Banditenliebe
brutaler Typ. Ich musste ihn zu dem Glauben bringen, dass er mich jederzeit linken konnte.
Er gab mir mit einem großen Lächeln die Hand. Dann drehte er sich zum Tresen und bestellte ein Bier, das blitzartig kam.
»Morched sagt, du suchst gewisse Waren«, sagte er im Plauderton.
»Nein«, beschied ich kurz. »Das war nur ein Vorwand, um Kontakt zu dir aufzunehmen.«
Er faltete die Hände. »Wenn du mich verarschen willst, bist du hier falsch.«
»Das würde ich mir nie erlauben. Ich will dir eine andere Art Geschäft vorschlagen.«
»Ich höre.«
»Fatjion Bytyçi. Meine Freunde und ich haben mit seinem Tod nichts zu tun.«
Sein Gesichtsausdruck wechselte jäh. Ich hatte ihn überrumpelt. Bis jetzt hatte er gedacht, Schicksal und Naivität hätten mich zu ihm geführt. Sein Plan war, so zu tun, als wolle er mir die Drogen verkaufen, und mir dann das Geld abzunehmen, mich zu foltern, mir den Aufenthaltsort meiner Freunde abzupressen und mich dann umzubringen.
»Und warum erzählst du das ausgerechnet mir?«
»Wir wissen, dass du uns gesucht hast. Und wohl nicht, um uns auf ein Glas einzuladen.«
Er steckte es ein. Jetzt sah er, dass ich eine Menge wusste. Er wollte Genaueres erfahren. »Ich sehe kein Geschäft in dem, was du erzählst.«
»Dabei gibt es eins, und es kann dein Leben verändern. Wir bieten dir nicht weniger als den Kopf des Auftraggebers. Damit stehst du vorm Boss und der Familie gut da. Vielleicht verhilft es dir sogar auf Florian Tudas Posten. Und wenn du deinen Leuten klarmachst, dass wir nichts damit zu tun haben, machen wir dich reich.«
Er zuckte mit den Schultern, als wäre er nicht interessiert. Er brauchte Zeit, um sich von der Überraschung zu erholen und in Ruhe zu überlegen. »Ich verstehe noch nicht, ob du diese Ware jetzt willst oder nicht.«
»Nein.«
»Dann haben wir einander nichts mehr zu sagen.«
Ich stand auf. »Denk drüber nach, Arben«, sagte ich. »Gelegenheiten wie diese gibt es nur einmal im Leben.« Auf der fleckigen Tischdecke hinterließ ich ein winziges Stückchen Papier mit einer Telefonnummer.
Er regte keinen Muskel, sondern sah durch mich hindurch, als gehörte ich zur Einrichtung. Ich zog Jacke und Mantel an und ging. Nach fünfzig Metern hielt ich inne, um mir eine Zigarette anzuzünden. Wie gedacht, hatte Arben mir einen seiner maghrebinischen Handlanger nachgeschickt.
Ich ging quer über den Platz Richtung Ponte Molino, dann bog ich in ein Gewirr alter Sträßchen ein. Hier musste er näher aufschließen und war so beschäftigt, dass er Rossini nicht bemerkte, der ihn an die Säule einer Arkade gelehnt erwartete. Er schlug ihm mit dem Pistolenknauf voll ins Gesicht. Zweimal. Er fiel um, Ende der Beschattung.
»Wie ist es gelaufen?«, fragte Beniamino, als er bei mir war.
»Ich denke, er hat angebissen.«
»Und die Gier wird ihn ficken.«
»Hoffen wir’s.«
Wir trafen Max La Memoria an einer Straßenecke in einem anderen Viertel. Er trug alle möglichen Einkaufstaschen.
»Ich habe Lust zu kochen«, erklärte er.
So kehrten wir in unseren Luxusunterschlupf zurück. Der Dicke ging in die Küche, Beniamino in sein Zimmer für eines jener langen und entmutigenden Gespräche mit Sylvie, ich pflanzte mich vor den Fernseher und zappte herum. Auf einem Musikkanal lief eine wahnsinnig langweilige Sendung über die jüngsten Kapriolen von Amy Winehouse. Ich hätte sie lieber singen gehört. Die Stimme von dem Mädchen gefällt mir ausgezeichnet, und ihre Interpretation von Back to Black ist einfach fantastisch.
Ich bekam Lust auf guten Blues und rief Edoardo »Catfish« Fassio an, der immer weiß, was in der Welt der Teufelsmusik gerade läuft.
»Claudio Bertolin spielt heute Abend in einem Weinladen in Castelfranco Veneto, und soweit ich weiß, erwägt er, den Abend aufzunehmen.«
»Dann darf ich ihn nicht versäumen.«
»Es wäre nicht der erste Unsinn in deinem Leben.«
Max spickte gerade einen Schweinsbraten von beeindruckenden Ausmaßen mit Speck. »Ich gehe ein bisschen gute Musik hören, nach all der Enthaltsamkeit.«
Der Dicke blickte auf. »Hast du mit Beniamino darüber geredet?«
»War was anderes geplant?«
»Er wollte einen Blick aufs Büro und das Haus von Stojkovi ć werfen.«
»Dafür müssen wir doch nicht zu dritt sein. Ich hab mir heut schon diesen Idioten von Arben antun müssen.«
»Da hast du recht.«
Ich sah ihm ein wenig zu. Seit wir uns in Lugano wiederbegegnet waren, hatte ich noch nie von der Vergangenheit
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