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Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die hellen Tage
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wenn er von allen Seiten, aus allen Ecken auf sie zurannte, wenn sie
sich in jede Richtung zu ihm drehte und er entwischte, sobald sie ihn berühren
wollte.
    Wir wussten, Karls Mutter hatte
ihr altes Haus, das Karls Vater in einer anderen Stadt, nicht weit von
Kirchblüt, gebaut hatte, auch die Möbel und Bilder darin, sofort verkauft, um
mit Karl hierherzuziehen, als Ben verschwunden war, auch dass es ihr nicht
gelungen war, Karls Vater aufzufangen, weil sie selbst in etwas gestürzt war,
das alles an ihr, selbst ihren Wimpernschlag, hatte langsamer werden lassen.
Trotzdem wollte Évi nicht aufhören zu glauben, die hellen Tage würden zu Karls
Mutter zurückkehren, und so stand sie öfter wie zufällig am Haus mit den
geschlossenen Läden, über dessen Dach zwei oder drei Sommer zuvor die Rosen
zusammengewachsen waren. Évi bestand darauf, Karl am Abend nach Hause zu
bringen, aber sie brachte ihn nicht zu seiner Mutter, sondern schlug jedes Mal
den Weg zu seinem Vater ein. Wenn sie Karls Vater am Fotoladen vorbeigehen sah,
ließ sie alles liegen, öffnete die Tür und lief ihm hinterher, und obwohl er
mit niemandem außer Karl sprach, ließ sich Évi nicht abbringen, ihm das
Erstbeste zu sagen, das ihr einfiel, weil es sie nicht störte, wenn er sich nur
über seinen blonden Bart strich, der wie bei einem Ziegenbock spitz unter dem
Kinn zusammenlief, wenn er sich von ihr wegdrehte und weiterging, als habe sie
nichts gesagt. Wenn sie Bilder durchsah und in Kuverts steckte, wenn sie
Puderzucker mit der linken Hand von weit oben in den Teig rieseln ließ, wenn
sie Backpulver auf die Ameisenstraßen in ihrer Küche streute, wurde sie nicht
müde davon, mit Aja und mir durchzuspielen, wie es ihr gelingen könnte, Karls
Vater zum Reden zu bringen.
    Es dauerte, bis er seinen Kopf
langsam wie eine Schildkröte zu Évi drehte, bis er die Augen zusammenkniff, als
müsse er sie scharfstellen, weil er mit dem Schauen aus der Übung gekommen war,
als müsse er sich noch ans Licht gewöhnen, weil er die Läden nicht mehr
geöffnet und zu selten das Haus verlassen hatte. Évi machte es nichts, dass es
dauerte, bis Karls Vater ihr Gesicht wiedererkannte, bis er ein Wort verstand,
das sie sagte, und auch, dass es für ihn bestimmt war. Als wir Karl an einem
Sommerabend nach Hause brachten, an dem der Himmel, bevor es dunkel wurde, noch
einmal aufriss und, wie um uns zu belohnen, sein letztes heftiges Blau zeigte,
sagte Évi am Zaun zu Karls Vater, sie brauche jemanden, der den Kuchen für sie
ausfahre, und sie ließ es klingen, als habe sie niemanden, an den sie sich wenden
könne, als könne nur er ihr helfen. Er blieb still, und alles andere hätte uns
gewundert, aber am nächsten Morgen kam er, noch bevor Évi sich mit den Fingern
die Knoten aus den Haaren gekämmt hatte, stand er am schiefhängenden Tor, in
seinem langen dunklen Regenmantel mit Kapuze, von dem die Tropfen des letzten
Schauers perlten. Aja sah ihn das Tor öffnen und sein Fahrrad über die losen
Platten am Haus vorbeischieben, und später sagte sie mir, Évi habe sich neben
dem Fliegengitter an die Wand gelehnt und einen Augenblick die Augen
geschlossen, bevor sie aus ihrer Schürzentasche Blütenblätter genommen und
unter das Heiligenbildchen gestreut habe, bevor sie hinausgetreten sei und
getan habe, als käme Karls Vater jeden Morgen um diese Zeit, als habe er sein
Haus nicht heute früh zum ersten Mal verlassen, um sich über Staubwege zu ihr
aufzumachen.
    Seit er wusste, dass Ben in einen
Wagen gestiegen und verschwunden war, hatte Karls Vater sein Auto stehen lassen.
Er fuhr Évis Kuchen mit dem Fahrrad aus, in einem Korb, der vor dem Lenker
eingehängt war, und es schien Évi gleich zu sein, in welchem Zustand er
ankommen würde, wenn sich Karls Vater nur auf den Weg begeben, wenn er nur
wieder anfangen würde, sich wie alle anderen durch die Straßen Kirchblüts zu
bewegen. Den ersten Kuchen brachte er zu uns, denn Évi wollte sicher sein,
dass er nicht zu lange brauchte. Als meine Mutter am Abend mit dem Wagen kam,
wie so oft den Motor laufen ließ, hinaussprang und mit ihren Armreifen an den
Handgelenken klapperte, rief sie zu Évi, die vor dem weitgeöffneten Küchenfenster
stand: Sie können ihn schicken, er wird Ihren Kuchen ausfahren, und bevor ich
hinauslief, um mit Aja ein Rad zu schlagen, konnte ich sehen, wie Évi noch einmal
Blütenblätter aus der Schürzentasche nahm und vor ihr Marienbild warf.
    Sonntags darauf brachte Karls
Vater Holz und

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