Bangkok Tattoo
glaube, sie hat hin und wieder japanische Kunden. Könnte aber sein, daß sie gerade beschäftigt ist.«
Ich stecke Salee einen Hundert-Baht-Schein zu. Sie drückt meine Hand und schlüpft vom Barhocker. Ich bestelle einen weiteren doppelten Tequila für sie. Auf den Hockern neben mir sitzen Frauen, die ihre Kunden mit geübter Schrittmassage – ein wenig erinnert mich das an Vikorns Fischkitzelgeste – in ihren Bann zu schlagen versuchen.
Salee ist in der dichten Menschenmenge schon bald nicht mehr zu sehen. Als sie nicht wieder auftaucht, nehme ich an, daß sie unterwegs einen Kunden gefunden hat, und schaue mich nach einem ergiebigeren Kontakt um. Da kitzeln mich plötzlich zwei Hände von hinten. Salee stellt mich grinsend ihrer Freundin Tuk vor. Ich bestelle einen Tequila für sie, den sie synchron mit Salee kippt.
»Ein japanischer Tätowierer«, erkläre ich noch einmal. »Er stottert. Vielleicht einer von diesen High-Tech-Typen, denen der Umgang mit anderen Leuten schwerfällt?«
Tuk runzelt die Stirn. »Ein Tätowierer? Hat er selber auch Tattoos?«
»Ja, am ganzen Körper, Gesicht, Hände und Füße ausgenommen.«
»Auch am Schwanz?«
»Bitte wechsle nicht das Thema«, sage ich und bestelle noch zwei Tequila.
»Keine Ahnung, ob mich das anmachen würde oder nicht«, überlegt Salee laut. »Immerhin würde ich dafür sorgen, daß er hart wird, damit ich das Bild darauf sehen kann.«
Ich leere mein Bier und ordere ein weiteres. Der Alkohol scheint mich gelockert zu haben, denn nun gelingt es mir plötzlich, subtil zu sein.
»Kennt ihr eine gewisse Dao? Die ist auch in diesem Gewerbe.«
»Ungefähr ein Dutzend.«
»Sie hat ziemlich ungewöhnliche Tätowierungen – einen Drachen am Bauchnabel und zwei auf dem Hintern.«
Tuk sieht mich erstaunt an. »Ach, die Dao? Klar kenne ich die. Mit der und drei anderen habe ich früher ein Zimmer geteilt. Es war ziemlich eng, also hab ich sie beim Ausziehen immer nackt gesehen. Erstaunliche Tattoos. Ein paar von den Mädchen wollten auch solche, aber sie hat ihnen nicht verraten, von wem sie sind. Dao ging damals mit ’nem japanischen Kunden, der sich die Dinger wünschte. Hinterher hat sie ihm das Doppelte abgeknöpft – viertausend Baht für ’nen Quickie, achttausend für die ganze Nacht.«
»Hast du den Kunden je gesehen?«
»Nein. Dao war da ziemlich geheimniskrämerisch. Ich glaube, er arbeitete hier in Krung Thep. Wahrscheinlich hatte er Frau und Kinder.« Plötzlich wechselt Salee zu schnellem Isaan, der Sprache des äußersten Nordostens, die dem Laotischen ähnlicher ist als dem Thai. Ich verstehe kein Wort. Nach einer Weile scheint Tuk ein Licht aufzugehen, und beide Mädchen beginnen zu kichern. Sie halten kurz inne, schauen mich an und fangen wieder zu kichern an.
»’tschuldigung«, sagt Salee. »Die Sache ist irgendwie peinlich. Du kennst das Gewerbe, Sonchai, du weißt auch, daß wir Mädchen hin und wieder so richtig ausflippen.«
Ich versuche, den Sinn ihrer Worte zu ergründen. »Ich kann dir nicht ganz folgen.«
»Klar kannst du das. Du hast das bestimmt tausendmal miterlebt. Irgendwann haben wir Mädchen es satt, Sexsklaven zu sein, dann wollen wir selber einen. Letztes Weihnachten haben Tuk und ich ’ne ganze Menge Geld mit zwei großen, fetten Deutschen verdient, die ziemlich dominant und obendrein potthäßlich waren. Zum Ausgleich haben wir uns dann in den Schwulenbars um die Suriwong Road ein paar hübsche Thai-Boys gesucht, sozusagen zur Kompensation. Du weißt ja, wie das ist.«
Tuk führt die Geschichte fort: »Erst in der fünften Bar haben wir die Richtigen gefunden, sie in unser Zimmer mitgenommen und sie uns geteilt. Es war natürlich yaa baa im Spiel, damit sie die ganze Nacht durchhalten und wir was kriegen fürs Geld, aber das ist nebensächlich. Bei unserem Streifzug durch die Bars haben wir jede Menge Tattoos gesehen … In einer waren ein paar reiche Japanerinnen, und weißt du was? Denen schienen die Tätowierungen mindestens genausogut zu gefallen wie den japanischen Männern. Tja, ist wohl ein sehr kunstsinniges Volk. Sie wollten wie wir Sex, und besonders interessierten sie die Boys mit Tätowierungen …«
»Auf den Schwänzen, nehme ich an.«
»In einer Bar hatten sie sogar eine Art Tattoo-Parade.«
»Gewonnen hat ein Japaner Mitte Dreißig. Es war die ganze Zeit die Rede von donburi. Wir dachten, es geht um buri, Zigaretten, aber es stellte sich heraus, daß donburi auf japanisch
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