Banditenliebe
Lächelnd tippte sie eine Mail. Ich war sofort nach Hause gegangen, um Virna von derselben Adresse aus zu schreiben, über die ich mit Max und Beniamino in Kontakt stand.
Sie hatte geantwortet, dass sie mich besuchen wolle, aber dass ich ihr vertrauen und ihr mein Versteck zeigen müsse. Nach ein paar Wochen holte ich sie am Bahnhof ab. Sie war verändert. Mit dem dicken Bauch fand ich sie noch attraktiver.
»Ja, Wahnsinn, du bist schwanger!«
»Darum habe ich ja auch geheiratet!«
»Und wer ist der Glückliche?«
»Ein anständiger Mann, mit dem man ein Kind großziehen kann.«
»Von Liebe höre ich nichts?«
»Du hast mich noch nicht mal umarmt, und schon gehst du mir auf die Nerven?«
»Entschuldige«, stotterte ich und nahm sie in die Arme. »Ich war einfach ein bisschen überrascht.«
»Ich bin müde. Bring mich nach Hause.«
Dort zog sie sich aus und legte sich aufs Bett, um sich auszuruhen. Ich näherte mich und legte ihr das Ohr auf den Bauch.
Virna griff mir mit der Hand ins Haar. »Jetzt schläft es.«
»Im wievielten Monat bist du?«
»Im fünften.«
»Junge oder Mädchen?«
»Mädchen.«
»Und bist du glücklich?«
»Ja.«
»Ist es so passiert, oder habt ihr es geplant?«
»Es wurde Zeit; eine Schwangerschaft in meinem Alter ist kein Spaziergang mehr.«
»Aber du nimmst die Mühe auf dich, alte Lieben zu besuchen?«
»Ich hatte einfach Lust, dich zu sehen«, schnurrte sie und suchte meine Umarmung.
So verharrten wir schweigend. Ich war angenehm verwirrt. Mir war klar, dass sie nicht die geringste Absicht hatte, in mein Leben zurückzukehren, aber sie wollte mich aus ihrem offenbar nicht ausschließen. Im Gegenteil, sie hatte beschlossen, einen Ort ganz für uns zu schaffen. Das sollte mir genügen, es war mehr, als ich erhofft hatte.
Nach einer Weile stand sie auf und ging ins Bad. Als sie wiederkam, war sie vollkommen nackt. Ich kannte diese Art zu atmen und sich die Lippe zu beißen, und ich zog mir die Hose aus. Virna legte sich mitten aufs Bett, nahm mich bei den Schultern und schob mich zu ihrem Bauch hinunter. »Weißt du noch, wie ich es mag?«
Nach der Geburt der Kleinen kam sie wieder, um sie mir zu zeigen.
»Das ist Emma.«
»Ciao, Emma«, stammelte ich peinlich berührt. Die wehrlose Unschuld von Kindern hatte immer diese Wirkung auf mich. In meiner Welt gab es das sonst nicht.
Virna lachte fröhlich. »Du solltest dich mal sehen!«
Später sah ich zu, wie sie Emma stillte. Als sie fort waren, blieb ihr Duft mir noch ein paar Tage zur Gesellschaft.
Dann sah ich sie einmal pro Monat wieder.
»Was erzählst du eigentlich deinem Mann?«, fragte ich sie irgendwann.
»Ganz gewiss nicht die Wahrheit«, beschied sie mir kurz. »Er würde es nicht verstehen, und ich will ihn nicht verlieren. Ich liebe ihn. Dich liebe ich auch, Marco, aber anders. Ihr beiden seid die Männer meines Lebens.«
»Und darf ich dir sagen, dass ich dich liebe?«
»Nein. Du musst einfach still sein. Sonst riskierst du, alles kaputtzumachen.«
Stimmt ja. Von Frauen hab ich nie was verstanden.
Meine beiden Freunde hingegen hatte ich bis zu diesem Tag nie wiedergesehen. Es war hart, wir waren alle drei gerührt, ließen uns aber nicht gleich gehen. Erst mussten wir wichtige Entscheidungen treffen, dann auf unsere Freundschaft anstoßen. Der Alkohol sollte dann den Worten ans Licht helfen, die in der Kehle stecken geblieben waren, und dann würde auch der Moment der Vertraulichkeiten kommen. Ich konnte es gar nicht erwarten, von Virna zu berichten.
»Ich habe nicht so viel ausgegeben«, sagte der Dicke zu Rossini. »Wenn du Flüssiges brauchst …«
»Ich hab auch noch was auf der Seite«, schaltete ich mich ein.
»Ich danke euch, aber ich habe beschlossen, einen Coup zu landen. Ich habe einen Tipp für eine todsichere Sache, die uns für einige Zeit unser Auskommen sichern dürfte.«
»Warum redest du im Plural? Wir sind keine Räuber. Sind wir nie gewesen.«
»Macht nichts, ihr müsst euch eben anstrengen, unbewaffnet, versteht sich«, entgegnete Beniamino. »Es kann derart viel einbringen, dass wir saniert wären. Und es verlangt kaum Investitionen.«
Ich wechselte einen Blick mit Max. Nach siebenhundertsiebenunddreißig Tagen, an denen er sich mit Leib und Seele Sylvie gewidmet hatte, wollte der alte Rossini in den Krieg ziehen gegen diejenigen, die uns erst wie Hampelmänner hatten strampeln lassen und dann zur Flucht gezwungen hatten. Er hatte sich sehr vorsichtig ausgedrückt, keine
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