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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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wie uns«, ließ Weber seinen Spruch los, setzte sich dynamisch auf den Besucherstuhl und fuhr fort: »Was liegt an, eine neue Challenge?«
    Hugentobler hasste diesen Moment, aber das musste nun sein: »Fred, bad news, ich möchte es für Sie so kurz und schmerzlos wie möglich machen: Ich habe gerade Ihre Kündigung unterzeichnet. Kein Handlungsspielraum, keine Versetzung, keine Chance. Sie haben in den letzten zwei Quartalen Ihre Umsatzziele nicht erreicht, das können wir uns in der angespannten aktuellen Situation nicht leisten. Es tut mir persönlich sehr leid, aber mir sind die Hände gebunden.«
    Webers Körper verlor jede Dynamik, Hugentobler hörte deutlich, wie er schluckte, Webers verbindliches Lächeln gefror zur Grimasse, er verschüttete etwas vom Inhalt seines Glases, als er es in einer hilflosen Geste zum Mund führen wollte. Hugentobler musste es zu Ende bringen: »Freistellung ab sofort, ein halbes Jahr Lohnfortzahlung, mehr konnte ich nicht für Sie herausholen.«
    Weber stand unsicher auf, übersah die ausgestreckte Hand von Hugentobler und sagte: »Sie und Ihre Scheißbank sollen zur Hölle fahren.« Dann taumelte er zur Türe.
    Da hätte ich etwas mehr Haltung erwartet, dachte Hugentobler, was meint der eigentlich? Ich habe auch meine Gefühle, und nach so einem Auftritt kann ich kein Foie gras bei Petermann essen, das würde mir auf den Magen schlagen. Und dabei hatte ich mich schon so darauf gefreut.
Sechsunddreißig
    Kuster war echt sauer. »Wieso soll ich eigentlich einer Bank vertrauen, die im Wochentakt merkt, dass ihr nochmals ein paar Milliarden abgezwitschert sind, obwohl sie eine Woche zuvor noch heilige Eide schwor, dass es das nun aber endgültig sei?«, hatte ihn Neumann aus dem fernen Berlin angeblafft.
    Kuster überflog nochmals die Depotdaten, schlappe eins Komma zwei Millionen, wohlwollend gerechnet, der konnte doch eigentlich froh sein, dass Kuster ihn überhaupt zu sich durchstellen ließ, zweihunderttausend weniger, und er wäre höchstens zu Kusters persönlichem Assistenten durchgedrungen.
    Kuster überlegte sich, ob er den Quengler einfach zu seinem Assistenten zurückstellen sollte, aber dann riss er sich zusammen: »Als börsenkotierte Gesellschaft sind wir verpflichtet, kursrelevante Informationen akkurat zu vermelden, lieber Herr Neumann, und ich kann Sie versichern, dass …«
    »Hören Sie mir mit dem lieben Herrn Neumann und Ihrem Bankergequassel auf und beantworten Sie lieber meine Frage!«
    Kuster wurde sauer wie Weinessig, aber es konnte ja sein, dass das Gespräch aufgezeichnet wurde, und seit Neustem war die Direktive herausgegeben worden, sich um jeden Kunden – Betonung auf jeden – intensiv zu kümmern. Anstatt dass der Kerl froh ist, dass ich überhaupt meine wertvolle Zeit mit ihm verschwende, das ist doch eine positive Auswirkung des Hypothekenschlamassels, dachte Kuster und nahm nochmals einen Anlauf: »Nun, Herr Neumann, es sind hier tatsächlich Fehler begangen worden, aber die betreffen ja in erster Linie das Investment Banking, und wir hier im Private Banking können im Rahmen unserer mehr als zweihundertfünfzigjährigen Tradition durchaus guten Gewissens …«
    »Gutes Gewissen? Ihr seid doch alles Alpentrottel. Wegen Liechtenstein beißt mir vielleicht demnächst der deutsche Fiskus in den Hintern, und die Kohle, die ich noch übrig habe, wird wahrscheinlich von Ihrer Bank in irgendein Fass ohne Boden gekippt.«
    »Ich muss aber doch bitten, Herr Neumann, Beleidigungen sind hier auch nicht hilfreich, also von uns hat der deutsche Fiskus noch nie Kundendaten bekommen, und Ihr Portefeuille bei uns ist so sicher wie das Matterhorn, nicht war?«
    »Ach, da bröckelt das Matterhorn aber gewaltig«, höhnte Neumann zurück, »im den letzten drei Monaten haben sich doch auch bei mir ein paar Zehntausend in Luft aufgelöst.«
    Da kannst du aber noch froh sein, du deutscher Schnösel, dachte Kuster, da kenne ich Schlimmeres. »Momentaufnahmen können nie die Dynamik des globalen Finanzmarktes korrekt wiedergeben«, säuselte Kuster ins Telefon, »Risiken sind auch Chancen, und eine momentane leichte Underperformance bedeutet nur, wenn wir es langfristig sehen …«
    »Langfristig sind wir alle tot«, keifte Neumann dazwischen, »ich will wissen, ob Sie gedenken, meine Anlage in den nächsten Wochen noch weiter zu Kleinholz zu verarbeiten oder sich Ihren unverdienten Bonus damit zu finanzieren.«
    Wenn es reicht, dann reicht’s, dachte Kuster finster,

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