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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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Kuster verschlug es für einen Moment die Sprache, solche Sprüche kannte er sonst nur von späten Stunden gewaltiger Besäufnisse, die auch er gelegentlich mit seinen russischen Kunden abhalten musste. Aber von Herrn Bühler morgens um halb neun, also wirklich.
    Kuster sagte: »Ich verstehe diese Wortwahl als Ausdruck Ihrer momentanen Besorgnis, muss Ihnen aber doch sagen, dass das nicht der Umgangston ist, den wir hier in unserem Traditionshaus billigen. Vielleicht sollten wir das Gespräch auf einen Zeitpunkt verschieben, an dem Sie etwas gefasster sind.«
    »Ach so«, giftete Bühler weiter, »was halten Sie dann von dem: Wie wird man am schnellsten Millionär? Ganz einfach: Man fängt als Milliardär an und bringt dann sein Geld zur Schweizer Kreditunion.«
    Den muss ich mir merken, nickte Kuster, der ist nicht schlecht. Sie waren noch nie Milliardär, hätte er Bühler gerne erwidert, aber das wäre wohl auch nicht der richtige Umgangston gewesen: »Vielleicht sollten wir das Gespräch auf eine mehr sachliche Ebene heben, Herr Bühler«, sagte er stattdessen, »Krisen sind ja auch immer Chancen, und Sie befinden sich in der komfortablen Situation, dass Sie eine momentane Underperformance Ihres Portefeuilles nicht realisieren müssen, indem Sie Ihre Engagements glattstellen. Ein Halten dagegen kann bedeuten, dass Sie vom anschließenden Aufschwung in voller Höhe profitieren würden.«
    »Aufschwung? Was für ein Aufschwung? Reden Sie da von Ihren Boni oder von meiner Kohle?«
    Langsam kapierte Kuster, worum es hier eigentlich ging. Bühler wollte überhaupt nicht über Rettungsaktionen für die traurigen Überreste seiner ehemals siebzehn Tonnen sprechen, sondern einfach etwas Dampf ablassen.
    »Ich kann Ihren Schmerz durchaus nachfühlen«, heuchelte Kuster ins Telefon.
    Aber das war wohl auch nicht der richtige Ansatz: »I can feel your pain, hat das der alte Heuchler Clinton nicht auch mal gesagt?«
    »Nun, Herr Bühler, ich nehme mir natürlich immer gerne Zeit für Sie, aber wenn ich Sie nun doch fragen darf, welches Anliegen Sie gerne mit mir behandeln wollen?«
    »Das Anliegen, meine Anlagen vor weiteren Verlusten zu schützen, wie wäre es damit?«
    »Wir sind eigentlich überzeugt, dass die Talsohle erreicht ist«, griff Kuster begierig nach diesem Strohhalm, »die Erfahrung zeigt ja, dass nach jeder Korrektur nach unten wieder ein Aufschwung kommt.«
    »Sicher, und nach dem Regen scheint die Sonne, und für solches Blabla zahle ich Kommissionen und Fees bis zum Abwinken«, höhnte Bühler.
    »Nun, wenn Sie mit unseren Dienstleistungen nicht mehr zufrieden sein sollten«, sagte Kuster matt, »haben Sie natürlich jederzeit die Möglichkeit, davon Abstand zu nehmen.«
    »Dienstleistungen?«, schoss Bühler seinen letzten Pfeil ab, »das hat doch was mit Dienst und Leistung zu tun, oder? Kann ich bei Ihnen beim besten Willen nicht erkennen. Sie hören von meinem Anwalt.«
    Endlich hat der Blödmann seinen Abschlusssatz gefunden, atmete Kuster durch, ich dachte, das hört nie auf. So viel Schmerzensgeld kann mir eigentlich keine Bank der Welt zahlen, wie ich kriegen müsste, um all diesen Stuss anzuhören.
Zweiundvierzig
    »Fürschtliche Effektenbank Rysch«, meldete sich Rysch, während er auf seine Uhr schaute. Noch zwei solche Anrufe, schätzte er, dann war Feierabend. »It’s a dörty dschob, bat someone häff tu duit«, hatte sein Chef launig gesagt, und seither tat Rysch, was er immer tat, Anordnungen befolgen, auch wenn er nun schon seit Tagen damit beschäftigt war, aufgeregte Schwarzgeldeinbunkerer und Steuerhinterzieher zu beruhigen. Erst sieben hatten dann doch ihre Kohle abgezügelt, kein schlechtes Ergebnis, dachte Rysch. Aber dann riss ihn eine Stimme mit schwerem slawischen Akzent aus seinen Gedanken: »Hier ist Iwan«, sagte die, »Identifikation Bernsteinzimmer473, Kontonummer 762/901, Sie hären?«
    »Aber sicher«, sagte Rysch und ließ das ch schön krachen, »Identifikation positiv, was kann ich für Sie heute tun?«
    »Mir erklären, warum ich finde mein Konto bei Ihrer Scheißbank in der scheiß russischän Presse.« Ungehobelter Russe, dachte Rysch, nachdem er die Kontodaten überflogen hatte, korrigierte er sich: unglaublich reicher ungehobelter Russe, dreihundertsiebenundsechzig Tonnen, alleine in den letzten sechs Monaten ein Zuwachs von knapp zweihundert Tonnen, obwohl im gleichen Zeitraum fast der gleiche Betrag abgebucht worden war.
    »Nun, dazu kann ich mich natürlich

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