Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

genialen Doppelbedeutung von double im Double-u von EL&W. Aber wenn schon, leider nur auf Englisch, seufzte der Head.
    »Also«, sagte er gewichtig, »es ist jetzt sieben Uhr dreißig, wir haben etwas mehr als vierundzwanzig Stunden Zeit, diese Challenge anzunehmen. Darf ich um Lösungsvorschläge bitten?«
    Tiefes Schweigen antwortete ihm, Laptops wurden wichtig auf- und wieder zugeklappt, die Sekretärin war die Einzige, die ihn offen anblickte, denn von ihr erwartete sowieso niemand etwas.
    »Das ist ja nicht gerade viel«, sagte der Head streng, »wenn ich da um etwas mehr Proaktivität bitten dürfte.«
    Einer der Assistenten meldete sich endlich zu Wort: »Ich habe vielleicht eine Lösung. Ich schlage vor, wir machen ein Outsourcing, wir brauchen offensichtlich Input von außen, Kompetenz dort abholen, wo sie ist, nicht wahr?«
    Der zweite Assistent hatte in der Zwischenzeit auf seinem Laptop rumgehackt und sagte triumphierend: »Hatte die gleiche Idee, bin aber schon einen Schritt weiter und habe eine Liste von Claim-Agenturen in Zürich mitgebracht.« Der erste Assistent lief nun rötlich an.
    Kann ich dem CCO als eigene Idee verkaufen, dachte der Head befriedigt, nicht schlecht. Deshalb nickte er wohlwollend: »Spülen Sie’s doch mal schnell zu mir rüber, cc an Fräulein Wichtig, die kann dann gleich die Aufträge raushauen.«
    Der zweite Assistent spürte, dass ihm seine Idee abhanden kam, und dachte Scheißspiel, aber gehorsam bastelte er die E-Mail. Allerdings hatte er in der Eile unter dem Suchbegriff Claim-Agentur Zürich gegoogelt und nur drei Wald-und-Wiesen-Agenturen gefunden, die, wie er zu Recht befürchtete, wohl noch nie im Leben einen englischen Claim auf Deutsch übersetzt hatten. Aber ein Zurück gab es nicht mehr, also freute sich die einzige Agentur, deren E-Mail-Adresse Fräulein Wichtig auf die Schnelle rausgekriegt hatte, über einen überraschenden Auftrag von EL&W.
    »Wie die nur auf mich gekommen sind«, wunderte sich Peter Huber, Inhaber und einziger Mitarbeiter von Huber Werbung, der gerade dabei war, seinem jüngsten Kunden, dem Sportverein Untererlinsbach, eine Mahnung über fünfhundert Franken für Text, Design und Druck des Einladungsflyers für den Festabend mit Rahmenprogramm zu schicken, als sein Mail-Eingang klingelte.
    Aber Huber erkannte eine Chance, wenn sie sich auf seine Nase setzte. »Unsere Taskforce Claim wird sich sofort an die Umsetzung machen«, töckelte er mit fliegenden Fingern in die Tastatur, »ich gehe davon aus, dass angesichts des time frame«, Huber klopfte sich selbst auf die Schulter, dass ihm dieser Ausdruck rechtzeitig eingefallen war, »eine Offerte nachgereicht werden kann.«
    Das gab ihm genügend Zeit, sich zu überlegen, wie viele Nullen er hinter die erste Zahl stellen sollte, denn normalerweise spielte er in einer Liga, in der um zehn Franken mehr oder weniger hart gekämpft wurde.
    Frau Wichtig war sich ihrer Bedeutung durchaus bewusst, als sie im immer noch leicht fischigen Meetingroom von EL&W verkündete: »Treffer, die erste Agentur hat bereits geantwortet, setzen sofort eine Taskforce ans Problem.«
    »Macht doch schon mal einen guten Eindruck«, sagte der Head gewichtig, der erste und der zweite Assistent nickten in Stereo, und ein leiser Glanz dieses Durchbruchs schimmerte auch auf dem Gesicht von Fräulein Wichtig.
Achtundsiebzig
    Huber hatte ein Problem, aber ein schönes. Nach langen Jahren zähen Kämpfens, einigen unschönen Gesprächen mit Betreibungsbeamten und anderen unerfreulichen Ereignissen strahlte nun endlich die Sonne des Erfolgs über seiner Kleinstagentur Huber Werbung. Der große Elmore, Little & Willis, fast zweihundertfünfzigtausend Angestellte weltweit, Tax und Audit, hatte geruht, ihn mit der Übersetzung seines neuen Claims zu beauftragen.
    »Challenging your Challenges. Double Performance. EL&W« hieß das Wunderwerk.
    Eigentlich unvorstellbar, dachte Huber, wie die bloß auf mich gekommen sind? Sein größter Kunde in den letzten Jahren war Wildinger Schrauben gewesen, KMU mit achtzehn Mitarbeitern, die hatten ihn mit der Überarbeitung ihrer Verkaufsbroschüre beauftragt, über seinen Versuch, ihnen auch eine Imagebroschüre aufs Auge zu drücken, hatte Wildinger nur gelacht, »das Design macht dann unser Lehrling«, hatte Wildinger noch hinzugefügt, »der kann Computer«, dann hatte es noch einen Riesenkrach über die Rechnung von 2345 Fr. ohne MWSt. gegeben, und man hatte sich nach zähen Verhandlungen