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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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völlig sicher. Sie würden uns ja nur ein Verwaltungsmandat erteilen, und nur in diesem genau definierten Rahmen haben wir die Möglichkeit, Ihr Vermögen gewinnbringend anzulegen, das im Übrigen bei einer bombensicheren Bank auf einem mündelsicheren Konto eingelagert bleibt.«
    Und schon sind wir auf der Zielgeraden, dachte Steiner, als er die nächste Frage beantwortete: »Selbstverständlich, Steueroptimierung gehört zu unseren Kernkompetenzen, Liechtenstein, Guernsey, Bahamas, Panama, da sind wir überall präsent, aber darüber würden wir dann vertieft sprechen, Sie verstehen, nachdem ein paar Formalien wie eine Stillschweigenvereinbarung unterzeichnet sind, nicht wahr.«
    Nach den üblichen abschließenden Floskeln drückte Steiner seinem Gast die üblichen Papierchen in die Hand, lehnte routiniert das Angebot, sofort zu unterzeichnen, ab, »schlafen Sie da ruhig nochmals drüber, das gehört zu unseren Geschäftsprinzipien«, und komplimentierte den Besucher an die Tür.
    Dann schnippte Steiner nach seiner Assistentin, die sich in der Zwischenzeit in der winzigen Küche versteckt hatte, neben einer Besenkammer der einzige weitere Raum in den repräsentativen Empfangsräumen der VAV, Steiners Vermögensanlagenverwaltung AG.
    »Jetzt kannst du den Krug mal öffnen«, sagte Steiner zufrieden, »der kommt mit mindestens sechs Tonnen.« Während sie den Korken dezent knallen ließ, ruhte Steiners Blick wieder auf der Atmos. Muss dringend mal wieder nach Liechtenstein, dachte er, der Lieferant quengelte inzwischen ziemlich laut wegen der immer noch ausstehenden Bezahlung. Mal kurz in die Fleischtöpfe fassen, kicherte Steiner, mindestens zweihunderttausend in Cash wie immer in die Brusttasche stecken, dann wäre dieses Problem auch gelöst. So machte Vermögensverwaltung wirklich Spaß.
Siebenundvierzig
    »Woher soll ich denn wissen, wie viel notleidende Kredite noch abgeschrieben werden müsse?«, antwortete Äbersold zum x-ten Mal einem leicht hyperventilierenden Kunden. »Hätte ich die Gabe, in die Zukunft zu schauen, säße ich nicht an meinem Platz hier. Nein, weder ich noch andere Stellen in unserer Bank haben jemals gesagt, dass das letzte Mal wirklich das letzte Mal sei. Nein, natürlich ist Ihre Anlage nur unbedeutend tangiert, oder sind Sie in Subprime investiert, in Leveraged Loans, Alt-A oder gar in CDO? Eben, Sie können das in Ruhe aussitzen.«
    Äbersold grinste in sich hinein, denn natürlich verstand er seine Kunden durchaus. Das ist langsam ein wenig so wie in einer Ehe, dachte Äbersold. Man hatte sich vor drei Monaten darauf geeinigt, dass der letzte eingestandene Seitensprung wirklich der letzte gewesen sei, von jetzt an in die Zukunft schauen, die Vergangenheit überwinden, reiner Tisch und so, und dann zeichnet sich wieder ab, dass das nächste Geständnis fällig wird. Das würde ja auch keine Ehe aushalten, führte Äbersold den Gedanken weiter, wenn alle drei Monate die Hosen und die Röcke runtergelassen werden müssten, Karten auf den Tisch, und wehe, man lässt eine im Ärmel stecken.
    Das haben wir diesen blöden Amis zu verdanken, Shareholdervalue, Quartalsberichte, und wehe, der Umsatz war nicht mindestens um zehn Prozent gestiegen, was soll der Blödsinn? … Als ob man eine sinnvolle Firmenstrategie im Dreimonatstakt aufgleisen könnte. Andererseits spräche ja nichts gegen einen Tagesbericht, neun Uhr morgens local time des Headquarters, kurzer Status, Finanzflussplanung, Assets, das volle Programm, und fünf Uhr nachmittags das Gleiche noch mal, das wäre wenigstens konsequent.
    Früher war das wirklich besser, erinnerte sich Äbersold, einmal im Jahr der großartige Geschäftsbericht samt Bilanz und allem Schnickschnack, da hatte man zwei Monate vorher genügend Zeit, das alles aufzupolieren und glattzureiben, stille Reserven anzulegen oder zu aktivieren, Goodwill hochzuschrauben oder einzudampfen. Und falls ein nervöser Anleger durch das Jahr anrief, weil die Aktie zehn Prozent heruntergesackt war, konnte man ihn einfach beruhigen, indem man darauf hinwies, dass er doch das Jahresergebnis abwarten solle, Ruhe bewahren, wer gut essen will, soll Aktien kaufen, wer gut schlafen will, Obligationen, und im Übrigen Klappe halten.
    Und jetzt? Jetzt muss man sich sogar komplizierte Algorithmen aus den Fingern saugen, um den möglichen Wert nicht handelbarer Schrottanleihen zu beziffern, und hatte man mal einen Algorithmus erfunden, dann durfte man ihn auch nicht mehr verändern,

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