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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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schlecht, aber aus der Nummer komme ich raus: »Aber wenn wir das große Ganze im Augen behalten, lieber Herr Frischknecht, dann wäre es doch völlig verfehlt zu behaupten, dass die Verwaltung Ihres ansehnlichen Portefeuilles Totalschaden erlitten hat, und trotz aktueller Rückschläge stehen wir immer noch besser da als vor fünf Jahren, als Sie uns mit der Verwaltung Ihrer Finanzen beauftragten.«
    War wohl auch falsch, denn nun steigerte Frischknecht die Phonstärke gewaltig: »Wir? Was heißt da wir? Sie stehen sogar viel besser da, denn was Sie alles an Kommissionen, Fees, Courtagen, Gebühren und was weiß ich nicht alles verdient haben, das geht ja in die Millionen.«
    Kuster überlegte sich die Antwortoptionen. Ich nicht? Ziemlich schlecht. Das ist halt so? Ganz schlecht. Schauen wir lieber in die Zukunft? Unbrauchbar. Ich hätte da jetzt aber einen sicheren Tipp? Fürchterlich. Damit müssen wir ja Hunderte von Analysten bezahlen? Schlechter geht’s nicht. Na ja, dachte Kuster, irgendwas muss ich ja tun. Dann legte er einfach den Hörer auf.
Sechsundsechzig
    »Okay«, sagte Steiner, »kann ja sein, dass ich in letzter Zeit etwas zu tief in die Honigtöpfe gefasst habe, aber mit einer kleinen Umstrukturierung der Depots wären wir für den Moment doch wieder flott, das kann doch alles nicht so tragisch sein.«
    Wütend zog Steiner an seiner Montecristo und wuchtete sich aus dem schweren Sessel in den repräsentativen Empfangsräumen seiner Vermögensverwaltungsklitsche an der Bahnhofstrasse in Zug. »Auch ein bisschen Nuttendiesel?«, fragte er dann zuvorkommend wie immer, aber sein Anwalt schüttelte nur düster den Kopf. »Na, ich aber schon.«
    Steiner öffnete die mit Rauchglas verzierte Tür, machte zwei Schritte bis zur klitzekleinen Küche und zog mit einem befriedigten Schnaufer einen Krug Rosé aus dem Kühlschrank.
    Während er sich einschenkte, holte sein Anwalt einen kleinen Papierstapel aus seinem Aktenkoffer, und Steiner blieb es nicht verborgen, dass das Köfferchen auch eine beeindruckende Pistole enthielt. »Na, so schlimm, dass wir uns gleich die Kugel geben müssten, ist es wohl auch nicht«, sagte Steiner nach einem tiefen Schluck.
    »Aber fast«, sagte sein Anwalt, »unsere fünf verbliebenen Kundenkeiler jammern immer lauter, dass sie schon seit vier Monaten keine Kommission mehr gesehen haben, siebzehn Depotkunden winken bereits mit Anwälten, die Miete für das Backoffice, die Räume hier und die Löhne der beiden Sekretärinnen sind seit sechs Monaten nicht bezahlt und, ach ja, morgen soll die hübsche Atmos-Uhr da drüben beschlagnahmt werden, die seit einem Jahr nicht bezahlt ist. Und den Mercedes würde ich auch eher in der Garage stehen lassen, sonst wird er dir unter dem Hintern weg abgenommen, obwohl, die Garage ist mitsamt deiner schönen Terrassenwohnung mit Blick auf den Zugersee auch seit acht Monaten nicht bezahlt.«
    »Na ja«, sagte Steiner, »also alles in allem business as usual, wollen wir heute Abend nicht noch schnell ins Tessin runterfahren? Im Eden soll’s einen neuen Koch geben, und der Keller wurde nach unserer letzten Sause auch wieder mit genügend Cheval Blanc aufgefüllt.«
    »Die letzte Sause dort ist genauso wenig bezahlt wie die drei Sausen vorher«, gab der Anwalt zu bedenken, »das halte ich für keine gute Idee.«
    »Okay«, seufzte Steiner, »wenn du unbedingt Spielverderber sein willst, also, was machen wir? Ich fahre morgen nach Liechtenstein und besorge mir genügend Cash, um den schlimmsten Schreihälsen das Maul zu stopfen, wie viel brauche ich da?«
    Der Anwalt sagte wie aus der Pistole geschossen: »Mindestens eine Tonne, aber allermindestens.«
    Steiner goss bereits den letzten Rest der Flasche in sein Kristallglas und sagte: »Okay, dann haben wir ein kleines Problem, so viel kann ich da im Moment nicht flüssig machen. Wie wäre es mit einer Verlagerung der AG, der wir alle diese Schulden angehängt haben, nach Lausanne? Bitte übersetzen Sie Ihre Forderungen zwecks Beantwortung durch unseren Monsieur Avocat erst mal auf Französisch, falls Sie die neue Zustelladresse rausgekriegt haben, he, he, müsste uns doch mindestens drei Monate Luft verschaffen.«
    Der Anwalt winkte müde ab: »Damit kriegen wir vielleicht ein paar Depotkunden vom Hals, aber die Mieten, die Löhne, die Leasingverträge, da ist wirklich Feuer im Dach.«
    Steiner wusste, dass es bedauerlicherweise keine zweite Flasche Krug mehr im Kühlschrank hatte, also wollte er

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