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Bankster

Bankster

Titel: Bankster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudmundson
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gibt’s keine Schlange. Nur Idioten gehen aus, um sich in der VIP-Schlange zu amüsieren! Geht einfach nach Hause, das hier ist nichts für euch. Oder geht da drüben auf dem Austurvöllur demonstrieren, es ist wahrscheinlicher, dass ihr es ins fucking Alþingishús schafft, ihr Dummköpfe! Hier zu stehen und auf den Einlass zu warten, um sich dann auf dem Klo vor den Spiegel zu stellen und sich den Ausschnitt nass zu machen und ein Scheißbier zu trinken …«
    An diesem Punkt der Rede trat eine Perle aus der Reihe und schlug Guðni mit dem Handrücken direkt auf die Nase. Obwohl der Schlag einigermaßen gesessen hatte, verstand ich seine Reaktion nicht, bezweifelte, dass er gesehen hatte, dass es nur ein junges Mädchen mit kurzem, dunklem Haar und sehr hohen Schuhen war – vielleicht hatte sie ganz schwere Ringe an den Fingern –, jedenfalls ließ Guðni seine Muskeln spielen, während er einen großen Schritt nach vorne machte, und schlug ihr, die sich gerade wieder in die Schlange der lachenden Leute gestellt hatte, mit voller Kraft mitten ins Gesicht, und aus dem Gelächter wurden Schreie und Rufe, die die Türsteher wachrüttelten, und der, der ihn kurz vorher zurückgestoßen hatte, stieg nun über das Tau und warf ihn zu Boden. Seit Guðni zum ersten Mal zu Boden gegangen war, hatte ich mich nicht gerührt, und jetzt lag er schon wieder auf der Erde. Er jaulte auf und heulte, versuchte, etwas zu sagen, war aber zu aufgebracht, als dass man es hätte verstehen können, und der Türsteher riet ihm, sich nicht zu bewegen und die Klappe zu halten, sonst würde er sich noch mehr verletzen. Ich sah, wie die Haut an Schläfe und Stirn über den Gehweg schmirgelte, wie sie abgeschürft wurde, als er unter dem Gewicht des Türstehers um sich schlug. Zwischen den Beinen der unruhigen Zuschauer sah ich im Gesicht des Mädchens etwas Glänzendes, eine ungleichmäßige Blutspur über ihr Gesicht, als sie dort auf der Seite lag und versuchte, den Kopf in irgendjemandes Arm zu legen. Ich sah wieder zu Guðni. Die Freundinnen des Opferlamms waren gekommen, um ihn zu treten und die Schmach zu vergrößern. Der Türsteher ließ kurz Guðnis Kopf los, um sie wegzuschieben, aber da schlug Guðni mit dem Kopf auf den Gehweg, schlug dreimal auf, so hart, dass ich das dumpfe Geräusch seines Schädels trotz der Aufregung ringsum hören konnte. »Ich habe gesagt, dass du das lassen sollst!«, zischte der Türsteher und positionierte sich wieder so auf Guðni, dass der sich nicht bewegen konnte, nichts bewegte sich außer seinen Füßen, mit denen er ununterbrochen und furchtbar fest auf den Boden trommelte, während der Türsteher die Mädchen bat, nicht weiter auf dieselben einzutreten, das sei wirklich nicht nötig, die Polizei käme gleich, um den Kerl festzunehmen. In der Ferne hörte man ein Martinshorn. Ich hatte genug und verkrümelte mich.

8. Januar – Donnerstag

    Man kann den Großen Wagen durchs Fenster sehen, ziemlich tief am Himmel, und da ist der Polarstern, viel höher. Er wirkt matt. Wahrscheinlich ist er es noch nicht einmal, wahrscheinlich gehe ich von falschen Sternen im Großen Wagen aus, um ihn ausfindig zu machen. Orion ist auf der anderen Seite, hoch oben am Südhimmel, vom Balkon aus wäre er gut zu sehen, wenn ich dort rausginge.
    Harpa hat mir seinerzeit beigebracht, einige Sternbilder zu erkennen, unsererzeit, zu der Zeit, als wir frisch zusammengekommen waren. Jetzt erkenne ich immer nur diese beiden und den Polarstern, falls das da der Polarstern sein sollte. Er wirkt nicht hell genug, um ihm hinterherzusegeln, mein Leben würde ich jedenfalls nicht an so ein Glimmerlicht hängen.
    Später
    Der Abend hat sich um Sterne gedreht. Als ich in den Spätnachrichten hörte, dass die Venus ihren »höchsten Stand« erreicht habe und daher im Moment gut sichtbar sei, habe ich einen Besichtigungsgang gemacht – und da war sie, fast wie die Sterne in meiner Kindheit, wie man sie als Siebenjähriger in der Schule gezeichnet hat, mit langen spitzen Zacken blinkte sie ganz im Süden.

9. Januar – Freitag

    Jetzt ist es genau eine Woche her, dass ich mich von meiner Familie verabschiedet habe. Harpa war zu Hause, also bin ich mit ihnen nach draußen gegangen – ich habe mich nicht getraut, mich vor Harpas Augen richtig von ihnen zu verabschieden. Auf dem Weg nach unten erzählte Helena, wie Mama reagiert hat, als sie die Absätze der Lederstiefel sah, die wir ihr zu Weihnachten geschenkt haben. Sie verstellte

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