Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
diese unangenehme Besprechung so schnell wie möglich hinter sich bringen: »Ach, da haben wir schon Schlimmeres durchgestanden, und ich bin jetzt wirklich etwas durstig, also …«
»Wenn diese Kacke ins Dampfen kommt, dann verliere ich meine sämtlichen Patente«, unterbrach ihn der Anwalt scharf, »und wahrscheinlich fahre ich dann auch für ein paar Jährchen ein, denn ich habe ja den ganzen Mist unterschrieben, auf dein großes Ehrenwort hin, also konzentrier dich auf das Wesentliche, denn wenn ich absaufe, dann nehme ich dich mit, damit das klar ist.«
Steiner lächelte seinen Anwalt jovial an, stemmte sich aus dem Sessel und sagte: »Okay, ich besorge bis morgen um zwölf eine Tonne, du kannst dich auf mich verlassen.«
Sein Anwalt packte die Papiere in seinen Koffer und legte dabei wie zufällig die Knarre auf den Tisch. »Okay, Punkt zwölf hier.« Steiner nickte freundlich und dachte: Höchste Zeit für Plan B.
Siebenundsechzig
Eigentlich, dachte Äbersold, ist es ja eine bodenlose Frechheit. Früher, ich erinnere mich noch gut, standen wir seriös hinter dem Schalter, halfen der Oma bei der Einzahlung eines Teils der Rente auf ihr Sparbuch; berieten auch schon mal und weitgehend kostenlos, die Kommissionen und Fees kamen ja erst danach, Schreinermeister Göldi bei der kurzfristigen Anlage von Zahlungseingängen, Termingeld war damals schon einer der schärfsten Tipps, vor all den Derivaten und Fonds und wie der Quatsch auch heißt, und für heiklere Geschäfte drückten wir auf den Summer und baten den Garagenbesitzer Eberhardt ins Besprechungszimmer, um ihm bei der Anlage seiner Schwarzgelder zu helfen.
Wir nannten uns einfach Schalterbeamte, dann Kundenbetreuer und irgendwann einmal Kundenberater, wenn wir uns häufiger im Besprechungszimmer als hinter dem Schalter aufhielten. Dann wurden die Schalter abgeschafft und durch Bankomaten ersetzt, der Oma wurden zwanzig Franken Bearbeitungsgebühr für ihre Überweisung aufs Sparheft abgezwackt, wenn sie mit dem Bankomaten nicht zurechtkam, Schreinermeister Göldi wurde ein Vermögensverwaltungsauftrag mit Grundkosten, Kommissionen, Gebühren und Courtagen aufs Auge gedrückt, und dem Garagenbesitzer Eberhardt wurde beliebt gemacht, doch eine Offshore-Lösung bei unserer Zweigniederlassung auf den Bahamas ins Auge zu fassen, kostet zwar ein bisschen mehr, und Ertrag gibt’s eigentlich auch keinen, aber dafür könnte er doch sein Geld gelegentlich unter tropischer Sonne streicheln, wenn’s ihm drum wäre.
Ständig schwärmten wir unseren Kunden von den neuen Möglichkeiten des elektronischen Bankings vor, von zu Hause, am Bildschirm, ein Klick, und schwupps, und erst noch gratis. Na ja, fast, aber dass uns damit die Kunden das ganze dämliche Zahlungsverkehreingebuche abnehmen, dafür müssen wir sie ja nicht extra belohnen, denn wir sind doch eine Bank.
Schwierig wurde es dann allerdings, den Kunden zu erklären, grinste Äbersold, wieso eine Überweisung von Zürich nach Hamburg locker mal fünf Tage in der Pipeline hängen konnte, und wenn er dann zetert, dass das zu Zeiten der Postkutsche schon schneller gegangen sei als mithilfe des modernen, elektronischen Zahlungsverkehrs, dann musste man länger ausholen und etwas von Clearing, IBAN-Nummern, Bankarbeitstagen und seltenen Ausnahmen murmeln. Und wenn das alles nichts half, dann konnte man immer sagen, also bei uns ist das Geld schwupps raus, sehen Sie hier den Computerausdruck, zehn Sekunden nach Ihrem Auftrag. Wenden Sie sich doch an die Empfängerbank, und viel Spaß dabei.
Aber das war ja alles nichts gegen unsere größte Frechheit. Nämlich dass wir uns schon lange und unverfroren Private Banker nennen. He, he, da haben die noch verbliebenen vierzehn Privatbanquiers ganz schön aufgeheult, aber unsere Juristen haben ihnen gezeigt, dass der Begriff Private Banker, ätsch, nicht geschützt ist.
Natürlich erfüllt ein Private Banker keine einzige der Voraussetzungen, die ein Privatbanquier haben muss, nämlich zum Beispiel unbegrenzte persönliche Haftbarkeit für alle ihm anvertrauten Kundengelder, aber Private Banker hört sich nun unbestreitbar besser an als Anlagenberater oder gar Prokurist oder etwa Vice Executive Assistant Director oder wie der Quatsch auch schon mal hieß.
Und das wäre ja noch schöner, wenn wir mit unserem Privatvermögen für all den Quark haftbar wären, den unsere emsig schaffenden Anlagevehikelerfinder ständig ausbrüten, bei dem ja eh kein Schwein
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