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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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welchen Leveragefaktor er anwendete.
    Äbersold ließ sich von seinem Personal Assistant den Golfsack zu seinem Auto tragen, war doch für den auch mal eine schöne Abwechslung, nicht immer nur den Terminkalender nachtragen, Blumensträuße und Cohibas verschicken oder irgendwelche unverständlichen Charts und angeblich maßgeschneiderte Anlagemodelle aus den vorgefertigten Modulen basteln.
    Gerade als Äbersold auf den Startknopf seines Jaguars drückte, kam ihm die beste Zusammenfassung der ganzen Chose in den Sinn. Das muss ich mir mal aufschreiben, dachte er, während er das satte Grollen der zwölf Zylinder hörte, aber vielleicht lasse ich das doch lieber. Könnte ja leicht in falsche Hände geraten, dass ein Privatbanker sagt: Die größten Banküberfälle werden heute von den Bankern selbst verübt.
    Ist aber nicht schlecht, der Satz, seufzte Äbersold, während er kurz das Gaspedal durchdrückte und prompt geblitzt wurde.
Achtunddreißig
    Vom Fenster seines Arbeitszimmers aus konnte Fredy Rysch das fürstliche Schloss sehen, das drohend an den Felsen oberhalb von Vaduz geklebt das enge Tal beherrschte. Trutzig, hässlich, drohend, als ob es jederzeit möglich wäre, dass seine Ziehbrücke heruntergelassen wurde und eine Horde von gepanzerten Raubrittern herausbrach, um die Bauerntölpel im Tal Mores zu lehren. Aber diese Zeiten waren vorbei, der Fürscht, wie ihn hier alle nannten, fuhr im gepanzerten Mercedes vor, und das Schloss benützte er nur noch zu Repräsentationszwecken.
    Wie jeder Mitarbeiter der Fürstlichen Effektenbank war Rysch bei seiner Einstellung gefragt worden, ob es ihm etwas ausmache, den Fürscht als seine Durchlaucht anzusprechen, und wie jeder Mitarbeiter hatte Rysch gesagt, dass er damit überhaupt keine Probleme habe. Denn statt aus seinen Untertanen weiterhin den Zehnten herauszupressen, hatte der Fürscht die Zeichen der Zeit erkannt und das Raubrittertum modernisiert. Statt eigene Horden zu unterhalten, bot er einfach Unterschlupf für alle Raubritter der Welt, die auch nicht mehr in unter dem Gewicht zusammengestohlener Preziosen und Geschmeide ächzenden Holzkarren vorfuhren, sondern ebenfalls in gepanzerten Mercedes-Limousinen.
    Und dann machte es nur noch leise klick, klack, und eine neue Stiftung war errichtet, einer der Treuhänder von Gnaden des Fürschten sackte fünfzigtausend Franken für fünf Minuten Arbeit ein, und ein neues Treuhänderkonto wurde bei FEB eröffnet. Noch mal klick, und es füllte sich mit Franken, Euro, Yen und immer seltener Dollar. Falls gewünscht, überließ man die Verwaltung den Kollegen in der Schweiz, denn die FEB sparte sich die unnötigen Ausgaben für Backoffice, Analysten, Anlagestrategen und all den Krempel. Mit den Fees, Retrozessionen und Kommissionen verdiente man schließlich genug.
    Eigentlich konnte man hier eine ruhige Kugel schieben, seufzte Rysch, alle paar Jahre gab es mal etwas Geschrei, meistens aus Deutschland, Steuerhinterziehung, Schwarzgelder, Raubgelder, Schweinerei. Aber das prallte alles an den dicken Mauern des fürstlichen Schlosses ab, und Rysch war sich eigentlich sicher gewesen, dass er genauso geruhsam, wie er schon zwanzig Arbeitsjahre verbracht hatte, auch noch die letzten zwanzig vor seiner Pensionierung erleben würde.
    Aber jetzt das. Rysch war es von Anfang an unwohl gewesen, als man die Buchhaltung vom guten alten Kontobuch, handschriftliche Einträge durch wenige, absolut vertrauenswürdige Kanzlisten mit Ärmelschonern und kratzenden Federn, dann ab in den Safe, durch modernes Zeugs wie Computer, elektronische Einträge, zuerst grün flimmernde Zahlen auf schwarzen Bildschirmen, dann schwarz flimmernde Zahlen auf weißen Bildschirmen ersetzt hatte.
    »Wenn da mal was wegkommt«, hatte Rysch gefragt, aber Waldinter, sein damaliger Chef, hatte nur unwirsch abgewinkt, der Fürscht selbst habe sein Wohlwollen gegenüber dieser Modernisierung zum Ausdruck gebracht.
    »Wir sind dem Fortschritt durchaus aufgeschlossen«, habe der Fürscht höchstpersönlich geruht zu bemerken, hatte ihm Waldinter mit glänzenden Augen berichtet, und ob er, Rysch, die Weisheit dieser Aussage etwa zu bezweifeln wage. Natürlich nicht, hatte Rysch eilfertig bemerkt, keinesfalls, er habe ja nicht gewusst, dass der Fürscht, also seine Durchlaucht höchstselbst, er habe ja nur Schaden abwenden wollen, aber in diesem Fall, und beim Hinausgehen hätte Rysch fast noch einen Kratzfuß gemacht.
    Aber nun das. Tausende von Kontonummern,

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