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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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empfehlen«, sprach Äbersold schnell weiter, »Option zwei: Sie halten die Luft an, bis die Finanzmärkte wieder in ruhigere Gewässer kommen.«
    Mache ich ja auch jedes Mal, wenn ich mein Büro betrete, lächelte Äbersold in sich hinein: »Dritte Option: Sie profitieren von der eindeutig zu tiefen Börsenkapitalisierung des Schweizer Kreditvereins und schießen nach. Sie wissen ja: Wenn die Herde in eine Richtung rennt, locken in der anderen Richtung beachtliche Chancen, im besten Fall haben Sie nicht nur die augenblickliche Delle in Ihrem Portefeuille ausgebügelt, sondern stehen auch noch in einem warmen Regen.«
    Damit kriegt man sie immer, dachte Äbersold: »Nun, Sie wissen natürlich wie ich, dass Prognosen schwierig sind, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen, he, he. Die Entscheidung liegt natürlich bei Ihnen, ich bin ja ausschließlich als Berater tätig, für gute Kunden wie Sie lege ich einfach alle Karten auf den Tisch, aber ausspielen müssen natürlich Sie.«
    Kommt ja nicht in Frage, dass Medwedov bei mir die Schuld sucht, wenn noch mal ein großer Batzen Geld den Bach runtergeht, schüttelte Äbersold den Kopf: »Also konkret, wenn Sie Option drei wählen würden und, sagen wir mal, dreißig Mio nachinvestieren, dann hätten Sie, vorausgesetzt, der Markt bewegt sich in die richtige Richtung, mit den Hebelwirkungen bei einer Kursteigerung von lediglich fünfzehn Prozent die Buchverluste egalisiert und sogar noch als Sahnehäubchen zehn Mio draufgelegt bekommen. Das würde ich für Sie, all in, für eine Fee, von sagen wir mal einem Prozent, schaukeln, das müsste dann aber unter uns bleiben. Nein – das muss ich ablehnen, schlafen Sie eine Nacht drüber, bevor Sie eine Entscheidung treffen. Selbstverständlich bin ich morgen auch für Sie da.«
    Dreihunderttausend, dachte Äbersold, dreißigtausend als Kickback für mich, nicht schlecht für zehn Minuten. Denn er war sich sicher – langjährige Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen, dass Medwedov morgen zuschlagen würde.
Sechsundvierzig
    »Wir sind ja sehr schlank aufgestellt«, sagte Fritz Steiner und ließ seine hundertvierzig Kilo Lebendgewicht in den Louis-XVI-Sessel fallen. Nicht ohne zuvor seinem Gast formvollendet den Inhalt des Humidors angeboten zu haben.
    Steiner warf einen Blick auf seine Breguet Tourbillon und plauderte locker weiter: »Darf ich Ihnen vielleicht etwas anbieten, Kaffee, Sprudelwasser vom lieben Herrn Krug?«
    Sein Gast verneinte, also zog sich Steiners Assistentin diskret zurück und ließ die beiden im Besprechungszimmer an der Bahnhofstrasse in Zug zurück. Weicher, roter Spannteppich, antike Polstergruppe, schwerer, lederbezogener Schreibtisch, eine Wand mit Rauchglas verziert, damit der Raum größer wirkte, alles jenseits des guten Geschmacks, aber wirksam.
    »Sie wissen ja, dass unsere verehrten Großbanken ihre Paläste nicht aus der eigenen Portokasse bezahlt haben«, ließ Steiner das Tonband weiter laufen, »sondern von den Profiten der Vermögen, die ihnen anvertraut sind. Bei uns ist das anders, wir haben extrem niedrige Kosten, daher können wir die Erträge fast vollumfänglich an unsere Kunden weitergeben. Transparent, kompetent, profitabel, so sind wir.«
    Steiner beobachtete, wie der Blick seines Gastes an der Atmos von Jaeger le Coultre auf einem goldverkrusteten Wandtisch hängenblieb, war ja auch ein Prunkstück.
    »Wir bestehen eigentlich nur aus diesen repräsentativen Räumlichkeiten hier, einem Backoffice, einem klitzekleinen Verwaltungszentrum und natürlich aus unserem Anlageausschuss in London, sozusagen unserem Finanzhirn; dort werden vierundzwanzig Stunden am Tag die Finanzmärkte analysiert und bewertet. Wie bitte? Nein«, fuhr Steiner fort und legte das nächste Tonband ein, »Gewinnversprechen machen vielleicht andere, wir nicht, das wäre ja unseriös. Aber ich kann Ihnen Folgendes sagen: In den letzten Jahren konnten wir für unsere Kunden eine durchschnittliche Performance zwischen mindestens zwölf und bis zu zwanzig Prozent bieten. Also im Rahmen dessen, was auch eine gute Großbank schafft. Aber eben, bei uns wird nicht die Hälfte einbehalten, um die gigantischen Headquarters noch luxuriöser aufzumöbeln, sondern wir geben alles an unsere Mandanten weiter. Natürlich abzüglich einer maßvollen Kommission, denn diese Atmos dort arbeitet nur mit Luft, nicht wahr.«
    Reine Routine, dachte Steiner wieder, das wird ja langsam direkt langweilig: »Aber natürlich ist Ihr Kapital

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