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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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Alleinherrschaft anstrebte. Der seine Seele der Revolution verkauft hatte und sie doch mit seinem tragischen Scheitern ausblutete. Robespierre. Wiking hatte nichts von dessen krankhafter Askese, aber beide waren Fanatiker, beide waren bereit, für die von ihnen vergötzten Ideale über Leichen zu gehen. Robespierre kniete vor zweihundert Jahren am alles überragenden Podest des Volkssouveräns, einem Ideal mit dem falschem Glanz von Talmi, ebenso wie der Götze, dem Wiking huldigte — der absoluten Macht des Geldes.
    Wiking war für Harald Klingenbergs Tod verantwortlich. Er war derjenige, dem Klingenbergs Tod die meisten Vorteile brachte. Er hatte es nicht eigenhändig getan, aber er war der Mörder.
    Johanna schöpfte zitternd Atem, nahm einen Kugelschreiber mit Bankaufdruck aus der obersten Schublade ihres Schreibtisches und kritzelte »Wiking« an den Rand des Textes, genau an der Stelle, wo Danton zu seinem letzten Buch griff. Sie unterstrich es mehrmals, mit wütenden, festen Strichen, bevor sie den Stift gegen die Wand schleuderte, wo er durch die Wucht des Aufpralls zersplitterte und in Teilen zu Boden fiel. Es war eine sinnlose Geste des Aufbegehrens gegen eine unumstößliche Tatsache. Sie machte sich nichts vor. Niemand würde es ihr jemals glauben.
    Wiking war in New York gewesen, ein Dutzend Leute konnten es bezeugen. Und Wiking pflegte kein Zyankali mit sich herumzutragen.
    Kein Mensch würde ihn je der Tat verdächtigen. Der Abschiedsbrief deutete auf Mord hin, selbst Jäger mußte das jetzt zugeben. Aber er würde nicht ermitteln. Nicht mehr. Denn er hatte schon einen Mörder. Jemanden, der geflohen war, der kein Alibi hatte, dafür aber die nötigen Tatmittel und ein Motiv. Ihren Bruder.

    Strass hatte eine opulente Mahlzeit in einem exquisiten, versteckt liegenden Bistro am Montmarte hinter sich. Er kehrte müde, satt und bestens gelaunt ins Ritz zurück. Regen peitschte über die Straßen und hüllte die umliegenden Gebäude in Sprühnebel, doch Strass’ Stimmung war seit dem gestrigen Tage trotz des anhaltend schlechten Wetters ungebrochen. In der Eingangshalle des Ritz begrüßte er den Empfangschef mit einem jovialen Winken; dem Liftboy klopfte er väterlich auf die Schulter. Die anfängliche Beklommenheit beim Anblick des luxuriösen Ambientes hatte er mittlerweile überwunden. Er genoß den Komfort in vollen Zügen, überzeugt davon, daß seine Entspanntheit und Gelassenheit vor allem dem Umstand zu verdanken waren, daß Amery ihm niemals mehr auf die Nerven gehen würde. Und, was wichtiger war, Ernst war nicht in der Nähe. Er summte, während er die Tür zu seiner Suite aufschloß.
    Ernsts Methoden waren so krumm wie seine Fingernägel. Er hatte keine Skrupel gehabt, sich Amerys umgehend zu entledigen, nachdem dieser seine Aufgabe zufriedenstellend erfüllt hatte. Strass wußte, daß Amery irgendwo vor der Algarve ein nasses Grab gefunden hatte. Er gab sich keinen Illusionen hin, was Ernsts Dankbarkeit ihm selbst gegenüber betraf. Im Gegensatz zu Amery gedachte er, vorzubeugen. Er hatte schon alles Erforderliche veranlaßt. Bei einem Notar in einem benachbarten Arrondissement lag in einem versiegelten Umschlag eine Akte und eine dazugehörige Erklärung, die alle Einzelheiten enthielt. Banken, Konten, Namen. Alles über die Seilschaft, der er selbst angehörte und mit der zusammen er ungeheure Devisenmengen abgezweigt und außer Landes geschafft hatte, in die Schweiz, nach Liechtenstein, Luxemburg, Andorra, Südamerika, mit derselben ausgefeilten Logistik, die er fast zwei Jahrzehnte lang für die offizielle Devisenbeschaffung in der DDR an den Tag gelegt hatte.
    Das einzige, was ihm noch Kopfzerbrechen bereitete, war die Frage, wie er Ernst möglichst höflich und schonend auseinandersetzen sollte, daß er so etwas wie eine Lebensversicherung besaß. Er formulierte schon seit Stunden im Geiste an seiner kleinen Ansprache herum. Vor dem Spiegel versuchte er es erneut. Strass klärte sein Spiegelbild freundlich, aber bestimmt darüber auf, wie wichtig es war, daß er in gewissen Zeitabständen den Notar aufsuchte. Sein Gesicht rötete sich, und er fing an zu schwitzen. Haßerfüllt starrte er sein feistes Gesicht im Spiegel an, drehte sich zur Sitzgruppe um und probierte es erneut. Es klang immer noch hölzern und ängstlich, und dabei war Ernst tausend Kilometer weit weg. Nicht ohne Selbstkritik gestand Strass sich ein, daß Amery es besser gemacht hätte.
    Er ließ sich in einen der mit

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