir den blauen Frotteestoff über die Schultern zog und mit einer hastigen Bewegung den Gürtel band. Aber David, immer der Gentleman, hatte sich Richtung Flur umgedreht. Ich fühlte mich tol patschig, als ich eine Kiste vom oberen Brett meines Schrankes zog und sie auf mein Bett fal en ließ. Nicht dass wir eine Menge nackte Männer in unserer Kirche zu sehen bekämen, aber ich hatte Jenks' alte Klamotten aus der Zeit, als er menschliche Größe gehabt hatte, auch nicht wegwerfen wol en.
    Der Geruch von wilden Möhren stieg zu mir auf, als ich die Kisten aufmachte. Während meine Finger durch den Stoff gruben, ließ mein leichtes Kopfweh nach und der Duft von wachsenden Dingen und Sonnenschein erfül te den Raum.
    Jenks roch gut, und auch Waschen hatte den Geruch nicht getilgt.
    »Hier«, sagte ich, als ich den Trainingsanzug gefunden hatte, und hielt ihn ihm entgegen.
    Mit verlegenem Blick nahm David ihn vorsichtig ins Maul, bevor er in den dunklen Flur tapste, auf dessen Eichendielen nur das Licht aus Wohnzimmer und Küche ein paar Sonnenflecken bildete. Ich schlurfte ins Bad und dachte darüber nach, dass er sich wahrscheinlich aus seinem Auto ausgesperrt hatte, in dem seine Wechselkleidung war - was mich neugierig machte, wo genau die Damen abgeblieben waren. David schien nicht besorgt, und ich wusste, dass er das wäre, wenn auch nur eine von ihnen ein Problem hätte.

    Dann fragte ich mich, woher David wusste, dass ich keine Verabredung zum Kaffee hatte, wo ich ihm doch eigentlich nicht mal erzählt hatte, dass ich eine hatte. Ich kam ins Bad und schloss leise die Tür, um die anderen, die noch schliefen, auch schlafen zu lassen. Es war schon fast die goldene Mittagsstunde, zu der die Kirche einmal ruhig war -Ivy und ich noch im Bett und die Pixies gerade dabei, ihr vierstündiges Nickerchen zu machen.
    Hinter der Tür hing mein Kostüm, und der Bügel schlug gegen das Holz. Schnel hielt ich es fest und lauschte auf das Klappern von Pixie-Flügeln. Ich betastete das feine Leder und konnte nur hoffen, dass ich eine Gelegenheit bekommen würde, es zu tragen. Bis ich denjenigen erwischt hatte, der AI freisetzte, war ich im Dunkeln so gut wie im Haus eingesperrt. Und Hal oween war kein Feiertag, den man verpassen sol te.
    Seit dem Wandel - den alptraumhaften drei Jahren, die gefolgt waren, nachdem die übersinnlichen Völker sich zu erkennen gegeben hatten - war der Feiertag immer wichtiger geworden, so dass er jetzt eine ganze Woche lang begangen wurde, eine inoffiziel e Feier des Wandels selbst.
    Der Wandel hatte eigentlich im Spätsommer Sechsundsechzig begonnen, als die Menschheit anfing, an einem Virus zu sterben, das in genmanipulierten Tomaten über die Welt getragen worden war, die eigentlich dafür vorgesehen waren, die hungernde Bevölkerung der dritten Welt zu ernähren. Aber gefeiert wurde er an Hal oween. Das war der Tag, an dem die Inderlander beschlossen hatten, sich zu erkennen zu geben, bevor die Menschheit uns al ein durch die Frage »Warum sterben die nicht?« fand. Man hatte angenommen, dass Hal oween die Panik etwas lindern würde, und so war es auch gewesen. Der größte Teil der überlebenden Menschenpopulation hatte es für einen Scherz gehalten, und das hatte das Chaos für ein oder zwei Tage minimiert, bis ihnen klarwurde, dass wir sie gestern nicht gefressen hatten und es wahrscheinlich auch heute nicht tun würden.
    Sie hatten trotzdem einen ziemlichen Kol er bekommen, aber zumindest hatte er sich gegen die Genetiker gerichtet, die aus Versehen die tödliche Frucht generiert hatten, und nicht gegen uns. Niemand war je so taktlos gewesen, den Feiertag offiziel auszurufen, aber al e nahmen sich eine Woche frei. Menschliche Chefs sagten nichts, wenn ihre Inderlander-Angestel ten sich krank meldeten, und niemand erwähnte den Wandel. Al erdings warfen wir Tomaten statt Eier, legten sie geschält in Schüsseln und nannten sie Augäpfel, stapelten sie vor unseren Häusern neben den geschnitzten Kürbissen auf und bemühten uns generel darum, die menschliche Bevölkerung anzuwidern, welche die längst nicht mehr tödliche Frucht immer noch nicht anfasste.
    Wenn ich die Nacht über in der Kirche bleiben musste, wäre ich ganz schön sauer.
    Als ich, kurz gewaschen, auf die Küche zuhielt, hatte David sich schon verwandelt und saß am Tisch. Der Kaffee war aufgesetzt und vor ihm standen zwei leere Tassen. Der Hut, den er gestern vergessen hatte, lag neben ihm, und der Werwolf

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