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Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die hellen Tage
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Regen kam. Évi war nicht sicher, ob die
Wand den Stuhl halten würde, und obwohl sie sagte, ihr reichten die einfachen
Stühle, deren Beine auf dem Boden standen und nicht in der Luft schwebten,
sahen wir sie jetzt Abend für Abend auf diesem Stuhl sitzen, wie auf einem
Thron, umgeben von Rosenranken aus Papier, die hinaus in den Garten strebten.
    Wenn Aja nach Hause kam, hatte sie
Angst, die Tür zu öffnen und etwas verändert zu finden, sie ging durch die Küche,
die kleinen Zimmer, und ließ ihren Blick wandern, von den Böden zur Decke, über
die Wände, von einer Seite zur anderen, zog die Schubladen auf und sah in die
Schränke. Aber Karl und ich mochten die seltsamen Dinge, die es in keinem
anderen Haus, an keinem anderen Ort gab, nicht nur den hochgesetzten Stuhl, der
aussah, als klebe er an der Wand, oder den kleinen Klappschrank für Ajas zwei
Paar Schuhe, der sich öffnete, wenn sie an einem Strick zog, auch den schrägen
Handlauf aus Metall, den Karls Vater über die wenigen Stufen gesetzt hatte, die
zum Fliegengitter führten, und an dem sich nie jemand festhielt, den kleinen
Teller aus Messing am Stamm des Birnbaums, auf den Évi ihre Teetasse stellen
konnte, wenn sie im Garten Blätter zusammenfegte. Als Karls Vater das Tor
richten wollte, hob Évi die Hände und schüttelte den Kopf. Es sollte weiter
schief hängen und auf dem Boden schleifen, vielleicht weil es zu sehr Zigis Tor
war und seine Besuche immer hier anfingen, mit einer schnellen, kleinen
Bewegung, wenn er den Hut abnahm und das Schloss aufspringen ließ, wenn er die
Steinchen darunter durch den Staub schob und Évi dieses Geräusch hören konnte,
auf dessen Klang sie nicht verzichten wollte.
    Die Nächte setzten schon den ersten
kalten Tau ins Gras, als Karl seinen Vater vor dem großen Spiegel im Badezimmer
entdeckte, wie er versuchte, Sätze zu sagen, als habe er es verlernt und wolle
sich jetzt Wort für Wort zurückholen, weil er vielleicht einen Satz für Évi im
Kopf haben und plötzlich Lust bekommen könnte, ihn auch zu sagen. So wie Évi
auf unserem Sofa unter der kleinen Lampe lesen gelernt hatte, erst die
Buchstaben des Alphabets, dann die Wörter, die sie aus ihnen bauen konnte,
lernte Karls Vater wieder sprechen. Er schaue sich selbst zu dabei, sagte
Karl, er lege seine hohle Hand ans Kinn, unter seinen Ziegenbart, als müsse er
die Wörter, die er wisperte, auffangen darin, als habe er Angst, sie könnten
hinunterfallen und auf den Fliesen des Badezimmers zerspringen. Zigi war weiter
weg denn je, als Karls Vater sich das Reden zurückeroberte, mit jedem Nagel,
den er mit der Zange aus der Wand zog, war er weiter weggesprungen, mit jedem
Stuhl, dessen Lehne und Beine Karls Vater richtete, damit der nicht wackelte
und wir nicht länger schief auf ihm sitzen mussten. In ihrem Kopf trug Évi
einen Kampf aus, das Wüten und Toben darin strengte sie an, das schnelle Springen
und Stolpern der Bilder, das Auf und Ab ihrer Bewegungen, wir alle konnten es
sehen, wenn sie ihre Finger an die Stirn, an die Schläfen legte, als wolle sie
ihren Kopf zusammenhalten, weil seine Gedanken zu wild auseinanderstrebten,
als breche er sonst entzwei, als bringe Karls Vater alles durcheinander, selbst
die Bilder in Évis Erinnerung, die er zur Seite schob, als brauchte er den
ganzen Raum für sich allein. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass Zigi sie
vor Jahren zurückgelassen und ohne Abschied ein Schiff bestiegen hatte,
jedenfalls ließ Évi es so klingen, jedes Mal, wenn sie am Abend mit meiner Mutter
unter dem Birnbaum redete und sie ihre Gläser auf den Teller aus Messing
stellten, den Karls Vater in den Stamm gesetzt hatte. Karls Vater war zu Zigi
in ihren Kopf gestiegen und versuchte, ihn dort zu verdrängen, selbst das eine
Bild von Zigi, das sich wie kein anderes in Évis Erinnerung gebrannt hatte, zu
verdunkeln. Évi hatte uns oft davon erzählt, wie eines der Heiligenbildchen
über ihrem Altar sehe es aus. In ihrem Wanderjahr, als sie auf Straßen gelebt
und in Wäldern übernachtet hatten, hatte Zigi Aja auf seiner rechten Schulter
durch einen Fluss getragen, an dessen Ufer sie Feuer gemacht hatten und über
Nacht geblieben waren. Évi hatte gebadet und war viele Male untergetaucht, um
die Seife aus ihrem wirren Haar zu waschen, und wenn sie die Augen geöffnet und
das Wasser von den Wimpern gewischt hatte, hatte sie Zigi gesehen, die
Hosenbeine über die Knie hochgebunden, ohne Hemd, mit dem feinen Lederband am
Hals und dem

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