Bank, Zsuzsa
beschaffen war
und was sie zusammenhielt, als springe Zigi mit jeder Wendung dichter an sie
heran, auf seine Art, ohne Anlauf, aus dem Stand, rückwärts durch die Luft,
hoch über dem Boden. Manchmal verschwand Évi mit den Briefen, mit kleinen
Bündeln, die sie nach Jahren und Monaten geordnet hatte und mit Schnüren
zusammenhielt. Sie sprang aus dem Küchenfenster und suchte einen stillen Platz
im Garten, weit genug entfernt von uns, damit sich unsere lauten Stimmen nicht
in den Klang von Zigis Sätzen mischten und Évi allein durch die Jahre
spazieren konnte, ungestört auf Zigis Schiffspassagen zwischen Ost und West,
über den Ozean durch Sommer und Winter. Wir hörten Évis Murmeln und Wispern,
wenn sie für sich las und ein Wort, bis sie es erfasst hatte, zweimal, dreimal
sagen musste. Es drang vom Garten ins Haus, in die Küche und in Ajas kleines
Zimmer, es klopfte zwischen zwei Sommern an die Scheiben, in dem Jahr, in dem Évi
die Buchstaben entdeckte und zusammensetzen lernte. Zigis Sprache hüllte uns
ein, sie verfing sich in unseren Linden und steckte im Weizen auf den Feldern
ringsum, ihr Takt gab uns die Schrittfolge vor, wenn wir mit Stöcken zum Bach
hinabsprangen. Ihre Melodie summte durch die Nachmittage, und weil sie Évi gefiel,
konnte sie ganze Seiten bald wie ein Gedicht aufsagen, ohne noch zu stocken
oder zu stolpern, wenn sie am Zaun stand und den schmalen Weg hinab zur Brücke
über den Klatschmohn schaute oder welkes Laub unter den Bäumen zusammentrug und
vor den Johannisbeeren verbrannte.
Wenn der Postbote jetzt einen
Brief von Zigi in Évis Hände legte, öffnete sie ihn sofort. Sie setzte sich an
die Glastür, die Zigi eingebaut hatte, ohne damals ahnen zu können, dass Évi
hier einmal seine Briefe lesen, hier mit den Fingern über die Buchstaben
gleiten, sie nachzeichnen und nicken würde, als sei sie in ein Gespräch
versunken, als habe Zigi ihr nicht an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit
geschrieben, sondern als erzähle er es in diesem Augenblick, und Évi müsse nur
zuhören. Sie faltete die Briefe zusammen, steckte sie in den Bund ihres Rocks,
holte sie später hervor, um ihre liebsten Stellen noch einmal zu lesen, und
manchmal schlief sie in der Küche über ihnen ein, und Aja fand sie am Morgen
auf einem schiefen Stuhl, den Kopf auf ihren verschränkten Armen, das wirre
Haar auf blauem Briefpapier. Seit sie umgeben sei von seinen Wörtern, kämen
ihr Zigis Zeichnungen wie Rätsel vor, sagte Évi, sie gehe an ihnen vorbei und
wundere sich, als hätten sich Zigis Sätze davorgedrängt und verstellten nun
den Blick auf seine Bilder. Später, viel später, als wir anfingen, über solche
Dinge nachzudenken, fragten wir uns, ob Zigi jemals gewollt habe, dass Évi
seine Briefe würde lesen können.
Ob ihm nicht lieber gewesen wäre,
weiter mit der Gewissheit zu schreiben, sie würde sie nicht entziffern können,
ob es für ihn nicht leichter gewesen war, als er gewusst hatte, seine Briefe
blieben ungelesen.
Obwohl sie viele Wörter falsch
buchstabierte und über die Jahre auch nicht mehr lernte, wie sie auszusehen
hatten, begann Évi, Briefe und Karten zu schreiben, nicht an Zigi, dem sie nie
schrieb, sondern an ihre Freunde - Briefe, die oft zurückkamen, weil die
Anschrift nicht mehr stimmte, und die der Postbote Évi überreichte, als müsse
er sich dafür entschuldigen. Nie hatte sich Évi gefragt, wie sie einen Satz aus
Wörtern bauen könnte, aber jetzt hatte sie angefangen, darüber nachzudenken, es
reichte ihr nicht mehr, die Wörter einfach zu sagen, wie sie ihr in den Sinn
kamen, jetzt schien sie zu überlegen, bevor sie etwas aussprach, und sie
schrieb langsam auf die Karten, die sie im Fotoladen ausgesucht hatte, Karten
mit gelben Rosen, kleinen Hunden und der Kirche am großen Platz. Jedes Mal
schrieb sie mehr, als dafür vorgesehen war, auch rund um die Anschrift und die
Briefmarke, weil ihr noch etwas eingefallen war, vielleicht auch, weil ihr die
Bewegung ihrer linken Hand gefiel, wenn sie am Küchentisch den Stift übers
Papier bewegte und die Buchstaben, die sich noch immer an einer Schnur durch
unser Haus zogen, endlich aneinanderzureihen wusste.
Als die Linden uns im Sommer
hinter ihrem dichtesten Grün versteckten, sagte meine Mutter, sie könne ihr
nichts mehr beibringen, und Évi kam nicht länger zu uns zum Lesen. Meine Mutter
gab ihr ein Wörterbuch, ein schweres blaues, in dem Évi nachschauen konnte,
wie etwas geschrieben wurde und was es
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