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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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ist, er ist bei ihr.«
    »Ich weiß inzwischen, wer Klingenberg ermordet hat.«
    Er setzte sich aufs Bett, am ganzen Körper bebend vor Schwäche. »Wer?«
    »Wiking. Harald hat in seinem Abschiedsbrief so eine Art Hinweis hinterlassen. Er hat gerne gelesen, das weißt du ja, und in einem der Bücher, die auf seinem Schreibtisch lagen, als... jedenfalls habe ich den Hinweis gefunden, mehr braucht dich im Moment nicht zu interessieren.« Sie öffnete die Schränke und riß wahllos Sachen heraus. »Hier«, sie warf eine formlose dunkelblaue Jogginghose und ein paar Sportsocken aufs Bett, »und hier«, sie ließ ein verwaschenes Big-Shirt mit dem Aufdruck Money makes the world go round folgen. Er hielt es hoch und lachte unsicher. »Das hast du bestimmt auch von ihm, oder? Von Leo. Paßt zu dir.«
    Sie wurde blaß. Der Schmerz in ihrem Kreuz und ihrem Unterleib konzentrierte sich zu einem scharfen Stich. »Ja«, sagte sie gepreßt. »Ja, du hast recht. Es paßt zu mir. Geld, das ist das einzige, was zählt. Ich habe mich verkauft. Immer verkauft. Nicht nur an Leo. Auch an andere.«
    Er schüttelte betroffen den Kopf. »Nein, das wollte ich damit nicht sagen, Johanna. Ich...«
    »Laß nur. Ist schon gut.« Mit hängendem Kopf lehnte sie sich gegen den Schrank und sah zu, wie er mit schmerzverzerrtem Gesicht aus der fleckigen Hose stieg. Bevor er sie beiseite warf, nahm er einen kleinen roten Gegenstand aus der Seitentasche. Er bemühte sich, ihn in seiner Hand zu verbergen und schob ihn schnell in die Tasche der Jogginghose, aber sie hatte trotzdem gesehen, daß es ein kleiner Fotoapparat war wie der, den er bei ihrem letzten Treffen im Zoo gekauft hatte. Eine unauslöschliche Erinnerung, ebenso an schöne wie an schreckliche Tage aus ihrer beider Vergangenheit.
    »Hör zu«, sagte sie drängend, »ich weiß, daß du nicht hierbei mir bleiben kannst. Spätestens morgen, vielleicht sogar heute nacht schon hat Jäger Wind von deiner Flucht bekommen, und er weiß sofort, wo er zuerst suchen muß. Und er wird hier suchen, das ist sicher. Er... er kann mich nicht ausstehen.«
    »Warum?« Micky streifte das Big-Shirt über und zog an den Ärmeln, aber sie blieben trotzdem zu kurz und ließen seine verbundenen Handgelenke frei.
    Sie bewegte fahrig die Hände. »Das hat verschiedene Gründe, die kann ich dir jetzt nicht alle erklären. Jedenfalls hat er diese Angelegenheit irgendwie zur Chefsache erhoben, das heißt für dich, daß du schnellstmöglich untertauchen mußt. Ich denke, mit einer Pension irgendwo auf dem Land ist uns im Moment am besten gedient. Wir fahren gleich los und verbringen die Nacht im Wagen. Morgen früh besorge ich als erstes vernünftige Kleidung für dich. Dann miete ich ein Zimmer unter meinem Namen. Zwei, drei Tage müßten reichen, bis es dir wieder besser geht. Dann denken wir darüber nach, wohin du dich am besten absetzt. Ich werde die Behörden dann schon irgendwie davon überzeugen, daß Wiking der Mörder ist. Irgendwie schaffe ich es.« Sie schlug mit der geballten Faust gegen die Schranktür. »Ich schaffe es«, wiederholte sie beschwörend, »und dann bist du aus dem Schneider.«
    »Hast du schon mal überlegt, daß Wiking versuchen könnte, dich davon abzuhalten?«
    Sie starrte ihn an. »Nein, das habe ich nicht.« Wiking, der tapsige Bär mit dem jovialen Lächeln und der entnervenden Nettigkeit? »Nein«, wiederholte sie, »darüber habe ich noch nicht nachgedacht.«
    »Du solltest es tun. Sei vorsichtig.«
    »Er weiß nicht, daß ich es weiß«, sagte sie mechanisch. Im selben Augenblick dachte sie an Dantons Tod, das sie neben den anderen Büchern aufgeklappt auf ihrem Schreibtisch hatte liegen lassen. An die aufschlußreiche Notiz, die sie hineingekritzelt hatte. Sie dachte daran, daß sie die Bank fluchtartig verlassen hatte, ohne sich abzumelden. Und sie dachte daran, daß Wikings Sekretärin sie für heute abend zu einem Meeting auf die Vorstandsetage gebeten hatte.
    Micky setzte sich wieder aufs Bett und zog unbeholfen seine nassen Turnschuhe an. Sie suchte die Windjacke heraus, die sie im Bois de Boulogne getragen hatte. Es schien ihr Jahre her zu sein statt weniger Tage. »Hier, probier die mal. Sie ist mir ziemlich groß.«
    Er zog sie an. »Es geht. Spannt ein bißchen über den Schultern, und die Ärmel sind auch zu kurz, aber es geht. Danke.« Er strich über den Stoff. »Teures Stück, was? Sag mal, wieso willst du das eigentlich alles für mich tun? Ich habe... ich meine,

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