Banditenliebe
Lippen.
»Du gehst zu Arben und sagst, dieser Typ, den du kennst, Marco Buratti, hat dir fünftausend Euro gegeben, um bei verschiedenen Händlern Heroin und Koks zu kaufen, einfach, weil er die Qualität überprüfen will, denn er sucht ein paar Kilo Stoff.«
Der Dealer nickte. »Dann wird er neugierig und will den Käufer persönlich kennenlernen.«
»Du begreifst schnell.«
»Es gibt Bessere in der Stadt als Arben.«
»Du meinst welche, die dir gegenüber großzügiger sind … ich verhandle nur mit ihm.«
Morched streckte die Hand aus, die Fläche nach oben, um das Geld entgegenzunehmen. »Aber beschwert euch dann nicht, dass Arben euch gelinkt hat.«
Ich zählte in aller Ruhe die Scheine ab und schrieb eine Telefonnummer auf einen gebrauchten Busfahrschein. »Sag ihm, ich komme nur zu Treffen an öffentlichen Orten.«
Beniamino öffnete seinen Mantel und zeigte ihm die beiden Colts in den Holstern. »Ich weiß, wir haben die Krise und fünftausend ist viel Geld, aber wenn du es unterschlägst oder was Falsches sagst, dann finde ich dich und schieße dich ab.«
Morched wandte sich an den Dicken: »Hab ich dich je enttäuscht oder betrogen, Freund?«
»Nein, darum zahlen wir ja auch im Voraus. Aber bis jetzt hab ich mit dir nur Geschäfte um zwei-, dreihundert Euro gemacht, und vielleicht denkst du ja, du kannst uns bescheißen.«
Der Tunesier breitete resigniert die Arme aus. »Was für eine Welt ist das bloß geworden? Man darf nicht mehr verhandeln, man wird grundlos geschlagen und bedroht. Wisst ihr, wessen Schuld das ist? Eure. Wenn ihr Italiener die Grenzen nach Osten nicht aufgemacht hättet, wären wir nicht an diesem Punkt. Das sind böse Leute, die alles kaputtmachen, aber ihr habt sie ja unbedingt hier haben wollen.«
»Du redest mit Arben nur über mich. Meine Freunde hast du nie gesehen.«
»Wisst ihr, dass ihr sehr kompliziert seid? Ich weiß wirklich nicht, ob ich Lust habe, für euch zu arbeiten!« Und er zog murmelnd und gestikulierend ab.
»Musstest du ihn wirklich bedrohen?«, fragte ich Rossini, während wir zum Wagen gingen.
»Vielleicht nicht, aber er ist ein gescheiterter Krimineller und lebt in der Vergangenheit.«
›Und er ist ein Dealer‹, dachte ich, denn ich kannte die Abneigung des Schmugglers gegen diese Typen. Immerhin, Morched tat, wofür wir ihn bezahlt hatten, zwei Stunden später rief er an: Das Treffen mit Arben war für zehn Uhr am nächsten Morgen in jener Kneipe an der Piazza Massini anberaumt, wo ich jetzt darauf wartete, dass Seine Majestät Alshabani sich mir zu zeigen geruhte.
Ich winkte eine der Marokkanerinnen heran, die langsam hinterm Tresen hervorkam und schmollend zu meinem Tisch schlich. Ich deutete auf die Tür, die nach hinten führte und an der eine alte Beschriftung darauf hinwies, dass der Zugang für Gäste untersagt sei.
»Ich weiß, dass Arben da drin ist. Sag ihm, in zwei Minuten gehe ich.«
»Warum gehst du nicht auf die Toilette und machst Pipi? Vielleicht ist er hinterher hier und wartet auf dich.«
Der Kosovare wollte sich versichern, dass ich nicht verwanzt war, aber auf dieses Klo zu gehen konnte auch bedeuten, sich einen Messerstich oder einen Schuss einzuhandeln. Als der Tunesier ihm meinen Namen sagte, musste ihm das Todesurteil gegen Beniamino eingefallen sein.
Ich schüttelte den Kopf. »In zwei Minuten bin ich weg«, wiederholte ich entschlossen.
Die Frau verschwand hinter der Tür. Ich stand auf und zog die Jacke aus. Jetzt war ich in Hemdsärmeln. Dann nahm ich den Akku aus meinem Handy. Eine Wanze konnte trotzdem noch an mir versteckt sein, aber es war eine Geste des guten Willens. Arben schien sie zu schätzen zu wissen und ließ sich endlich sehen.
Ich sah mich einem Mann gegenüber, der mit den Erkennungsfotos wenig gemein hatte. Er trug nicht mehr die kurzen Haare, die bei den Ex- UCK lern üblich waren, sondern sie fielen ihm bis auf die Schultern und ließen ihn jünger aussehen als die sechsunddreißig, die in den Unterlagen seines Anwalts genannt waren. Die nahe beieinanderstehenden Augen, getrennt von einer schmalen, aber auffälligen Nase, verliehen ihm kein allzu helles Aussehen, doch daran, wie er mich betrachtete, erkannte ich gleich, dass man ihn nicht unterschätzen sollte.
Ich entdeckte einen Funken Schläue in seinem Blick, der mir klarmachte, dass er den Posten des Vizes im Felde errungen hatte. Erst im Kosovo in der Guerilla gegen die Serben, dann im »Familienunternehmen«. Ein listiger und
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