Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
lehnte sich in seinem Sessel zurück, dann aktualisierte er die Depotdaten von Blumer. Hoppla, dachte er, seit dem Auszug vom letzten Freitag, der Blumer so aufgeregt hatte, war schon wieder eine halbe Tonne verschwunden, dumm gelaufen. Aber darüber würde sich Blumer erst in zwei Wochen aufregen, und bis dahin wird Äbersold sicher wieder etwas einfallen. Äbersold ließ den Termin Blumer in seinem Terminkalender stehen, das ergab eine halbe Stunde mehr im Sprüngli, etwas Ruhe konnte er in diesen Tagen durchaus gebrauchen.
Vierzig
Als sein alter Chef Waldinter noch seine schützende Hand über ihn gehalten hatte, wäre das Fredy Rysch nicht passiert. Aber Waldinter hatte bei der letzten kleinen Schlammschlacht mit den deutschen Behörden das Bauernopfer spielen müssen, bedauerliches Fehlverhalten eines Einzelnen, hatte die Fürstliche Effektenbank verlauten lassen, die personellen und institutionellen Konsequenzen waren in aller Härte und sofort gezogen worden, niemals würde das Fürstentum zu Geldwäsche Hand bieten, selbstverständlich würde die Herkunft von Einlagen strengstens geprüft, aber Menschen machen Fehler.
Dann hatte der Fürscht Waldinter persönlich die Hand geschüttelt und ihn verabschiedet. Waldinter schipperte jetzt fröhlich auf seiner Yacht durch die Karibik und durfte dort, Ausdruck tiefer fürstlicher Dankbarkeit, gelegentlich in den durchlauchtigen Ferienvillas einen Zwischenstopp einlegen, wenn die nicht anderweitig gebraucht wurden, schließlich war das Personal rund um die Uhr verfügbar.
Beneidenswert, dachte Rysch seufzend und nahm den nächsten Anruf entgegen. Inzwischen hatte Rysch schon eine ziemliche Routine entwickelt, von der Begrüßung mit schwerem Schweizer Akzent, die normalerweise doch gleich Vertrauen schaffte, bis zu den ewig gleichen Antworten auf die ewig gleichen Fragen. »Nein, ich halte es für ausgeschlossen, dass dieses Telefonat abgehört wird, also da gibt es doch Grenzen, selbst im illegalen Handeln der deutschen Behörden. Nein, ich kann Ihnen versichern, dass Ihre Kontounterlagen aufgrund unseres aktuellen Wissensstands nicht zu den wenigen gehören, die sich der deutsche Fiskus illegal beschafft hat. Nein, unsere internen Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.
Nun, ehrlich gesagt, würde ich Ihnen von einem persönlichen Besuch im Moment abraten, wer weiß denn, zu welchen Maßnahmen der deutsche Staat noch greift. Durchaus, einen Anwalt zu konsultieren ist sicherlich eine sehr gute Idee. Wie bitte? Nein, um Ihre rechtliche Position gegenüber den deutschen Behörden abzuklären natürlich; ich bitte Sie, die Prüfung einer Verantwortlichkeitsklage gegen unsere Bank, lassen Sie mich das so erklären: Wenn ein Dieb bei Ihnen zu Hause Bankunterlagen entwendet und damit zum deutschen Fiskus rennt, dann können Sie uns doch auch nicht dafür verantwortlich machen.
Aber bei uns wurde eingebrochen? Ja schon, aber dagegen haben wir ja auch schon alle rechtlichen Schritte unternommen, mehr können wir da nicht tun.«
Rysch schnaufte einmal tief durch, gönnte sich eine kurze Kaffeepause und nahm den Hörer wieder in die Hand: »Fürschtliche Effektenbank, Rysch«, meldete er sich wieder.
Einundvierzig
»Bank, Banker, bankrott, was halten Sie von dieser Steigerung?«
Kuster drehte die Augen nach oben. Immerhin ein Kunde, der seinen Humor noch nicht verloren hatte, dachte er. Aber sonst ziemlich viel, das zeigte ihm ein Blick auf den Bildschirm, auf dem er die traurigen Ergebnisse der dynamisch-gewinnorientierten Anlagestrategie abgerufen hatte, die Fritz Bühler von einem fröhlichen Multimillionär in einen weniger fröhlichen Millionär verwandelt hatte.
Aber in den letzten Wochen und Monaten hatte sich Kuster eine dicke Haut zugelegt und auch den Themenwechsel in seinen Kundengesprächen so weit verdaut. Statt über Heliskiing in Alaska, die tollen Partys an der Art Miami, steigende Preise bei russischen Nutten oder das verunglückte letzte Facelifting der gnädigen Frau Gattin zu sprechen, wollten die von ihm betreuten Anleger nur noch wissen, wie man denn die Kahlschläge in ihren Portefeuilles wieder aufforsten könnte.
»Nun, Herr Bühler«, sagte Kuster verbindlich, »nach einigen sehr erfolgreichen Jahren heißt es im Augenblick Nerven bewahren, unsere Analysten und Anlagestrategen arbeiten mit Hochdruck daran, die sich abzeichnende Trendumkehr zu antizipieren.«
»Analyst, kommt das von anal, also der fickt den Kunden von hinten?«
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